Avanti Amore - mein Sommer unter Italienern
Wein kaufen.«
»Na, dann sind Sie bei uns ja genau richtig«, antwortet er und lacht mich an.
»Wie nett, dass Sie Ihre Besucher mit Musik empfangen.«
»Die Musik ist doch nicht für die Besucher. Also, den Besuchern darf sie natürlich auch gefallen, aber eigentlich spielen wir Mozart vor allem für die Pflanzen«, erklärt er und weist mit dem Arm in Richtung der Weinfelder.
»Warum das denn?«, frage ich interessiert. »Seit wann können Pflanzen hören?«
Pflanzen haben natürlich keine Ohren.« Er schmunzelt. »Aber sie können Schwingungen wahrnehmen.« Er streckt mir seine Hand entgegen. »Ich bin übrigens Carlo Cignozzi, mir gehört das Weingut.«
»Schön, Sie kennenzulernen. Ich bin Dana Phillips.«
»Kommen Sie, ich führe Sie ein bisschen herum und erkläre Ihnen, was wir hier machen.« Er läuft ein Stück den Weg entlang und bleibt nach etwa hundert Metern stehen. »Wir haben irgendwann herausgefunden, dass Pflanzen Schallwellen wahrnehmen, und ich glaube fest daran, dass es den Weinreben besser geht, wenn man sie mit Mozart bespielt. Sie wachsen dann schneller, und die Trauben sehen gesünder und praller aus. Wir arbeiten übrigens mit der Universität in Florenz zusammen. Dort hat man eine Studie durchgeführt, die ergab, dass Pflanzen unter dem Einfluss bestimmter Schallwellen besser gedeihen.«
»Funktioniert das mit jeglicher Art von Musik? Ich kann mir kaum vorstellen, dass eine Weinrebe sich freut, wenn Eminem aus den Boxen blökt.«
»Wenn die Pflanzen Eminem ertragen müssten, würden sie wahrscheinlich eingehen!« Liebevoll und leicht besorgt blickt der Winzer zu seinen Reben hinüber. »Wir bespielen sie nur mit Mozart. Seine Musik hat einen besonders positiven Einfluss.« Er zeigt auf drei Weinreben, die zu seiner Rechten stehen. »Diese Pflanzen hier bekommen keine Musik ab. Sie sind ziemlich klein und mickrig, finden Sie nicht? Und wenn wir mal hier rübergehen ...« Er zieht mich zu ein paar großen, üppigen Reben, deren Trauben tatsächlich wesentlich praller sind als die auf der anderen Seite des Weges.
»Die sehen tatsächlich besser aus.«
»Sage ich doch. Musik kann wirklich etwas bewirken. Ganz ähnlich ist es doch auch bei uns Menschen. Die meisten könnten ohne Musik nicht leben. Ich gehöre auch dazu.« Ich nicke und studiere noch mal die Versuchspflanzen. Vielleicht hat die mickige Rebe auch einfach weniger Sonne abbekommen oder ein Hund hat sie ein paarmal angepinkelt und die Größe hat mit dem Einfluss der Musik nichts zu tun.
»Wenn Sie das rund um die Uhr hören, hängt Ihnen Mozart nicht langsam zum Hals raus?«, frage ich ihn, während wir zum Haus laufen.
»Die Musik hier draußen nehme ich kaum wahr, das ist für mich inzwischen ähnlich wie das Rauschen des Windes. Das stört doch auch nicht, oder? Außerdem liebe ich einfach klassische Musik.«
»Das kann ich gut verstehen.« Ich folge dem Winzer ins Haus und in das Kellergewölbe, in dem Fässer ganz unterschiedlicher Größen lagern. Am Ende der Räumlichkeiten hat jemand zwei Fässer hochkant gestellt und sie mit Hilfe einer Glasscheibe zu einem Tisch umfunktioniert. Signor Cignozzi holt ein Glas hervor und schenkt mir ein wenig Rotwein ein.
»Den hier sollten Sie versuchen. Das ist ein Brunello . Dafür ist die Gegend um Montalcino berühmt. Er gilt als einer der besten Rotweine Italiens.« Ich nehme das Glas entgegen und nippe am Wein. Er schmeckt schwer und würzig, genau wie ich ihn mag.
»Sehr gut«, sage ich, obwohl ich natürlich keine Ahnung habe, und nehme erneut einen Schluck, während der Winzer noch eine andere Sorte Rotwein in ein weiteres Glas gießt.
»Dieser hier ist etwas günstiger und muss nicht ganz so lange reifen wie der Brunello, ein Rossi di Montalcino . Er verbringt nur etwa ein Jahr im Holzfass, dann wird er in Flaschen abgefüllt, in denen er weitere zehn Monate ruhen muss, bevor er in den Verkauf geht.« Stolz blickt er die Flasche an. »Ich habe ihn nach meiner Tochter benannt.«
»Ach, wie schön. Das ist eine sehr nette Idee, einen Wein nach der eigenen Tochter zu benennen.«
Er nickt. Es ist doch immer wieder erstaunlich, wie wichtig den Italienern die Familie ist. In Deutschland würde eine Firmaen Namen eines Produktes vermutlich erst mal in die Marktforschung schicken, bis er abgesegnet wird. In Italien entscheidet man nach Tradition, Bauchgefühl und Zuneigung. Eventuelle Gewinneinbußen macht man dann einfach durch Steuerhinterziehung wett. Ich teste auch
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