AvaNinian – Zweites Buch
ungläubiger Wut wandte er sich Donovan zu.
»Was ... fällt ... dir ... ein, eh?«, jedes Wort begleitete ein Fausthieb gegen Donovans Rüstung. »Du Verräter! Du hast sie entkommen lassen! Wie kannst du es wagen, die Stimme der Autorität dafür zu benutzen?«
Dumpf hallten die Schläge auf dem Panzer und Battiste wechselte einen unbehaglichen Blick mit Caedmon, der sich den blutenden Arm hielt.
Hatte Duquesne den Verstand verloren? Oder der junge Herr? Was war in den gefahren und was, im Namen der Götter, würde weiter geschehen? Ein Zweikampf zwischen den Patriarchensöhnen? Duquesne sah aus, als wolle er Zorn und Enttäuschung an Donovan auslassen. Wem waren sie dann verpflichtet? Duquesne, dem sie offiziell unterstellt waren und der die Einbrecher mit Eifer verfolgt hatte, oder Donovan, dem rechtmäßigen Thronerben und Liebling des Fürsten, der sie hatte entkommen lassen?
Battiste wünschte inbrünstig, dieser Tag möge endlich zu Ende sein. Aber bevor sie sich noch in einem Treuestreit entscheiden mussten, schlug Donovan Duquesnes Faust beiseite.
»Ich bin kein Verräter, Duquesne«, sagte er mit erzwungener Ruhe, »aber sie hätte ihre Drohung wahrgemacht. Ich konnte nicht zulassen, dass der Patriarch und alle Bewohner des Palastes in den Trümmern umkommen.«
»Was redest du? Glaubst du wirklich, was diese kleine Hexe sagt?«, lachte Duquesne höhnisch.
»Ich glaube es nicht, ich weiß es«, erwiderte Donovan schlicht.
»Ach, und woher hast du deine Weisheit?«
»Ich kenne sie schon lange. Dieses Mädchen, das du unter dem Namen Ninian kennst, ist Ava von Tillholde. Sie kann die Erde zum Beben bringen, glaub mir, Duquesne, ich habe es gesehen!«
Bitterkeit schwang in seiner Stimme und Duquesne starrte ihn an.
»Ava von Tillholde? Das Mädchen, das auch in der Schule der Weisen war? Von dem du geschrieben hast ...«
Er brach ab und dachte an die Briefe voll sehnsüchtiger Schwärmerei und bewundernder Schilderungen ihrer verstörenden Kräfte. In seinem Kopf drehte es sich - Ava von Tillholde hätte Fürstin von Dea werden können, aber sie hatte das Leben mit einem Dieb dem Patriarchenthron vorgezogen.
Die ungleichen Brüder sahen sich an, für dieses Mal in einer Empfindung einig, und Duquesne senkte als erster den Blick.
3.Kapitel
25. Tag des Regenmondes 1465 p.DC
nach Mitternacht
Die Tempelglocken hatten den neuen Tag eingeläutet und die prächtigen Räume des Patriarchenpalastes lagen in tiefer Stille. Selbst die niedrigsten unter den Dienern durften ihr hartes Tagwerk noch in dumpfem Schlummer vergessen und die Stunde war noch nicht gekommen, da die heimlichen Liebespaare sich trennten, um in ihre Gemächer zurückzuschleichen.
Niemand sah die beiden Schatten, die verstohlen durch die stillen Flure huschten. Im Gegensatz zu den unterirdischen Gängen waren sie breit und durch Kerzen in Wandleuchtern erhellt, so dass die Flüchtenden sich nicht mehr an den Wänden entlangtasten mussten. Es erleichterte sie; die Dunkelheit hatte sich bedrückend auf ihre Gemüter gelegt. Bisher waren sie ungestört geblieben, kein Wächter hatte sich ihnen in den Weg gestellt und ihnen Kampf abverlangt und dafür waren sie dankbar.
Als ihnen niemand gefolgt war, hatten sie ihre Schritte verlangsamt und nun liefen sie durch den schlafenden Palast, Hand in Hand, zu müde um zu reden. Hin und wieder horchte Jermyn in den Gedankenraum, aber auch dort entdeckte er nichts Feindliches.
Der Gang mündete in eine weite Vorhalle mit spiegelndem Boden. Lebensgroße Götterbilder blickten in erhabener Ruhe aus ihren Wandnischen auf die erschöpften Sterblichen. Verglaste Flügeltüren führten nach Süden in den Innenhof, der noch in völliger Dunkelheit lag, und schwere Holztüren versperrten den Gang nach Osten, aber zu ihrer Rechten lag die Freiheit. Ein altes Gesetz befahl, dass die gewaltigen eisernen Tore des Patriarchenpalastes in Friedenszeiten niemals geschlossen werden durften, und so hielten nur zwei kunstvoll geschmiedete Bronzegitter von doppelter Manneshöhe die Flüchtlinge auf.
Sie blieben im Schatten der Wände und spähten vorsichtig durch die eng stehenden, mit Ranken verzierten Stäbe. Ein Wind war aufgekommen, kalt wehte es durch die geöffneten Tore herein und die Wachen, die sie schemenhaft zu beiden Seiten des Einganges ausmachen konnten, waren nicht zu beneiden.
Ninian fröstelte nach der dumpfigen Wärme der unterirdischen Gänge und vor Müdigkeit. Sie sah an den Gittern hoch und
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