Avanti Amore - mein Sommer unter Italienern
geworden, und der Fahrtwind weht meine Worte vonhm fort. Wenig später kommen wir mit unserer Vespa auf einem Parkplatz zum Stehen.
»Wo sind wir hier?«
»Wir sind bei der berühmten blauen Grotte! Siehst du da vorne die Treppe? Da geht es ins Wasser und zum Höhleneingang.«
»Ich dachte, zur blauen Grotte kommt man nur mit dem Boot?«
»Ja, das denken die meisten Touristen. Gott sei Dank. Sonst gäbe es hier wahrscheinlich jeden Tag Stau. Komm, wir gehen erst mal einen Drink nehmen. Es gibt ein paar nette Läden hier.« Wir lassen die blaue Grotte rechts liegen und folgen einem Weg, der uns direkt zu den felsigen Klippen der Insel führt, in die nebeneinander mehrere in maritimer Optik gehaltene Strandbars gebaut wurden. Auf den Felsplateaus stehen weiße Strandliegen. Teilweise scheint man hier erst abends zu öffnen, denn nur in einer der Bars herrscht Betrieb. Die vielen weißen Liegen, die dicht nebeneinander auf der Terrasse stehen, sind alle belegt. Auf einem breiten Felsvorsprung aalen sich ein paar Jugendliche in der Sonne. Zwei Jungs springen mit lautem Gegröle von dem etwa vier Meter hohen Felsen ins Meer, während die Mädchen es vorziehen, über die Treppe ins Meer zu klettern. Braungebrannte Frauen in Strandtuniken und Männer in Badeshorts sitzen mit ihren Drinks an dem hölzernen Tresen der Bar, die das Plateau zum Meer hin begrenzt. Fosco versucht, meine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, aber ich bin zu gefangen von dem bunten Treiben, das sich mir bietet.
»Das ist ja ein einziges Sehen und Gesehenwerden.«
»Ja, ja. Der Italiener macht immer bella figura , auch am Meer«, antwortet Fosco lachend. »Und am liebsten dort, wo alle anderen sind. Auch auf die Gefahr, dass er sich dann fühlt wie eine Sardine in einer Dose. Du solltest mal einen typischen italienischen Strand sehen!«
»Hab ich schon mal, als Kind.«
Dann weißt du ja, was ich meine. Ich finde das schrecklich. In diesem Punkt bin ich ganz unitalienisch.« Fosco verdreht die Augen.
»Ach, ich finde das gar nicht so schlimm. Wenn ich mir die ansehnlichen Männerkörper hier so ansehe, habe ich nichts dagegen, auf Tuchfühlung zu gehen«, necke ich ihn. »Die Italiener betreiben wirklich Körperkult, die Deutschen sind da viel nachlässiger. Schau doch nur, fast jeder hier ist durchtrainiert.«
»Ja, die Erwachsenen. Aber guck dir die dicken Kinder dahinten an. Wenn die mal groß sind, sehen die nicht so sportlich aus wie die anderen hier.« Fosco grinst und bestellt uns Ramazotti auf Eis. Vor uns liegt seidenglatt und ruhig das Meer, nur ab und an geht in unserer Nähe das eine oder andere Schiff vor Anker, dessen Besitzer sich von einem Motorboot abholen und zur Strandbar bringen lässt. Die Sonne wärmt mich, und ich spüre Foscos Bein, das meines berührt, so nah sitzen wir nebeneinander. Es gibt keinen Ort, an dem ich lieber wäre. Kurz denke ich daran, was Raffaele wohl dazu sagen würde und ob es jetzt überhaupt noch Sinn hat, weiter nach meiner Jugendliebe Mario zu suchen, aber dann küsst Fosco mich, und der Gedanke an die beiden anderen Männer, die mich bis hierher auf meiner Reise durch Italien begleitet haben, verfliegt so plötzlich, wie er gekommen ist.
»Dana«, sagt Fosco und streichelt mein Gesicht. »Du hast mir sofort gefallen. Allein wegen deines Namens.«
»Wegen meines Namens?«
»Wegen deines Namens. Und ich erzähle dir auch, warum.«
»Na, da bin ich aber gespannt.«
»Ich habe als Jugendlicher mal ein paar Wochen in Deutschland gelebt. In Kiel. Meine Mutter hat mich dort hingeschickt, um segeln zu lernen.«
»Dann sprichst du auch Deutsch?«
»Nein. Ich habe natürlich damals das ein oder andere Wort geernt, aber danach nie wieder benutzt. Mit allen Deutschen, die ich treffe, spreche ich englisch, so wie mit dir.«
»Aber segeln hast du zumindest gelernt.«
»Habe ich. Und das kann ich auch heute noch.« Fosco lacht. »Und ich hab auch noch ein paar andere Sachen gelernt.«
Ich beuge mich vor. »Das klingt ja vielversprechend.«
»Ist es auch. Pass auf. Ich habe in einer Gastfamilie gewohnt. Alles sehr norddeutsch. Große blonde Gastmutter mit Pagenschnitt und drei Töchtern. Lena, Nina und Dana.«
»Dana?«
»Ja, genau, die jüngste hieß Dana. Und war die netteste der drei Töchter. Einen Jungen gab es in der Familie nicht. Für mich, den italienischen Pflegesohn auf Zeit, war das natürlich super, ich wurde total verhätschelt.«
»Das kann ich mir vorstellen, dass dir das gefallen
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