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AvaNinian – Zweites Buch

AvaNinian – Zweites Buch

Titel: AvaNinian – Zweites Buch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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mächtig in die Breite gegangen, immer noch imposant wirkte, war sein treuer Diener zusammengeschnurrt wie jener Sterbliche, der sich von den Göttern zwar ewiges Leben, nicht aber ewige Jugend erbeten hatte. Das hinderte ihn nicht, sich nach der neuesten Mode zu kleiden. Geflammte Beinlinge schlotterten um seine dürren Glieder, während der Kopf beinahe zwischen den mächtigen Ärmeln verschwand, die so gründlich aufgeschlitzt waren, dass von dem Oberstoff kaum noch etwas zu sehen war. Mit leisem, papiernem Geräusch rieb er sich die Hände.
    »Werter Duquesne, geduldet Euch ein Weilchen«, raunte er. »Ihr kommt ein ganz klein wenig ungelegen. Der junge Herr weilt bei unserem Gebieter und erfreut ihn und die Fürstin mit seinem Lautenspiel.«
    Tatsächlich hörte Duquesne die verschlungenen Klänge einer auf- und niederschwebenden Melodie. Rein und perlend erklang das Spiel und zeugte von einigem Können. Ja, die Laute verstand er meisterhaft zu spielen, der junge Herr - genau die richtige Fähigkeit, um eine unruhige, brodelnde Gemeinschaft zu regieren, die von allen Seiten bedroht wurde!
    Duquesne schob den Kammerherrn beiseite und sagte liebenswürdig: »Nun, dann komme ich zur rechten Zeit, gerade wegen des jungen Herrn bin ich hier.« Gemächlich zog er seine Handschuhe aus und löste den Degengurt, denn der Patriarch duldete außer den Palastwächtern keine Bewaffneten in seinen Gemächern.
    »Wie ich höre, nehmt Ihr regen Anteil an der Knabenschule der seligen Fürstin Romola, Malatest«, meinte er beiläufig, während er dem Kammerherrn die Waffe reichte, »Ihr weilt gerne dort, um, hm, die Fortschritte der Schüler zu prüfen?«
    Das schwere Schwertgehänge fiel klirrend auf den bunten Steinboden.
    »W...was, w...woher wisst Ihr ...?«
    »Ich bin selbst öfter dort. Die jungen Leute sind strebsam, man findet brauchbare Burschen unter ihnen und weil sie schutzlos und abhängig sind, dienen sie besonders treu, findet Ihr nicht? Meldet mich nun an, Malatest!«
    Es war nicht zu erkennen, ob der Alte die Farbe wechselte - zu dick war die Schicht Bleiweiß auf seinen eingefallenen Wangen, aber Duquesne sah befriedigt, dass seine Hände zitterten, als er die Waffe aufhob. Mit gesenktem Blick und ohne weiteren Widerspruch öffnete der Kammerherr die hohe Tür.
    »Der Hauptmann der Stadtwache wünscht Euch zu sprechen, ehrwürdiger Herr!«
    Duquesne trat an ihm vorbei in den prächtigen Raum. Der Patriarch winkte ihn heran, aber er legte einen dicken Finger auf den Mund.
    Der Herr von Dea lehnte in seinem großen Stuhl, eine Pelzdecke über die Beine gebreitet, sein rechter Fuß ruhte auf einem gepolsterten Schemel. Wie immer in den feuchtkalten Tagen des Regenmondes plagte ihn das Übel der Reichen, die Gicht, aber der Anfall schien nicht sehr heftig, sonst säße er nicht hier in Gesellschaft seiner Gemahlin und seines Sohnes.
    Duquesne spürte, wie ihm der Schweiß auf die Stirne trat. Neben dem Patriarchen und verteilt in dem großen Gemach standen glimmende Kohlenbecken und im Kamin brannte ein mächtiges Feuer.
    Die Fürstin, die anmutig den Kopf neigte und ihm zulächelte, war wie stets exquisit gekleidet. Makellose Schultern und der schamlos zur Schau gestellte weiße Busen erhoben sich leuchtend aus dem viereckigen Ausschnitt ihres dunkelroten Samtgewandes. Ein hauchfeines Tuch, das weder verhüllte noch wärmte, bedeckte ihre Blöße, wie es bei den vornehmen Damen gerade üblich war. Blondes Haar ringelte sich in kindlichen Löckchen auf ihre Schultern und auf der hohen, ausrasierten Stirn funkelte an einer goldenen Kette ein einzelner, großer Edelstein. Auch sie legte einen Finger auf ihre bemalten Lippen und so blieb Duquesne nichts anderes übrig, als geduldig auf das Ende der Serenade zu warten. Er trat neben einen schwarzen Marmorsockel, den die kleine Bronzefigur eines tanzenden Fauns schmückte, und beobachtete seinen Halbbruder.
    Donovan saß in der Fensternische, ganz und gar in sein Spiel versunken. Es war ihm nicht anzumerken, ob ihn Duquesnes Anwesenheit störte, ob er sie überhaupt bemerkt hatte. Schnell und sicher griffen seine Finger in die Saiten, tanzten über das Griffbrett und entlockten dem Instrument eine süße, klagende Melodie. Sie schien das Herz seiner Zuhörer zu rühren, die Fürstin lauschte mit geschlossenen Augen und einem wehmütigen Lächeln auf den Lippen, der Patriarch schlug den Takt auf der Pelzdecke und wiegte seinen schweren, von einer goldverbrämten Samtkappe

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