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AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)

AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian - Drittes Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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gekommen war, zerbrach und stürzte in den Abgrund. Fassungslos wandte er sich den letzten Stufen zu, Risse zogen sich kreuz und quer darüber, es mochten etwa zehn oder zwölf sein, zu viele, um sie mit einem Sprung zu überwinden. Ninians kleine harte Fäuste trommelten auf seinen Rücken.
    »Weiter, weiter, Duquesne, bleib nicht stehen, lauf einfach los! Die Mutter wird mich nicht im Stich lassen ...«
    Ohne ihre Worte zu verstehen, tat er, was sie sagte. Kaum hatte er den Fuß auf die oberste Stufe gesetzt, kippte sie nach vorne, er rutschte und schlitterte weiter, als auch die anderen Stufen kippten. Das Mädchen schrie, aber er war damit beschäftigt, sich auf den Beinen zu halten. Die Bewegung der unter ihm dahingleitenden Stufen wurde zu schnell. Wenn er am Fuß der Treppe anlangte, würden ihm die nachrutschenden Steine die Füße zerschmettern, und so nahm er die letzten vier Stufen in einem verzweifelten Satz zur Seite. Als habe der Stein nur darauf gewartet, brach die restliche Treppe donnernd hinter ihm zusammen und Duquesne stieß Ninian nach vorne aus dem Bereich des umherfliegenden Mauerwerks.
    Als das Getöse endete, erhoben sie sich atemlos, aber unversehrt an Leib und Gliedern.
    Ninian umarmte ihn.
    »Hab ich es nicht gesagt?«, sie lachte heiser, »niemand außer dir hätte das gewagt!«
    Duquesne erwiderte nichts, er nahm sie auf die Arme und machte sich auf den Weg zu einem der Tore.
    Sie befanden sich in dem breiten, äußeren Ringgang mit seinen hohen Rundbögen. In früheren Zeiten hatte das Publikum durch jeden zweiten dieser Bögen den Zirkusbau verlassen können, aber um zu verhindern, dass sich Strolche ohne gültige Eintrittstafel einschleichen konnten, hatte der Patriarch angeordnet, dass der größte Teil der Tore bis zur halben Höhe zugemauert wurde. So sahen die beiden Flüchtenden wie zum Hohn den blauen Himmel durch die obere Hälfte, ohne hinausgelangen zu können. Immerhin war es heller als in dem oberen Gang und der Boden war nicht so mit Trümmern übersät.
    Doch der Verfall nahm seinen Fortgang, die mächtigen Pfeiler zwischen dem äußeren und inneren Korridor wankten und tiefe Risse erschienen in ihnen. Duquesne spornte sich zu einer letzten Anstrengung an. Wenn diese Riesen fielen, waren sie von den rettenden Toren abgeschnitten. Das Mädchen fest an sich gedrückt, rannte und sprang er mit großen Schritten durch die Verwüstung, bis er vor sich einen breiten Lichtstrahl sah.
    »Schau, da vorne ist das Tor, wir haben es geschafft.”
    Duquesne erkannte die gewaltigen, mit Reliefs geschmückten Säulen des nördlichen Haupttores. Nur wenige Schritte trennten sie von dem mit Brokatstoffen überwölbten Gang, als ein ungeheures Krachen im Inneren des Zirkus den Boden erbeben ließ. Ein weiterer Teil der Außenmauer musste abgebrochen und in die Arena gestürzt sein, und diese letzte Erschütterung versetzte dem wankenden Gemäuer den Todesstoß. Alles um sie herum geriet in Bewegung, Spalten öffneten sich im Boden, hinter ihnen brach ein Pfeiler mit gewaltigen Getöse zusammen und vor ihnen riss ein herabstürzendes Mauerteil die Stoffbahn herunter.
    »Duquesne, die Säulen!«
    Die riesigen Säulen, auf denen die Heldentaten vergangener Herrscher abgebildet waren, schwankten wie Gräser, die Steintrommeln verschoben sich, so dass von dem wunderbaren Bilderwerk nur ein wirres Durcheinander blieb. Im nächsten Augenblick würden sie zusammenbrechen und den Eingang verschließen.
    Duquesne stürzte vorwärts. Lieber wollte er von den Trümmern erschlagen als lebendig in diesem elenden Steinhaufen begraben werden.
    Ninian schrie etwas, das er nicht verstand, und einen Atemzug lang hingen die Säulenstücke über ihnen, bevor sie herunterkrachten, den Boden zerschlugen und in tausend Stücke zersprangen.
    Von einer letzten, verzweifelten Anstrengung getrieben, schoss Duquesne mit Ninian in einer Staubwolke auf den Platz hinaus. Er taumelte hustend einige Schritte weiter und blieb stehen, am Ende seiner Kräfte, halb blind vom Staub und betäubt vom Donner in seinem Rücken. Das Mädchen an sich gepresst, sein Gesicht in ihrem Haar verborgen, erwartete er den Aufprall des Steinbrockens, aber der tödliche Schlag blieb aus. Das Getöse hinter ihm verklang zu einem tiefen Grollen. Langsam, beinahe ungläubig hob er den Kopf und sah sich um. Die Staubwolke legte sich und über den gelblichbraunen Schwaden erhoben sich die zerbrochenen Reste der stolzen Fassade. Vor ihm aber dehnte

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