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AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)

AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian - Drittes Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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Stiefel?«
    »Alles weg! Aber es ist doch egal, wer schuld ist. Das wichtigste ist, dass wir am Leben sind.«
    »Aber nur so gerade eben«, knurrte er.
    Er sah sie an, wie sie da neben ihm kniete, ebenso nass und verdreckt wie er und doch war sie besser aus diesem verdammten Abenteuer herausgekommen. Und obwohl er den ausgestandenen Schrecken in ihrem Gesicht erkennen konnte, wandte er sich von ihr ab.
    Es stimmte, nie in seinem Leben hatte er mehr Angst gehabt als auf diesem dreckigen Fluss. Der Augenblick, als er den Boden unter den Füßen verloren hatte und im Schlamm versunken war, gehörten zum Schrecklichsten, was er je erlebt hatte.
    »Sie hat dich da reingezogen«, war sein letzter Gedanke gewesen, bevor ihm schwarz vor Augen geworden war. Bisher hatte er sich bei dem ganzen bescheuerten Unternehmen nur lächerlich gemacht!
    Ninian starrte unglücklich auf seinen abweisenden Rücken.
    »Jermyn, es ist doch schlimm genug, warum willst du dich jetzt auch noch streiten?«
    Sie hörte seine Zähne aufeinanderschlagen. In der Dunkelheit unter dem dichten Blätterdach konnte sie seine zusammengerollte Gestalt kaum noch erkennen. Nur über dem Fluss hing noch graugrünes Zwielicht, das rasch schwand. Von der sommerlichen Hitze des Tages war nicht viel übriggeblieben, jetzt, da die aufpeitschende Erregung nachließ, kroch ihr die Kälte in die nassen Glieder. Sie rückte näher an ihn heran und berührte ihn zaghaft.
    »Du frierst ...«
    »W...wundert dich d...das?«, warf er unfreundlich über die Schulter zurück, aber dann sank er in sich zusammen und wandte sich halb zu ihr um. »K...können w...wir Feuer m...machen?«
    Er konnte kaum reden, so sehr klapperten seine Zähne.
    »Ich weiß nicht, wir haben nichts dafür.«
    Selbst wenn sie Feuerstein und Zunder dabeigehabt hätten, wären die jetzt mit dem Boot verschwunden. Nicht einmal ein Messer hatten sie, um Funken aus einem Stein zu schlagen, und es war zu dunkel, um einen passenden Stein oder Holz zu suchen.
    »K...kannst du’s n...nich m...mit ’nem B...Blitz ver...versuchn?«
    »Und den ganzen Wald in Brand stecken? Ich bin nicht aufgeladen, ich müsste einen Blitz herbeirufen, durch die Bäume hindurch. Ich weiß nicht, ob das gutgeht.«
    »M...mach i...irgendwas! I...ich er...erfriere ...«
    Es raschelte, als er sich enger zusammenrollte. Warmer, erdiger Geruch stieg aus der dichten Laubschicht auf. Er erinnerte Ninian an die liebevollen Umarmungen der Erdenmutter und mit einem Male wusste sie, was sie zu tun hatte.
    »Komm, zieh dich aus. Wir müssen das nasse Zeug loswerden.«
    Rasch streifte sie alles ab, was sie am Leib hatte, und breitete es auf dem Waldboden aus.
    Jermyn murrte, aber sie hörte, dass auch er sich an seinen Kleidern zu schaffen machte. Er fluchte, weil seine Finger ihm nicht gehorchen wollten, und sie half ihm, sich von dem klammen Stoff zu befreien. Seine kalte Hand in der ihren, wateten sie vorsichtig durch raschelndes Laub, sich von einem Stamm zum anderen tastend, den Hang hinauf, bis der Boden eben wurde. Schemenhaft sah sie eine mächtige Baumsäule vor sich aufragen.
    »W...was h...hast du vor? W...willst du mich d...durch den g...ganzen verdammten W...wald sch...schleppn?«
    Er schaffte es, anklagend mit den Zähnen zu klappern, aber sie drückte nur seine Hand.
    »Spar dir den Atem lieber. Solange du noch schimpfen kannst, geht es dir nicht allzu schlecht.«
    Sie standen unter dem Baumriesen, dessen ausladende Krone sie nur erahnen konnte. Die Blätter vieler Jahre lagen so dicht, dass sie bis zu den Waden darin versanken. Ninian ließ sich hineinfallen und zog Jermyn mit sich. Sie schaufelte das Laub beiseite, bis eine längliche Kuhle entstanden war. Es hatte in den letzten Tagen nicht geregnet, der kurze Gewitterregen des heutigen Tages hatte die dichten Kronen nicht durchdrungen. Wie sie gehofft hatte, war der Blätterteppich trocken und warm.
    Mit sanfter Gewalt drückte sie den zitternden Jermyn in die Kuhle und häufte Laub über ihn.
    »H...he, w...willst du m...mich le...lebendig be...begrabn?«, protestierte er.
    »Hör endlich auf zu schnattern«, kicherte sie und raffte noch mehr von dem raschelnden Zeug zusammen. Sie wühlte sich in den Haufen, kroch so nah an ihn heran, dass kein Blättchen zwischen sie gepasst hätte, und umschlang seinen kalten Leib mit Armen und Beinen.
    »Wir machen uns gegenseitig warm, ist schließlich nicht das erste Mal, oder?«, flüsterte sie, den Mund an seiner stacheligen Wange.

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