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AvaNinian – Zweites Buch

AvaNinian – Zweites Buch

Titel: AvaNinian – Zweites Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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dem Mann abwartend, beinahe freundlich entgegen. Seine Begleiter stießen sich grinsend an. Mule hatte Wag aufgehoben, abgeklopft und auf die Beine gestellt und der kleine Mann warf sich in die Brust. Das Stimmengewirr war zu einem bloßen Raunen herabgesunken, alle reckten die Hälse, um sich nichts von dem Schauspiel entgehenzulassen.
    »Oi Bruder, mach dir doch an dem nich die Hände schmutzig! Der kämpft nich wie ’n Mann - der versteckt sich hinter Weiberröcken.«
    Die Worte drangen bis in den letzten Winkel und es wurde totenstill.

4. Kapitel
    Mitternacht
    Ninian drängte sich durch die Menge auf dem Volksplatz, weg von der Tanzfläche. Mit einem Mal widerte die ganze Gesellschaft sie an. Die neidischen Weiber, die Männer mit ihren schweißglänzenden, erregten Gesichtern, ihren gierigen Blicken - sie verursachten ihr Übelkeit. Und ihr eigenes Treiben war nicht besser.
    Heftig wischte sie sich mit dem Handrücken über die Lippen, Donovans verzweifelter, hemmungsloser Kuss hatte sie zur Besinnung gebracht. Sie verfluchte die törichten Worte, mit denen sie den armen Kerl herausgefordert hatte, und wünschte in der Tat, dass Jermyn nichts davon erfuhr. Voll Sehnsucht nach der dunklen Stille der Ruinenstadt boxte sie sich mit Fäusten und Ellenbogen einen Weg durch das Getümmel.
    Jemand stieß gegen sie, brachte sie fast zu Fall. Unversehens hatte der Lärm einen anderen Klang angenommen, schrill und angstvoll und sie fand sich gefangen in einem Hexenkessel von panisch flüchtenden Menschen.
    »Masken, Masken ...«
    »Rennt, rettet euch!«
    Flatternde Schatten stürzten auf sie herab, Peitschenhiebe explodierten in ihren Ohren. Sie spürte ledernde Klauen im Nacken, an den Armen, die sie von den Füßen rissen. Ein schwarzes Tuch wurde über ihren Kopf gestülpt, sie wand sich und ging unter einem wuchtigen Schlag in die Knie. Sie stöhnte und eine dumpfe Stimme schrie.
    »Sachte, bringt sie nicht um, sie wollen sie lebend ...«
    Sie kam wieder auf die Beine, trat um sich und versuchte die Arme freizubekommen. Einer der zarten Ärmel riss und fiel auf ihr Handgelenk. Das kalte Feuer prickelte über ihre Haut und voll Genugtuung hörte sie einen lauten Fluch. Doch die Hände ließen nicht los, das dicke Tuch musste die Wirkung dämpfen. Ein Faustschlag traf sie in den Rücken, ein zweiter streifte ihre Wange. Zorn und Schmerz ballten sich in ihr zu einem weißglühenden Klumpen, angefacht durch die gellenden Schreie und das Knallen der Peitschen.
    »Wir haben sechs, das reicht. Verschwinden wir!«
    Sie war nicht das einzige Opfer.
    Ihre kopflose Angst verschwand und die Neugier regte sich. Wohin brachten die Masken ihre Beute und wer verbarg sich unter den Larven und Umhängen?
    Wenn sie ruhig blieb, würden sie ihr nichts anhaben können. Sie hatte genug kaltes Feuer in sich, um sich zu befreien, wenn es Not tat, aber sie durfte nicht zulassen, dass sie durch einen Schlag auf den Kopf kampfunfähig wurde. Als habe sie das Bewusstsein verloren, gab sie jeden Widerstand auf und erschlaffte in dem erbarmungslosen Griff. Flüchtig dachte sie daran, Jermyn zu Hilfe zu rufen - und verwarf den Gedanken.
    »Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, ich kann mich wehren« , hatte sie ihm entgegengeschleudert. Jetzt musste sie die Sache auch allein durchstehen.
    Die Masken fielen in schnellen Lauf und zerrten ihre Beute mit sich. Wüste Beschimpfungen und Flüche folgten ihnen, aber niemand wagte es, sich ihnen in den Weg zu stellen.
    Das Kopfsteinpflaster zerfetzte den dünnen Stoff der Tanzschuhe und schürfte ihr die Haut von den Knöcheln. Mit scharfem Knistern riss der zarte Stoff der Röcke unter den schweren Stiefeln und das brachte sie mehr gegen die Maskierten auf als die Schmerzen, die sie ihr zufügten. Das dicke, übelriechende Tuch drohte sie zu ersticken und sie war nahe daran, sich gewaltsam zu befreien, als sie mit einem Ruck auf die Füße gestellt wurde.
    Ein Pferd wieherte erregt, Hufe klapperten auf dem Pflaster. Derbe Fäuste hoben sie hoch und stießen sie in einen schaukelnden Behälter.
    »Die kleine Schlampe ist die letzte. Fahr zu und beeil dich!«
    Sie fiel auf sich windende, um sich schlagende Leiber, Angeln quietschten, die Wagentür schlug zu. Mit lautem Peitschenknallen und Rufen trieb der Kutscher die Pferde an und das Gefährt setzte sich schaukelnd in Bewegung. Jammernd kollerten die unglücklichen Insassen durcheinander und Ninian musste gegen die Übelkeit ankämpfen. Es gelang ihr,

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