Avanti Amore - mein Sommer unter Italienern
gerechnet. Warum nehmen Sie denn nicht einfach ihren Wagen?«
»Mein Benzin ist fast alle, ich traue mich nicht mehr, weiterzufahren.« Die signora schüttelt den Kopf. So etwas ist ihr vermutlich auch noch nicht untergekommen. Sie wendet sich an ein paar Männer, die neben dem Geschäft sitzen und Bier trinken. »Ihr fahrt nicht noch hoch auf den Berg, oder?« Die Männer schütteln den Kopf.
»Doch, aber wir sind mit dem Fahrrad hier«, antwortet einer von ihnen. »Wir trainieren auf dem Berg.«
»Was machen wir denn jetzt bloß mit Ihnen?«, fragt mich die Verkäuferin besorgt. »Ich mag Sie ja gar nicht so hier stehenlassen.«
»Ach, machen Sie sich keine Sorgen. Wissen Sie was? Ich gehe einfach zu Fuß.« Ich werfe einen Blick auf mein Auto. »Kann ich den Wagen hierlassen?«
Na sicher«, antwortet sie. »Aber schauen Sie sich doch vorher noch ein bisschen um. Vielleicht finden Sie noch etwas?« Sie weist mit dem Finger auf die Zeitungen, Süßigkeiten und Postkarten mit Vesuvmotiv. »Ich stempele Ihnen die cartoline auch, so kann jeder sehen, dass Sie wirklich hier waren.« Sie verschwindet hinter der Kasse und holt einen Stempel hervor. »Hier. Sehen Sie?« Scheinbar ist die Frau sehr geschäftstüchtig, aber weil sie so nett versucht hat, mir zu helfen, lasse ich mir wirklich etwas von ihr andrehen.
»Ich nehme vier Postkarten vom Vesuv. Und ein gelato bitte.« Begeistert strahlt sie mich an. Die Karten, die ich ausgewählt habe, stempelt sie energisch ab, dann drückt sie mir mein Eis am Stiel in die Hand.
Nachdem ich mich verabschiedet habe, mache ich mich auf den Weg Richtung Vulkanspitze. Die Steigung ist nicht besonders stark, so dass ich gut vorwärtskomme. Es ist heiß, aber hier auf dem Berg weht ein leichtes Lüftchen, so dass ich nicht einmal ins Schwitzen gerate. Die Straße liegt einsam vor mir, es ist kaum jemand unterwegs, zumindest nicht zu Fuß wie ich. Nur ab und an überholt mich ein Auto, in dem sich die Insassen verwundert nach mir umsehen. Nach einer Weile entdecke ich einen Schriftzug auf der Straße, den jemand mit leuchtender Farbe auf den Asphalt gesprüht hat. Will you ... Ich laufe weiter, hinter der nächsten Kurve verbirgt sich die Vollendung des Satzes: ... marry me? Wie romantisch! Ich kann mir richtig vorstellen, wie ein verliebter Italiener seine zukünftige Frau hier auf den Berg gelockt hat, hinter dem Schriftzug ... marry me? auf die Knie gefallen ist und mit einem Ring in der Hand darauf gewartet hat, dass sie Ja sagt. Ob mir jemals ein Heiratsantrag gemacht wird? Sehnsuchtsvoll blicke ich auf mein Handydisplay. Eine Nachricht. Mein Herz schlägt schneller. Aber als ich den Posteingang öffne, bin ich enttäuscht. Die SMS ist von Raffaele. Liebe Dana, ist alles in Ordnung? Geht´s dir gut? Meld dich mal! Offensichtlich macht er sich Soren, ob ich Capri überstanden habe. Gerade als ich stehen bleibe, um ihm zu antworten, ertönt hinter mir ein lautes Gedröhne. Ich drehe mich um. In einiger Entfernung kann ich zwei Motorradfahrer entdecken, die mit flottem Tempo auf mich zugefahren kommen. Bei mir angelangt, machen die zwei Jungs halt. Ihre Harley Davidsons röhren und sind mit einem rot-gelb-schwarzen Feuermuster lackiert. Die beiden Männer ziehen sich die Helme von den Köpfen. Sie sind vielleicht Anfang dreißig, beide tragen Jeans und ein Harley-Davidson-T-Shirt.
» Ciao. Willst du wirklich den ganzen Weg bis nach oben laufen?«, fragt mich einer von ihnen.
»Wieso?« Ich bin argwöhnisch.
»Das ist noch ziemlich weit«, antwortet der andere.
»Nun guck doch nicht so ängstlich«, versucht mich der Erste zu beruhigen. »Die signora vom Kiosk hat uns von deiner Misere erzählt. Wir haben uns gedacht, wir könnten dich fix nach oben bringen.« Er lacht mich an. Eigentlich sehen die beiden ganz nett aus.
»Du meinst, einfach so?«, frage ich. »Ich hab doch gar keinen Helm.«
»Ach, die paar Meter. Wir fahren ganz langsam. Ich bin übrigens Luca, sagt der Erste mit den etwas längeren Haaren und streicht sich eine Strähne aus dem Gesicht.
»Ich auch«, wirft der andere ein.
»Ihr heißt beide Luca? Wie lustig.« Ich strecke ihnen nacheinander meine Hand entgegen. »Ich bin Dana.« Dann nehme ich all meinen Mut zusammen, steige zu Luca eins auf die Maschine und lege ihm die Arme um den Bauch, um mich ordentlich festzuhalten.
»Wo kommt ihr denn eigentlich her?«, frage ich, während mir der Fahrtwind durch die Haare weht.
»Aus Neapel!«, ruft Luca zwei.
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