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AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)

AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian - Drittes Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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Kaminsims.
    Kaum hatte sich die Tür geschlossen, riss er eines der Fenster im Schlafgemach auf. Er hatte nicht wirklich erwartet, etwas zu finden, dennoch senkten sich seine Mundwinkel enttäuscht. Suchend blickte er an dem Rankgitter entlang und versuchte, einen Blick auf den Boden unter seinem Fenster zu erhaschen. Heute war es windig, am Ende war etwas hinunter gefallen ... Aber er konnte keinen Diener losschicken - was hätte er ihm sagen sollen? Außerdem war es unmöglich am helllichten Tag heraufzuklettern, er musste geduldig eine weitere lange Nacht abwarten.
    Donovan seufzte und trat in sein prächtig ausgestattetes Gemach zurück. Es war mit dem kostbaren honiggelben Holz getäfelt, das nur weit im Süden der Halbinsel Lathica wuchs, und so begehrt war, dass Berengar es mit einer Steuer belegt hatte. Das hatte die Preise kräftig in die Höhe getrieben, doch als Donovan seine Bewunderung dafür äußerte, hatte der Patriarch ohne Zögern angeordnet, die Räume des Sohnes damit zu verkleiden. Die Kosten hatte er zu Berengars Kummer kurzerhand zu Staatsausgaben erklärt.
    Kunstvoll geschnitzte Szenen von Sängerwettstreiten und den lieblichen Genien der Musik und Dichtkunst schmückten jetzt die Wände, unterbrochen von seidenen Wandbehängen mit Darstellungen von Lustgärten und Liebeshöfen, wie sie in der Spätzeit der alten Kaiser üblich gewesen waren.
    Donovan goss Wein in einen Kelch und trat damit an den Tisch. Seine Hand fuhr über den mit Einlegearbeiten verzierten Kasten, in dem seine Laute ruhte, aber er war zu unruhig, um zu spielen. Er setzte sich, griff nach dem Notenblatt und betrachtete seine letzte Komposition. Einige Male summte er die Melodie, dann warf er das Blatt ungeduldig hin, immer noch unentschieden, ob es mit einem heiteren Durakkord oder melancholisch wie immer in Moll weitergehen würde. Er schüttete den Wein in einem Zug hinunter und sprang auf.
    Der Stuhl kreischte über den bunten Steinboden, ein Geräusch, das er hasste und sonst sorgfältig vermied. Diesmal bemerkte er es nicht einmal, als er zu seinem Schreibtisch eilte und ihn hastig öffnete. Er fingerte an der kleinen Feder, die in dem zarten Schnitzwerk verborgen war.
    »Lass ein gutverborgenes Fach einbauen, mein Sohn«, hatte der Patriarch gesagt, »es ist kindisch zu glauben, man würde die Finger von deinen Papieren lassen. Manchmal ist die Schnüffelei praktisch, man kann auf diese Weise sehr gut Gerüchte in die Welt setzen, aber es gibt immer Dinge, die man wirklich für sich behalten möchte.«
    Gehorsam wie stets hatte Donovan den Rat des Vaters befolgt, aber lange hatte er kaum Verwendung für das Geheimfach gehabt. Die paar Zettel, die er von Avas Hand besaß, wenn er sie nicht gerade unter sein Kopfpolster legte oder auf dem Herzen trug, Narr, der er war, und die Gedichte, die nicht nur an eine grausame, namenlose Angebetete gerichtet waren, sondern ihren Namen trugen. Andere Geheimnisse besaß er nicht.
    Nun holte er mit zitternden Fingern einige Blätter heraus und strich sie vorsichtig glatt. Sie waren auf sehr dünnem Papier geschrieben und seine Blicke sogen sich gierig an den wenigen Worten auf dem ersten Blatt fest.
    Ich habe mich schlecht benommen. Verzeih, dass ich dich gekränkt habe.
    Einige Wochen nach den Wilden Nächten hatte es eines Morgens in dem Rankenwerk vor seinem Fenster gehangen. Es stand kein Name darauf, aber er hatte die Schrift sofort erkannt.
    Noch jetzt empfand er den wilden Schlag seines Herzens, die Atemlosigkeit, die ihn bei ihrem Anblick ergriffen hatte. Wieder und wieder hatte er die Worte mit den Augen verschlungen, und keinen Moment hatte er daran gezweifelt, wer sie geschrieben hatte. Welcher Mensch außer Ava konnte einen Brief drei Stockwerke hoch an sein Fenster klemmen?
    In nüchterner Stimmung hatte er sich wohl gefragt, woher dieser plötzliche Sinneswandel rühren mochte. Nach der Begegnung in der Schatzkammer hatte sie sich auch keine Gedanken darüber gemacht, ob sie ihn gekränkt hatte.
    Aber dann hatte er sie beim Frühlingsfest gesehen, vor dem Tempel Aller Götter. Der Hohepriester hatte das Saatgut gesegnet, glänzend poliertes Ackergerät, geschmücktes Vieh und drei verlegen lächelnde, herausgeputzte Bauernburschen, auf dass auch in diesem Jahr die Götter wohlwollend auf die Ernte sahen und die Menschen vor der Geißel des Hungers bewahrten.
    Ava hatte weit vorne an der Absperrung, direkt vor der Tribüne der Edlen gestanden - sie hatten immer die

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