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Ave Maria - Roman

Ave Maria - Roman

Titel: Ave Maria - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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elektronischen Überwachungseinheit des FBI eine Meldung bekamen. Um halb sechs Uhr morgens war bei Arnold Griner bei der L.A.Times wieder eine E-Mail eingegangen.
    Ein Brief von Mary Smith war gekommen - an den Mann adressiert, den sie soeben ermordet hatte.

73
    An: [email protected]
    Von: Mary Smith
    An: Arnold Griner
     
     
    Weißt du was? Ich bin dir am Sonntag nach Hause in deine neue Wohnung gefolgt, nachdem du mit Freunden in diesem Asia-de-Cuba-Schuppen auf dem Sunset zu Abend gegessen hast.
    Du hast unter dem Gebäude geparkt und bist die Hintertreppe hinaufgegangen. Nach einer Treppe schon Atemnot? Ich habe gesehen, dass du völlig aus der Form bist, Arnold. Und Zeit hast du auch keine mehr, fürchte ich.
    Ich habe draußen gewartet, bis in deiner Wohnung das Licht anging, dann bin ich hinaufgegangen. Ich hatte nicht mehr so viel Angst wie früher. Damals fühlte sich die Pistole in meiner Hand eigenartig und fremd an. Jetzt fühle ich kaum noch, dass sie da ist.
    Du hast an deiner Hintertür keinen Querriegel angebracht. Vielleicht hattest du es vor, bist aber bei dem Durcheinander mit dem Umzug nicht dazu gekommen. Oder vielleicht hast du dich in deiner neuen Wohnung so sicher gefühlt, dass es keine Rolle spielte. Im letzten Punkt hattest du Recht. Es spielt keine Rolle - nicht mehr.
    In der Küche war es dunkel, als ich eintrat, aber du hattest im Wohnzimmer Licht, und der Fernseher lief. Neben der Spüle lag ein Tranchiermesser, aber ich ließ es dort liegen.
    Ich hatte mein eigenes Messer dabei, das weißt du wahrscheinlich schon über mich - wenn du meine anderen E-Mails gelesen hast.
    Ich wartete so lang in der Küche, wie ich es ertragen
konnte, und habe dir und deinem Freund zugehört. Ich habe zwar nicht genau verstanden, was ihr geredet habt, aber mir hat der Klang eurer Stimmen gefallen. Mir gefiel vor allem der Gedanke, dass ich der letzte Mensch bin, der sie je hört.
    Dann kam die Nervosität wieder zurück. Anfangs nur wenig, aber ich wusste, dass sie schlimmer würde, wenn ich noch länger wartete.
    Ich hätte die Wohnung in diesem Moment verlassen können, falls ich das gewollt hätte, und du hättest nie gewusst, dass ich da war.
    In dieser Hinsicht warst du wie alle anderen. Niemand scheint zu merken, dass ich da bin, bis seine Zeit gekommen ist. Die unsichtbare Frau, das bin ich. Das sind übrigens viele von uns.
    Als ich ins Wohnzimmer walzte, seid ihr beide gleichzeitig aufgesprungen. Ich stellte sicher, dass du die Waffe gesehen hast und dich danach still verhieltst. Ich wollte dich fragen, ob du wüsstest, weshalb ich gekommen bin, weshalb du verdient hast zu sterben, aber ich hatte Angst, ich würde die Sache nicht durchziehen, wenn ich es nicht sofort täte.
    Ich drückte auf den Abzug, und du bist auf den Rücken gefallen. Dein Freund schrie laut. Dann wollte er weglaufen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er tatsächlich glaubte, fliehen zu können.
    Ich erschoss ihn. Ich glaube, er war sofort tot. Ihr beide seid zu Recht gestorben. Kein Kampfgeist bei dir. Was mich wundert, denn du bist doch ein widerlicher hinterlistiger kleiner Mann.
    Leb wohl, Arnold. Du bist tot. Und weißt du was? Du bist bereits vergessen.

74
    Jetzt musste der Geschichtenerzähler den Strom der Morde beenden. Das war ihm bewusst. Es gehörte zum Plan, und der Plan war gut. Aber trotzdem war es schade, eigentlich eine Schande. Gerade jetzt, wo er so richtig gut geworden war, er war seit ewigen Zeiten nicht mehr gut in irgendetwas gewesen.
    Auf alle Fälle waren Glückwünsche angebracht. Er wurde selbstverständlich in sämtlichen Fernsehsendern und Zeitungen hoch gelobt. Besonders in der L.A.Times , die aus diesem absoluten Stück Scheiße, Arnold Griner, einen Heiligen und Märtyrer gemacht hatte. Alle waren von dem Meisterstück des Geschichtenerzählers tief beeindruckt - dabei war seine Geschichte noch viel genialer, als sie wussten.
    Er wollte unbedingt feiern, aber es gab niemanden, dem er es erzählen konnte. Das hatte er in Vancouver versucht, und was war geschehen? Er musste eine Freundin töten, na ja, eher eine Bekannte, ein ehemaliges Betthäschen.
    Also wie konnte er feiern? Arnold Griner war tot, darüber musste er lachen, zuweilen sogar laut. Die Ironien häuften sich, darunter auch einige sehr subtile, zum Beispiel, dass Griner seine E-Mails empfangen hatte, dann sein Botenjunge zur Polizei gewesen war, dann selbst ein Opfer geworden war. Im realen Leben - im Gegensatz zu dem, was

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