Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
AvaNinian – Zweites Buch

AvaNinian – Zweites Buch

Titel: AvaNinian – Zweites Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
Vom Netzwerk:
lasst die Tür offen, das wird ihn ’runterlocken.«
    »Nix für ungut, Patron!«, murmelte Wag und durch die ersten Schlucke milde gestimmt meinte Jermyn großzügig:
    »Schon gut, vergiss den Patron - für heute! Ward ihr schon draußen?«, fragte er mit einem Blick auf Kamante, die mit allerlei Flitterkram und Bändern behängt war und auf einem großen Stück Süßharz herumkaute.
    »Jou, Pa... Jermyn, mein ich. Wir ham uns alles angesehn, un ich hab se alles machen lassen, was se wollte, war’s nich so, Kamante?«
    »Jaaa,« erwiderte das Mädchen gedehnt, »uia ’in ü’erall ’um ...«
    Sie schob das Süßharz in die andere Backe, setzte erneut an und nahm den Brocken schließlich aus dem Mund.
    »Wir sin überall rumgelaufn, war schön, viele Kinder. Gab Zaubermann, hat mir das aus Ohr geholt.«
    Sie hielt ihr Handgelenk hoch, an dem ein billiger, blankpolierter Armreif aus dünnem Messingblech hing. Sie schielte zu Wag, der sich stolz in die Brust warf.
    »Wag is lieb.« Verschämt schlug sie die Augen nieder.
    »Ja, das bin ich auch«, bestätigte Wag zufrieden,»heut hat sie ihren Spaß gehabt un nu wird sie brav hierbleibn, damit ich heut Nacht auf die Dacke gehn kann.«
    »Ganz allein?«, fragte Ninian zweifelnd, »hast du keine Angst?«
    Aber Kamante schüttelte eifrig den Kopf. »Hab keine Angst nich, bleib gern allein«, versicherte sie und bewunderte das blinkende gelbe Metall an ihrem braunen Arm.
    »’S kann doch nix passiern, mit deinem Schutzring rundrum, Pa... Ninian«, fiel Wag beschwörend ein und schob ihr die Grützeschüssel hin.
    Und so verließ Wag, bevor es ganz dunkel geworden war, mit beschwingten Schritten den Palast, nachdem er Kamante ermahnt hatte, gut auf das Feuer zu achten.
    Wenig später kamen Jermyn und Ninian den Mauerpfeiler herunter. Ninian schaute noch einmal in die Küche, wo Kamante vor dem Kamin kauerte und in die Flammen starrte, rief ihr ein Abschiedswort zu und lief hinter Jermyn her. Ihre Schritte knirschten über loses Geröll und verklangen und die Stille der Jahrhunderte hüllte den Palast ein.
    Dann, als die Nacht vollends herabgesunken war, schlüpfte eine kleine, dunkle Gestalt aus der Tür, huschte lautlos zwischen den Trümmern hindurch und verschmolz mit einem hochgewachsenen Schatten, der sie am Rande des Ruinenfeldes erwartet hatte.
    9./10. Tag des Saatmondes 1465 p.DC
Zweite Nacht
    Es war gekommen, wie Jermyn gefürchtet hatte. Ohne ein Wort über ihr Ziel zu wechseln, hatten sie sich treiben lassen und waren schließlich am Patriarchenpalast gelandet. Der gewaltige Klotz lag still und dunkel im Hintergrund, doch davor feierte das Volk von Dea in ausgelassener Lebenslust. Eigens errichtete Masten trugen ölgefüllte Glaskugeln und Fackeln, die den riesigen Platz taghell erleuchteten. Aus der Menge der Tanz- und Schaulustigen ragten die hölzernen Tanzflächen wie Inseln aus einem bewegten Meer. Baldachine aus Wachstuch schützten die Musikanten, die aus Leibeskräften ihre Instrumente bearbeiteten, während die größte Plattform in der Mitte des Platzes sogar ganz überdacht war, damit der kostbare Putz der Vornehmen, die sich hier vergnügten, keinen Schaden durch den Regen litt.
    »Lass uns ein bisschen zuschauen«, hatte Ninian gemurmelt und sich ohne eine Antwort abzuwarten durch die Menge gedrängt. Wohl oder übel musste Jermyn folgen, obwohl es ihn sauer ankam. Aber er wollte keinen Streit anfangen und so starrte er in denkbar schlechtester Laune auf die Füße, die flink über die blank polierten Bohlen glitten.
    Mit prahlerisch gereckter Brust stolzierten die geschniegeltenTänzer werbend um ihre Damen, die Schnabelschuhe nach außen gesetzt, die Finger zierlich gespreizt. Geflammte Beinlinge spannten sich eng über Gesäß, Schenkel und Waden, die unmäßig geschlitzten Wämser schillerten in allen Farben und geizten nicht mit Gold- und Silberfäden.
    »Schau dir das alberne Gehupfe an - sie sind wie Babitts Gockel!«, machte Jermyn seinem Ärger Luft und Ninian kicherte.
    »Erinnern sie dich nicht auch an die Gänse auf dem Hühnermarkt?«, fuhr er ermutigt fort und wies mit dem Kinn auf die Paare, die sich über ihnen gemessen im Reigen wiegten. Zu seiner Freude ging sie auf den Spott ein.
    »Ja, zumindest haben die feinen Damen alle eine Gänsehaut, halb nackt wie sie sind!«
    Sie lachten zusammen und Jermyn beruhigte sich ein wenig.
    Verneigung und Knicks, höfischer Gruß und höfischer Dank - so wogte der Tanz hin und her, die

Weitere Kostenlose Bücher