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AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)

AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian - Drittes Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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»Wie lange waren wir hier?«
    »Wir werden morgen mit Tidis sprechen«, sagte er nur, »und dann brechen wir auf.«
     
    »Ihr habt es also gemerkt«, meinte Tidis, während sie sich mit Jermyns Kahwegerät zu schaffen machte. Der Tisch war überreich gedeckt, ihre schlechte Laune schien verschwunden. Sie hatte kein Erstaunen gezeigt, als die beiden jungen Leute, in ihre eigenen schwarzen Gewänder gekleidet, die Küche betreten hatten. Ohne Umschweife hatte Jermyn ihre Abreise erklärt.
    »Aber vorher erklärst du uns, warum es Herbst ist, obwohl wir dich im späten Frühling getroffen haben und der Mond sich seitdem nicht öfter als zweimal gerundet hat!« Er hatte im Plauderton gesprochen, aber in seinen Augen lag ein harter Glanz.
    »Warte, bis alles fertig ist, dann wollen wir reden. Zeit«, sie sagte es lächelnd, »haben wir mehr als genug.«
    Sie saßen sich gegenüber und der Duft des frischgebackenen Brotes, vermischt mit dem bitteren Aroma des Kahwe, schwebte verlockend über dem Tisch, aber weder Jermyn noch Ninian aßen etwas. Abwartend sahen sie Tidis an.
    Eine alte Frau, die Hände im Schoß gefaltet, bejahrte Hände mit runzliger Haut und blauen, knotigen Adern. Schultern, rund von der Arbeit in Haus und Garten, vom Schleppen schwerer Lasten. Graues Haar, zu einem Zopf geflochten und auf dem Scheitel zu einer Schnecke festgesteckt.
    Als sie den Kopf hob, sahen sie das feine Geäst der Falten um den Mund und die matten Augen. Augen, die alles gesehen hatten, was es zu sehen gab, in denen sich weder Fragen noch Erwartungen spiegelten, nur eine Art müder Gelassenheit, wie sie Menschen zu eigen ist, die alle Höhen und Tiefen durchschritten haben. Unwillkürlich musste Ninian an Vitalonga denken.
    Plötzlich schwindelte ihr, eine Welle der Übelkeit überflutete sie und sie war froh, dass sie noch nichts gegessen hatte. Sie hörte Jermyn würgen. Der Augenblick ging so schnell vorüber, wie er gekommen war, und als ihr Blick sich wieder klärte, hätte sie vor Überraschung beinahe aufgeschrien.
    Vor ihr saß eine andere Frau - nein, keine andere, es war Tidis, nur schien sie um viele Jahre jünger. Die braune Haut in dem schönen, kühnen Gesicht war faltenlos, eine dunkle Haarkrone schmückte ihr Haupt auf dem schlanken, glatten Hals. Nur ihre Augen waren die gleichen geblieben, alt und gesättigt von Erfahrungen, die Augen einer Greisin im Gesicht einer Frau von kaum dreißig Jahren.
    »Wer bist du?«, flüsterte Ninian. »Eine Gedankenlenkerin wie Jermyn? Gaukelst du mir etwas vor?«
    »Nein,« erwiderte Jermyn scharf, »das tut sie nicht. Ich sehe das gleiche wie du und glaub mir, ich merke es, wenn sie versucht, meine Gedanken zu lenken. Nicht, dass es ihr gelingen würde!«
    »Ich würde es gar nicht versuchen, mein feuerköpfiger Freund. Zieh deine Krallen ein, du machst mir nur Kopfschmerzen. Die Väter haben dich gut unterrichtet, wenn auch Vater Dermot und Vater Pindar keine Freude daran hätten, wie du deine Fähigkeiten einsetzt.«
    Tidis lächelte dünn, als die beiden jungen Leute beim Klang der vertrauten Namen auffuhren.
    »Ja, ich kenne die beiden, und ich meine, was ich sage«, sie wandte sich Jermyn zu, dessen Gesicht finster geworden war, »sie haben dich gut unterrichtet. Ich habe deine Berührungen kaum bemerkt. Hast du etwas herausgefunden?«
    »Ich bin nicht sicher,« erwiderte er misstrauisch, »ich bin nicht in dein Wesen eingedrungen. Du hast mir das Leben gerettet und ich wollte dir nicht dadurch danken, dass ich in deinem Inneren herumschnüffle. Aber ich bin es gewohnt, die Geistsphären in meiner Umgebung wahrzunehmen, und manchmal verschwandest du von einem auf den anderen Augenblick spurlos, so, als habe es dich nie gegeben. Dann habe ich gemerkt, dass ich nicht bestimmen konnte, wie lange wir hier waren. Aber jetzt würde ich gern deine Geschichte hören, ich mag es nicht, wenn man mich zum Narren hält!«
    Die Frau, die sich Tidis nannte, seufzte.
    »Es gibt keinen Grund, zornig zu werden, Junge. Und du kannst deinen Kahwe ruhig trinken, es wäre schade, wenn er kalt würde. Auch ihr seid nicht ganz offen zu mir gewesen, nicht wahr? Du hast mir nicht gesagt, dass du ein Gedankenlenker bist, und du«, sie wandte sich an Ninian, »scheinst eine besondere Verbindung zu Gesteinen zu haben, wenn du so ohne weiteres einen Felsen zerspringen lassen kannst und merkst, wenn ein Stein kein Glied der Erde ist.«
    »Ich bin ein Kind der Erde. Die Erdenmutter hat mir ihre Gunst

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