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Avi Avraham ermittelt 01 - Vermisst

Titel: Avi Avraham ermittelt 01 - Vermisst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dror Mishani
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erzählt?«
    »Er hat mir gar nichts erzählt. Es hat Streit gegeben zwischen ihm und Ofer.«
    »Worüber?«
    »Hat er mir nicht gesagt.«
    »Und ich soll Ihnen glauben, dass Sie nicht nachgefragt haben?«
    »Hätte das Ofer geholfen, wenn ich gefragt hätte?«
    »Und was ist passiert?«
    »Wann?«
    »Als es Streit gegeben hat zwischen Ihrem Mann und Ofer. Was ist bei dem Streit geschehen?«
    »Rafael hat ihn gegen die Wand gestoßen, und Ofer hat sich den Kopf angeschlagen und ist gefallen. Es war ein Unfall. In Ofers Zimmer ist das passiert.«
    »Und wie haben Sie auf das reagiert, was Ihr Mann Ihnen erzählt hat?«
    »Wie meinen Sie denn, hab ich reagiert?«
    Er sah sich auf dem Videoband die Beherrschung verlieren.
    »Ich weiß nicht, wie Sie reagiert haben. Ich schaue mir an, wie Sie hier sitzen und mir ins Gesicht lügen, und weiß es nicht. Sie hören einfach nicht auf zu lügen. Drei Wochen lang haben Sie nicht ein wahres Wort über Ihren Sohn gesagt. Ich kann nicht verstehen, was für eine Mutter Sie sind. Ich bitte Sie, mir zu erzählen, wie Ihr Sohn gestorben ist, und Sie sind nicht fähig dazu. Ich bitte Sie, ihn sich anzuschauen, und Sie sind nicht fähig dazu, auch jetzt nicht, da er tot ist.«
    Sie antwortete nicht.
    Endlich gab er auf. »Also was haben Sie gemacht?«, fragte er kraftlos.
    »Was hätte ich denn tun können?«, murmelte sie.
    »Was haben Sie mit Ofer gemacht, als Sie ihn tot aufgefunden haben, in Danits Zimmer oder in seinem, wie Sie wollen.«
    »Was ich gemacht habe? Ich hab ihn in den Arm genommen. Mehr nicht. Was denn sonst?«

    Schärfstein wollte »fünf Minuten mit der Mutter«, um alles aus ihr herauszuholen, was herauszuholen war. »Ausgeschlossen, dass sie nicht zu Hause war. Ich glaube ihr diese Geschichte nicht«, sagte er.
    Und alle wussten, dass er recht hatte.
    Ilana zögerte. Sie fragte Avraham Avraham nach seiner Meinung, und er sagte: »Tu, was du für richtig hältst, Ilana. Mir ist es egal.«
    Sie entschied, die Vernehmungen auszusetzen. »Wir geben ihnen ein paar Stunden, das Ganze zu verdauen. Sie haben ja nicht nur uns die ganze Zeit angelogen, sondern auch sich selbst. Danach wird es ihnen leichter fallen zu reden. Und auch wenn wir recht haben und die Mutter zu Hause war, weiß ich nicht, was wir daraus machen sollen. Ich bin nicht sicher, ob uns das etwas bringt, sie ebenfalls anzuklagen.«
    Schärfstein protestierte. »Sie ist nicht weniger schuldig als ihr Mann, und was die ganze Vertuschung angeht, war sie aktiver als er«, sagte er.
    Ilana aber ließ sich nicht umstimmen. »Die endgültige Entscheidung liegt ohnehin bei der Staatsanwaltschaft«, beendete sie die Diskussion.
    Um vier traf eine Vertreterin der Sozialbehörde ein. Avraham Avraham hatte gerade begonnen, ihr die Einzelheiten des Falls darzulegen, als Ilana, ohne anzuklopfen, in sein Zimmer kam. Die beiden kannten sich. Ilana sprach sie mit Etti an. Sie war Mitte fünfzig und ihr Haar schon von grauen Strähnen durchzogen. Wie bei Ilana.
    »Beide Elternteile bleiben in Haft, weshalb sich jemand um die Kinder kümmern muss«, erklärte Avraham Avraham. »Die ältere Tochter, die an einer Behinderung leidet, ist allem Anschein nach missbraucht worden.«
    »Von wem?«, fragte Etti.
    Er zögerte einen Moment mit der Antwort, und Ilana sagte an seiner Stelle: »Von ihrem Bruder, dem Todesopfer. Wie es aussieht, hat sein Vater ihn bei dem Misshandlungsversuch überrascht, worauf es zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung zwischen den beiden gekommen ist.«
    Avraham hatte schon etliche Stunden keine Zigarette mehr geraucht.
    Etti fragte, ob die Kinder Verwandte hätten, und Ilana sagte: »Ja, die Großeltern.«
    »Mutter und Tochter stehen sich sehr nah«, mischte Avraham sich ein. »Die Mutter wird bestimmt nicht erlauben, dass sich jemand anders als sie selbst um die Tochter kümmert.«
    »Aber die Mutter bleibt auch in Untersuchungshaft?«, fragte die Sozialarbeiterin.
    »Ja, zumindest heute Nacht«, antwortete Ilana.
    »War sie am Tod ihres Sohnes beteiligt?«
    »Wir wissen noch nicht, inwieweit. Mit Sicherheit war sie an der Vertuschungsgeschichte beteiligt. Beide Eltern haben eine Version geliefert, die sie entlastet, offenbar in der Hoffnung, dass die Mutter bei den Kindern bleiben kann«, erklärte Ilana.
    Erneut öffnete sich die Tür, und Maalul teilte mit, Danit sei soeben auf dem Revier eingetroffen.
    Ilana und Etti verließen eilends den Raum. Avraham wusste nicht, ob er sich ihnen

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