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Avi Avraham ermittelt 01 - Vermisst

Titel: Avi Avraham ermittelt 01 - Vermisst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dror Mishani
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dem Vater die Briefe vor, konfrontierte ihn dann mit dem Anruf und sagte ihm am Ende wieder und wieder, seine Fingerabdrücke würden beweisen, dass er den Rucksack zuletzt in der Hand gehabt hatte, er – und nicht Ofer. Rafael Sharabi wirkte tatsächlich panisch, von Beginn an. Mehr als seine Frau. Avraham Avraham betrachtete das Gesicht des Vaters, das hagerer schien und von silbrigen Bartstoppeln bedeckt war. Ein von Schmerz ausgehöhltes Gesicht. Er wirkte wie ein Mensch, der sich selbst zu Tode hungerte. Die Sanftheit, die Avraham Avraham bei ihrer ersten Begegnung ausgemacht hatte, war verschwunden. Der Vater hatte Angst vor Schärfstein, vielleicht, weil er ihm zuvor noch nicht begegnet war, vielleicht aber auch, weil bis zum Augenblick des Geständnisses wilde Entschlossenheit in Schärfstein brannte. Von dem Moment an, in dem der Vater ihm gegenüber Platz nahm, war klar, das Verhör würde mit einem Geständnis enden.
    Schärfstein fragte: »Begreifen Sie nicht, warum Sie mit mir reden müssen? Ihre Frau wird gerade im Nebenraum verhört, und Sie wissen, dass sie nicht lange durchhalten wird. Ich komme gerade von dort und habe gesehen, wie es ihr geht. Das kann einem schon Angst machen. Sie kennen Inspektor Avi Avraham nicht, er wird aus ihr herausholen, was er will, wie, das kümmert ihn nicht. Wenn Sie mir die Wahrheit sagen, ersparen Sie Ihrer Frau und sich selbst viel Leid, glauben Sie mir. Wissen Sie, dass er Sie beide gestern verhaften und nach Abu Kabir bringen lassen wollte? Wollen Sie nach Abu Kabir? Wollen Sie, dass Ihre Frau dorthin kommt?«
    Rafael Sharabi versuchte schwach, sich zu wehren: »Weshalb will er uns denn festnehmen lassen, wegen irgendwelcher Briefe, die wir nicht bekommen haben? Wir nehmen uns einen Anwalt.«
    »Kein Problem, bitte sehr«, erwiderte Schärfstein. »Sie möchten einen Anwalt? Sie wissen sicher, was wir daraus schlussfolgern, aber kein Problem. Ich kann Ihnen allerdings versprechen, dass wir einige Zeit brauchen werden, bis wir Ihnen ein Telefon organisiert haben, und dass der Rechtsanwalt auch seine Zeit benötigen wird, hierherzukommen. Und in der Zwischenzeit wird Ihre Frau im Nebenzimmer alles herausschreien, was Sie verschweigen, schreien wird sie – nicht plaudern. Aber wie Sie möchten.«
    Ilana sah Schärfstein an und fragte: »Ich hoffe doch, du hast ihm nicht davon abgeraten, einen Anwalt beizuziehen?«
    Und Schärfstein antwortete leise: »Nein, habe ich nicht.«
    Auf dem Videoband konnte man sehen, dass Rafael Sharabi kurz davor war, die schwerste Entscheidung seines Lebens zu treffen. Er ballte die Finger zur Faust und presste sie auf den Tisch, beinahe wie es seine Frau getan hatte.
    Die Tür des Besprechungszimmers ging auf, und Maalul kam herein. »Ich habe mit dem Jugendamt gesprochen«, sagte er zu Ilana. »Sie schicken jemanden hin.« Dann legte er seine Hand auf Avraham Avrahams Schulter, und es war nicht klar, ob die Geste eine Begrüßung oder zum Trost gedacht war.
    Der am unteren Bildrand des Monitors mitlaufende Timecode hastete weiter. Rafael Sharabi saß auf seinem Stuhl, den Rücken gekrümmt, das Gesicht in beide Hände vergraben.
    Schärfstein beugte sich über ihn. »Begreifen Sie nicht, dass Sie erledigt sind? Begreifen Sie das wirklich nicht? Der einzige Weg, der Ihnen noch bleibt, sich selbst, Ihrer Frau und auch Ofer zu helfen, ist, mir die Wahrheit zu sagen.«
    Unter den Händen des Vaters war ein Wimmern zu hören.
    Schärfstein feuerte seine letzte Kugel ab. Er flüsterte ihm ins Ohr: »Sagen Sie mal, verstehen Sie wirklich nicht, warum Sie hier sind? Denken Sie etwa, wir hätten Sie bloß wegen des Telefonanrufs hergebracht? Dann werde ich ganz offen zu Ihnen sein. Wir haben die Briefe, wir haben das Telefonat, wir haben Ihre Fingerabdrücke, die beweisen, dass nach Ihnen niemand mehr den Rucksack angefasst hat. Und wir haben auch Ofer.«
    Rafael Sharabi nahm die Hände vom Gesicht und schaute zu Schärfstein auf. »Haben Sie ihn gefunden?«
    Schärfstein schüttelte nicht den Kopf, er sagte nur: »Warum meinen Sie wohl, dass Sie hier sind?«
    Das war das Ende.
    Das Schluchzen brach aus Rafael Sharabi heraus, dass es ihn schüttelte. Avraham Avraham fragte sich, wieso es im Nebenraum nicht zu hören gewesen war.
    Ilana stand auf. »Haltet das Band mal an. Ich kann das nicht mit ansehen«, sagte sie.
    Maalul verließ den Raum.

    Erst nach zwei Stunden kehrte Avraham Avraham in den Vernehmungsraum zurück, in dem die Mutter noch

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