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Ave Maria - Roman

Ave Maria - Roman

Titel: Ave Maria - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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leistete gute Arbeit.
    »Was?«, fragte Jeanne und starrte mich an. »Was denken Sie? Sagen Sie es mir. Ich vertrage eine Menge. Glaube ich.«
    »Atmen Sie tief durch. Lassen Sie sich durch diesen Scheiß nicht unterkriegen. Sie bearbeiten den Fall so gut, wie es nur möglich ist, aber im Augenblick sehen Sie einfach beschissen aus.«
    Sie runzelte die Brauen. »Äh... danke!«
    »Sie sehen gut aus, aber nicht so gut wie sonst. Sie sind blass, Jeanne. Das ist der Stress. Niemand versteht das, bis er es am eigenen Leib erfährt.«
    Jetzt lächelte Jeanne. »Ich sehe wie ein beschissener Waschbär aus. Riesige schwarze Augenringe.«
    »Tut mir Leid.«
    »Schon okay. Ich muss los.«
    Ich dachte an ihre Einladung zum Abendessen und wie tolpatschig ich ihr einen Korb gegeben hatte. Wenn wir noch einige Sekunden länger hier gestanden hätten, hätte ich vielleicht eine Gegeneinladung für später ausgesprochen,
aber da waren Jeanne und der richtige Moment schon weg.
    Jetzt musste ich eine Befragung durchführen.
    Ein blauer Geländewagen, richtig?

65
    Es waren nicht die langen schlangenförmigen Tätowierungen an beiden Armen von Bettina Rogers, auch nicht das halbe Dutzend Piercings in ihrem Gesicht, das mich daran zweifeln ließ, was sie mir soeben erzählt hatte. Eigentlich war Bettina eine Bilderbuchaugenzeugin. Tatsache ist aber, dass die meisten Augenzeugen nur skizzenhaft und unverlässliche Angaben machen. FBI-Forschungen haben gezeigt, dass sie ungefähr eine Genauigkeit von fünfzig Prozent erreichen, selbst wenige Minuten nach dem Vorfall - und ich sprach mit Bettina wenigstens zwei Stunden später.
    Doch Bettina war sich ihrer Aussage absolut sicher. Sie schwankte nicht. Sie wusste, was sie gesehen hatte.
    »Ich war auf dem Parkplatz und habe gerade meinen Wagen angelassen«, erzählte sie mir zum dritten Mal. »Der Geländewagen ist hinter mir rausgeschossen, dort hinüber, zum Santa Monica Boulevard. Ich habe mich umgedreht und geschaut, weil er so schnell gefahren ist.
    Ich bin ganz sicher, dass er dunkelblau war. Und ich kenne einen Geländewagen, weil meine Mom früher einen hatte. Ich bin darin eine Million Mal gefahren. Ich erinnere mich, dass ich es komisch fand, weil meine Mom auch immer so verrückt gefahren ist.«
    Sie machte eine Pause. »Der Geländewagen ist auf dem Parkplatz scharf nach links abgebogen. Das ist alles, was ich weiß. Kann ich jetzt endlich gehen?«
    Mehr hatte Jeanne Galletta auch nicht aus der Frau herausbekommen, aber ich bohrte noch weiter nach.

    »War irgendwas an dem Wagen auffällig?«, fragte ich. »Aufkleber auf den Stoßstangen, Beulen, irgendwas?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Ich habe ihn hauptsächlich von der Seite gesehen, und wie ich schon gesagt habe - er ist superschnell gefahren. Für einen Geländewagen. Ich konnte das Nummernschild nicht lesen, auch sonst habe ich nichts bemerkt.«
    »Wie steht es mit dem Fahrer? Ist Ihnen da etwas aufgefallen? War noch eine Person im Auto? Mehr als eine Person?«
    Sie spielte gedankenverloren mit den dicken Silberringen in ihren Brauen, während sie nachdachte. Sie trug viel Make-up, viel Schwarz, abgesehen von dem weißen Gesichtspuder. Ich wusste nicht viel über Bettina, aber sie erinnerte mich an den urbanen Vampirkult, in dem ich vor etlichen Jahren für einen Fall ermittelt hatte. Damals hatte ich gelernt, dass viele dieser Menschen trotz ihres abartigen Aussehens sehr gescheit waren.
    Schließlich schüttelte Bettina den Kopf. »Ich würde gern sagen, dass es eine Frau war, denn das würde Sinn machen, oder? Ich meine, Scheiße, wir reden doch von diesem Hollywood-Stalker-Weib, oder? Lügen Sie mich nicht an. Ich weiß, dass sie es war. Das hat mir schon ein Bulle erzählt.«
    Ich sagte dazu nichts, sondern ließ sie weiter nachdenken. Doch dann zuckte sie mit den Schultern. »Der blaue Geländewagen ist wie eine Fledermaus aus der Hölle abgezischt und dann nach links abgebogen. Mehr weiß ich nicht. Das ist meine endgültige Antwort.«
    Die Tatsache, dass sie ihre Aussage nicht mit Details ausschmücken wollte, stärkte mein Vertrauen in ihre Glaubwürdigkeit. Es ist unfassbar, wie viele Menschen das Gegenteil
sagen, manchmal nur um dem, der sie befragt, einen Gefallen zu tun. Gleich darauf dankte ich Bettina, dass sie sich die Zeit genommen und uns geholfen hatte, und ließ sie gehen.
    Dann suchte ich Jeanne Galletta, um ihr meine Gedanken mitzuteilen. Wir trafen uns in einer unbenutzten Suite im ersten Stock.

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