AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)
noch«, knurrte sein dankbarer Patron und Wag beeilte sich, durch die Schranke zu schlüpfen, die der Türsteher geduldig offen hielt. Jermyn wartete, bis er im Dunst verschwunden war und legte ein Goldstück auf das Pult. Dabei forschte er in dem flachen, fremdartigen Gesicht nach einem anzüglichen Grinsen oder Zwinkern. Dieser Klotz käme ihm gerade recht, um sich ein wenig abzukühlen. Doch der Türsteher reichte ihm die Scheibe ohne eine Miene zu verziehen.
»Folgt schwarze Weg, junger Herr.«
Vor der Tür zur Halle bog ein Weg mit schwarzen Fliesen nach rechts ab, einer mit weißen nach links. Beide verschwanden hinter bunt gekachelten Wänden und mit einem seltsam flauen Gefühl im Leib folgte Jermyn den schwarzen Fliesen.
Der Gang führte ihn durch Räume, in denen die Besucher sich ausruhen und unterhalten konnten. Die Ausstattung war üppig für die ärmliche Gegend, in der das Badehaus lag. Doch zu der späten Stunde traf er auf keine anderen Gäste, was ihn erleichterte. Die feuchte Luft war mit schweren Düften geschwängert, er hörte Lachen und helle Stimmen. Ein Perlenvorhang glitzerte vor ihm und als er ihn beiseite schob, fand er sich in einem großen, grünblauen Gemach. Auf gekachelten Stufen saßen Mädchen in geschürzten Röcken, mit bloßen Armen und Beinen. Bei seinem Anblick fingen sie an zu kichern und zu tuscheln, eine stand auf, trat an ein Rohr und rief hinein.
»Bysshe, oi Bysshe, hier ist Kundschaft für dich.«
Jermyn war weder schüchtern noch unerfahren, dennoch stieg ihm das Blut ins Gesicht. Er war drauf und dran zu gehen, als die Perlen klimperten und Bysshe hereinkam. Sie warf den kichernden Mädchen einen finsteren Blick zu, dann erkannte sie ihn und lächelte erfreut.
»Ah, du bist des. Hör net auf die albernen Gäns, immer versuchens mi mit meine rote Haar zu tratzen. Komm, i bring di zu deiner Badezelle.«
Während sie ihm voranging, sprach sie die ganze Zeit über ihre Schulter, es schien sie nicht zu stören, dass er nicht antwortete. Er hörte kaum, was sie sagte, starrte nur auf ihren Nacken, in dem sich die rötlichen Härchen kräuselten. Das Hemd war von der runden Schulter gerutscht, die weiße Haut war übersät mit winzigen, goldenen Sommersprossen, sie roch nach Seife und Frau. Das flaue Gefühl in seinem Leib breitete sich aus, während er dem Mädchen durch den dampfigen Gang folgte, von dem rechts und links Türen in hölzerne Verschläge führten. Eine davon stieß Bysshe auf.
Die Zelle war mit Badezuber, Hocker und Wandschirm ausgestattet. Das Bademädchen ging geschäftig über den Holzrost und füllte den Bottich mit heißem Wasser aus einem Kupferrohr, das aus der Wand ragte.
Als sie sah, dass er sich nicht rührte, fragte sie neckend:
»Was schaust? Bist zum ersten Mal hier? Hinter dem Wandschirm da kannst dich ausziehn, da is a wasserdichter Kasten für deine Sachen. I läut die Glockn, wenn i fertig bin«, sie deutete auf einen Strick, der über dem Zuber von der Decke herabhing, »damit kannst mich rufen, wenn d' was brauchst. Was für Essenzen möchtst im Wasser haben?«
Jermyn räusperte sich.
»Ich ... ich weiß nicht, ich hab 'nen steifen Nacken«, sagte er rau, seine Stimme klang ihm fremd in den Ohren.
»Oh, da nehmen wir Grasblüten und Meerestau, des lockert. Aber i kann dich auch abreiben, wenn d' willst. Ist alles im Preis drin.«
Sie redete munter und geschäftig, doch ihre Blicke sprachen eine andere Sprache. Jermyn trat hinter den Wandschirm und streifte hastig seine Kleider ab, aber er wartete, bis sie die Glocke gezogen hatte, bevor er in den Zuber stieg.
Das milchige Wasser war angenehm warm. Als er sich hineingleiten ließ, dachte Jermyn mit jenem kleinen Teil seines Wesens, der sich der verführerischen Wirkung dieses Ortes noch entziehen konnte, dass sich LaPrixa auch bei der Führung ihres Badehauses als gute Geschäftsfrau erwies. Das war schon das zweite Goldstück, das er an sie verlor. Aber es war ihm gleich, alles war ihm gleich.
Die Wärme linderte die Schmerzen in Nacken und Schultern, aber er achtete kaum darauf.
Er schaute zu der Klingelschnur, die Bysshe herbeirufen würde.
Bevor er ins Haus der Weisen gekommen war, hatte der flüchtige Beischlaf mit den Huren des Viertels schon eine Weile zu den guten Dingen in seinem Leben gehört, wie ein voller Bauch und ein warmer Platz zum Schlafen. Er hatte nie Geld gehabt, um sie zu bezahlen und mager und rothaarig wie er war, hatte er als Liebhaber nicht
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