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AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)

AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian - Drittes Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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Bissen heruntergeschluckt hatten. Ein wenig schuldbewusst machte Ninian sich daran, das Geschirr abzuwaschen und nachdem Jermyn ihr eine Weile zugesehen hatte, ging er hinaus.
    Es ärgerte sie, dass er sich einfach davonmachte, und sie fluchte leise vor sich hin. Bei der Erinnerung an die vollkommenen Stunden im Wald kamen ihr beinahe die Tränen. Warum währte diese innigste Vertrautheit niemals lange?
    Als sie finster ums Haus herumkam, um ihre Schlafstätte aufzusuchen, schob Jermyn gerade die Honigschleuder in den Verschlag neben den Bienen und schlug mit Schwung die Türe zu. Alles Gartengerät, das noch herumgestanden hatte, war verschwunden, der Eimer am Brunnen hochgekurbelt und aus dem Stall hörte sie die Ziegen das Heu aus der Traufe rupfen. Auch die Hängematte zwischen den Apfelbäumen war abgenommen. Jermyn kam auf sie zu, er grinste.
    »Du hast gedacht, ich drücke mich wieder.«
    Ninian errötete.
    »Du hättest ja einen Ton sagen können«, erwiderte sie ärgerlich, »du bist nicht gerade bekannt für deine Vorliebe für körperliche Arbeit.«
    Er lachte, ohne gekränkt zu sein.
    »Stimmt, ich hatte auch nicht vor, mich abzurackern, aber als ich den ganzen Kram herumstehen sah, hat mir wohl das Gewissen geschlagen«, spottete er. Dann wurde er plötzlich ernst.
    »Du hast sie verstanden, nicht wahr?«
    Ninian wich seinem Blick aus.
    »Was soll ich verstanden haben?«
    »Nun, dass wir verschwinden sollen. Sie will wieder ihre Ruhe haben und sich nicht ständig um zwei träge Faulpelze kümmern, die ihr die Haare vom Kopf fressen und vorwitzige Fragen stellen. Sie schickt uns weg.«
    »Ach ...«
    Ninian war nicht wirklich überrascht. Jeden Tag, seit Jermyn wieder ganz hergestellt war, hatte sie daran gedacht, dass sie in die Große Stadt zurückkehren mussten, aber als er es so unverblümt aussprach, fuhr ein kurzer, bedauernder Schmerz durch ihre Brust.
    Jermyn sah, was in ihr vorging.
    »Hattest du tatsächlich vor, hier zu bleiben und dich in eine Bauersfrau zu verwandeln?«
    Ninian schüttelte den Kopf.
    »Nein, ganz sicher nicht! Meinst du wirklich, sie schickt uns weg, weil wir ihr lästig sind?«
    »Ich weiß es nicht, ich habe nur deutlich gespürt, dass sie uns loswerden will und ich glaube auch, dass es an der Zeit ist.«
    Er legte ihr den Arm um die Schulter und eine Weile standen sie schweigend unter dem dunkler werdenden Himmel, an dem die ersten, kalt funkelnden Sterne erschienen.
    »Wie lange waren wir hier?«, fragte er, den Kopf in den Nacken gelegt.
    »Ich weiß nicht, ist doch egal«, erwiderte Ninian lustlos.
    »Wie oft ist der Mond voll geworden?«, beharrte er, und sie versuchte sich zu erinnern.
    »Einmal, vielleicht zweimal, während wir hier waren?«, antwortete sie zögernd.
    »Ja, darauf komme ich auch. Die Wilden Nächte lagen am Ende des ersten Frühlingsmondes und zwei Mondumläufe später haben wir Dea verlassen, im Weidemond. Also dürfte es jetzt nicht später als Ende des Reifemondes sein.«
    Ninians Kopfhaut kribbelte. Sie starrte in den Garten, in dem die leuchtenden Farben allmählich zum Grau der Dämmerung verblassten, das heitere Rot der Hagebutten, das kräftige Gold und Violett der Astern. Mit dumpfem, weichem Aufprall fiel einer der überreifen, wurmstichigen Äpfel auf die abgeräumten Beete.
    »Ich dachte immer, Äpfel reifen im Herbst«, sagte Jermyn sanft, »und das Laub wird eigentlich erst im Herbst gelb - soviel weiß sogar ich.«
    Seine Worte hingen in der stillen Abendluft und Ninian sah das goldene Laubwerk vor sich, durch das sie heute geklettert waren. Am Morgen war es neblig gewesen, eine Ahnung von Frost hatte in der Luft gelegen und fortwährend hatten sie sich die klebrigen, silbrigen Fäden aus dem Gesicht wischen müssen, die durch die Luft geflogen waren.
    Es war Herbst - sie sah zum Abendhimmel auf und unwillkürlich suchten ihre Augen das vertraute Doppelgestirn. AvaNinian stand kühl und verhalten schimmernd weit im Osten, so tief, dass sie den Gipfel der Bäume berührte. Während der Wilden Nächte war die Zweifache Göttin im Aufstieg gewesen, wie Ninian sich wohl erinnerte, und die Wilden Nächte lagen drei Mondwechsel zurück. Jetzt sollte sie den Scheitelpunkt gerade überschritten haben, es müsste hoher Sommer herrschen, Hitzemond, höchstens Fruchtmond, aber es fühlte sich an wie die letzten schönen Tage des Windmondes, acht Wochen später.
    Ihre Nackenhaare stellten sich auf.
    »Was geht hier vor, Jermyn?«, flüsterte sie.

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