Avanti Amore - mein Sommer unter Italienern
ich höflich, wohlwissend, dass es mit dem Concierge in einem Hotel wie mit dem Türsteher einer Diskothek ist – es ist immer gut, ihn zu kennen. Fausto greift nach meiner Hand und haucht einen Luftkuss darauf. Dann richtet er sich wieder auf und schenkt mir ein strahlendes Lächeln.
»Ich habe gerade ein wenig Zeit, soll ich Ihnen das Hotel zeigen?« Ohne auf meine Antwort zu warten, macht er eine ausholende Geste und durchquert mit mir die Hotelzimmerflure. »Hier sind unsere Suiten.« Er öffnet eine Tür, die den Blick in einen geräumigen und luxuriös eingerichteten Raum freigibt. »Was meinen Sie, was sich zwischen diesen Wänden schon alles abgespielt hat. Ich könnte Geschichten erzählen! Wenn ich dürfte. Aber als portiere ist man natürlich verschwiegen.« Er sieht mich an, als würde er seinen Ehrenkodex bedauern, dann hellt sich sein Gesicht auf. »Ich kann nur so viel sagen und das erzähle ich auch immer der Presse: Dass sich hier Leute nachts nackt aus ihren Zimmern ausschließen, ist noch das Harmloseste, was unter diesem Dach passiert!«
»Wie kann denn das sein? Wie kann man sich denn mitten in der Nacht aus seinem Zimmer ausschließen?« Belustigt sehe ich ihn an.
»Glauben Sie mir, das geht schneller als man denkt. Einmal schlaftrunken oder besoffen die falsche Tür erwischt und schon steht man auf dem Flur, im Zweifel splitterfasernackt. Dann mussan es ungesehen bis zu mir hinunter an die Rezeption schaffen. Und das Einzige, was man auf diesen Fluren findet, um seine Blöße zu bedecken, sind die ›Bitte nicht stören‹-Schilder. Das sieht herrlich aus!« Er lacht schallend. »Ab und an werde ich von Journalisten gelöchert, denen erzähle ich dann immer gern die Geschichte von dem amerikanischen Hotelgast, der aus seinem Zimmer nicht mehr herausgefunden hat.«
»Wie denn das?«, frage ich amüsiert.
»Das müssen Sie ihn schon selbst fragen. Ich saß an der Rezeption, als auf einmal das Telefon klingelte und ein Gast in den Hörer rief, dass er nicht mehr aus dem Zimmer finden würde. Er sagte, eine Tür würde ins Badezimmer führen, während an der anderen ein Schild mit der Aufschrift ›Bitte nicht stören‹ hing.« Fausto lacht erneut schallend.
»Steigen denn wirklich so viele prominente Gäste hier ab?«, frage ich, während ich ihm in die Bar folge, wo ich nicht umhin kann, die zahlreichen Fotografien an den Wänden zu bewundern.
»Viele?« Fausto bleibt stehen und zeigt mit den Fingern in Richtung Tapete. »Nicht viele, sondern praktisch alle Berühmtheiten, deren Weg nach Portofino führt, quartieren sich hier ein. Ich habe schon die absonderlichsten Wünsche erfüllt, das können Sie mir glauben!« Gerade als er ansetzen will, eine weitere Anekdote zum Besten zu geben, sehe ich draußen auf der Terrasse Fidelio vorbeischleichen, mit spähendem Gesichtsausdruck hält er nach mir Ausschau.
»Lieber Fausto, ich würde wirklich gern weiter Ihren Geschichten lauschen, nur wartet mein Begleiter leider schon auf mich. Wenn Sie erlauben, komme ich aber gern ein andermal wieder.«
»Aber natürlich, gehen Sie, bella , Männer sollte man nicht warten lassen. Jedenfalls nicht, wenn es der Richtige ist.«
Ich seufze. »Der Richtige ist es zwar nicht, Fausto, nach dem suche ich noch, aber nett ist er trotzdem! Morgen fahre ich weier, und Mr. Right, ja, der wird mir hoffentlich auf meiner Reise auch noch begegnen.«
»Wenn Sie ihn treffen, sagen Sie mir Bescheid.« Fausto drückt mir eine Visitenkarte des Splendido in die Hand. »Ich bin immer für romantische Geschichten mit Happy End zu haben. Wenn Sie ihn wirklich finden, schenke ich Ihnen die Hochzeitsnacht.«
»Vielen Dank. Ich werde darauf zurückkommen.« Ich eile zu Fidelio auf die Terrasse. Eigentlich ist es schade, dass Fausto nicht vierzig Jahre jünger ist. Ich bin sicher, in seinen besten Jahren war er ein heißer Feger. Dennoch sollte es mir zu denken geben, dass die einzigen Männer, mit denen ich mich hier in Portofino unterhalten habe, um einiges älter sind als ich! Und das, wo ich doch eigentlich auf der Suche nach Mr. Right bin.
Raffaele lacht nur, als ich ihm später am Telefon von diesen Bedenken berichte.
»Wenn du wirklich etwas über Italiener lernen willst, schadet es nicht, auch mit denen zu sprechen, die ein wenig Lebenserfahrung mitbringen. Die wissen, wie das Spiel läuft. Hör zu und lerne! Den Richtigen kannst du dann immer noch finden. Das ist wie beim Führerschein. Erst die Theorie, dann die
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