AvaNinian – Zweites Buch
nicht einmal eine Mitgift ist ihr geblieben. Eine meiner Verwandten vertreibt sich die Zeit, indem sie solchen Zierrat herstellt, und wir Töchter der reichen Kaufmannsfamilien haben ihr diese Schleifen abgekauft. Das Geld bekommt Jehanne, damit sie wenigstens ihre Blöße bedecken kann.«
»Wie überaus mitfühlend«, erwiderte Margeau, »sollten wir uns nicht beteiligen, Fürstin?«
Isabeau schüttelte den Kopf.
»Ich glaube nicht, dass es Cosmo behagen würde, dadurch an die Überfälle dieser schrecklichen Seeräuber erinnert zu werden. Ich will aber sehen, ob ich nicht unter seinen Schreibern oder den Palastwachen einen Mann finde, der bereit ist, Jehanne auch ohne Mitgift zu nehmen. Und nun lasst uns von diesen unangenehmen Dingen schweigen. Ihr wollt Euch verabschieden, Thalia?«
Die Fürstin zog an der Klingelschnur und wies die Jungfer an, Thalias Begleitung herbeizuholen. Sie erhob sich und umarmte die schöne Kaufmannstochter.
»Kommt bald wieder her, Liebe. Morgen setzen wir uns noch einmal an den Spieltisch - es ist zu lästig, dass die Karten nach den Wilden Nächten so lange verboten sind, deshalb wollen wir es noch einmal richtig genießen. Und vergesst nicht die Eröffnung der neuen Gladiatorenschule, ich freue mich schon, Euch dort zu sehen.«
Thalia küsste Margeau flüchtig auf die Wange und versank vor der Fürstin in einem vollendeten Knicks.
»Ihr seid zu gütig, Herrin.«
Die Tür schloss sich hinter ihren rauschenden Röcken und die Fürstin ließ sich an ihrem Frisiertisch nieder.
»Ja, das bin ich wohl«, seufzte sie, »aber ich denke an die Schulden, die Cosmo bei dem alten Sasskatch hat ...«
Margeau zog den Stuhl, in dem Thalia gesessen hatte, heran, setzte sich neben die Fürstin und sah sie in dem prächtigen, silbergerahmten Spiegel an.
»Glaubst du, es wird ihr gelingen, die Gattin des künftigen Patriarchen zu werden, Isa?«
Die Fürstin betrachtete prüfend ihr makelloses Gesicht.
»Ich weiß es nicht, Margeau. Mir wäre es recht, du siehst, wie sehr wir uns zugetan sind«, ihre Blicke trafen sich in dem blinkenden Spiegel, »aber Cosmo hat diesen unseligen Gedanken von einer standesgemäßen Verbindung«, Isabeau verdrehte die veilchenblauen Augen, »ich glaube, für seinen Sohn schwebt ihm eine Ehefrau vom Schlage Sabeenas vor - uralte Familie und zum Sterben langweilig.«
»Und Donovan selbst? Thalia ist sehr schön. Hat er nicht auch dabei mitzureden? Sein Vater ist so vernarrt in ihn, er wird ihn nicht in eine ungewollte Verbindung zwingen.«
»Cosmo ist vor allem vernarrt in den Gedanken, seinem Geschlecht die Macht zu erhalten. Er wird versuchen, seinen Willen durchzusetzen, und er ist immer noch der stärkere, Donovan kann ihm auf die Dauer nicht widerstehen.«
Die Fürstin griff nach einer silbernen Zange, um ein Härchen auszurupfen, das ihr rundes Kinn verunzierte.
»Aber würde die Familie Sasskatchevan seinem Machterhalt nicht besser dienen als eines dieser kraftlosen Adelshäuser?«
Margeau spuckte verächtlich in den Spucknapf aus getriebenem Silber, der neben dem Frisiertisch stand. Die Fürstin rümpfte die Nase.
»Ich wünschte, du würdest dir das abgewöhnen, Kind,« sagte sie pikiert, »das Ding steht nur für Cosmo da. Du hast natürlich recht, aber dann wäre es ohnehin vernünftiger, Duquesne als Nachfolger einzusetzen. Doch auf diesem Ohr ist der Patriarch taub. Und was Donovans Gefühle angeht,« sie ließ die Zange sinken und blickte sinnend in den Spiegel, »ich glaube, er jammert immer noch diesem Mädel nach, das mit ihm im Haus der Weisen war. Erinnerst du dich an seine Briefe? , Heute hat sie mit mir gesprochen, sie ist immer freundlich, wenn du sehen könntest, was sie vermag, ich habe wieder ein Gedicht über sie gemacht, liebe Maman’, und so weiter. Wie hieß sie noch? Ava von ... ich weiß nicht mehr, so ein kleines Nest in den Bergen. Die Heiratspläne haben sich zerschlagen, aber seine Lieder klagen alle von einer verlorenen Geliebten - arme Thalia!«
Sie suchte weiter nach unverschämten Härchen. Plötzlich zuckte sie zusammen und fuhr mit der Hand an ihren Busen, wo eine kleine rote Pustel auf der weißen Haut erschien.
»Phanette, ein anderes Flohpelzchen!«
Die Jungfer nestelte den Fellstreifen von Isabeaus Ärmel, ließ ihn in den Krug mit dem Schmutzwasser fallen und brachte einen neuen. Die Fürstin seufzte erneut.
»Wie einfallslos! Weißt du noch, die reizenden, kleinen Wieselchen mit den Rubinaugen, die
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