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Axis

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Titel: Axis Kostenlos Bücher Online Lesen
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zeigten, aber insgeheim gleichgültig waren. Die Vierten sind authentisch, sie sprechen das aus, woran sie glauben. Und eine Sache, an die Avram Dvali glaubt, ist die Möglichkeit, mit den Hypothetischen zu kommunizieren. Er hat mir behutsam nahegebracht, dass ich zu dieser sehr wichtigen Arbeit etwas beitragen könnte.«
    »Also haben Sie ihm Isaac gegeben.«
    »Ich habe ihm die Möglichkeit eines Isaac gegeben. Sonst hätte ich das Kind nie ausgetragen.« Anna Rebka atmete tief ein, es klang wie das Geräusch von Wellen an einem Strand. »Es war nicht schlimmer als die Tortur, der man sich unterziehen muss, wenn man ein Vierter werden will. Die übliche Spritze und dann, als der Prozess in Gang gesetzt war, eine intrauterine Injektion, um zu verhindern, dass der veränderte Fötus abgestoßen wird. Die meiste Zeit stand ich unter Beruhigungsmitteln, an die Schwangerschaft kann ich mich kaum noch erinnern. Nach sieben Monaten war es dann so weit.«
    »Und danach?«
    Ein Seufzen. »Avram beharrte darauf, dass er von der ganzen Gemeinschaft aufgezogen werden sollte, nicht von mir allein. Er sagte, es wäre besser, wenn ich keine zu enge Bindung an das Kind entwickele.«
    »Besser für Sie oder besser für Isaac?«
    »Für uns beide. Es war nicht sicher, ob er die Pubertät überleben würde. Isaac war – ist – ein Experiment, Miss Adams. Avram wollte mich vor einem weiteren Trauma bewahren. Außerdem – sosehr ich mir gewünscht habe, eine Mutter zu sein, der Junge hat eine schwierige Persönlichkeit. Schon als Baby verweigerte er jeden engeren Kontakt. Es war wirklich, als würde er zu einer neuen Spezies gehören, als hätte er irgendwie gewusst, dass er keiner von uns ist.«
    »Weil Sie ihn so gemacht haben.«
    »Ja. Die Verantwortung liegt ganz bei uns. Und die Schuld natürlich. Ich kann nur sagen, dass ich gehofft habe, sein Beitrag zum Verständnis des Universums würde die Umstände seiner Erschaffung wieder gutmachen.«
    »Haben Sie das von sich aus geglaubt – oder sind Sie gedrängt worden, es zu glauben?«
    »Danke, dass Sie mein Gewissen erleichtern wollen, Miss Adams, aber ich habe daran geglaubt. Wir alle haben daran geglaubt. Aus diesem Grunde haben wir uns ja überhaupt erst zusammengetan. Doch niemand von uns hat derart fest, ja derart heroisch daran geglaubt wie Avram Dvali. Wir hatten unsere Zweifel, sogar Anfälle von Reue. Es ist keine schöne Geschichte… Sie fragen sich bestimmt, wie wir so etwas nur erwägen, geschweige denn ausführen konnten. Aber die Menschen sind zu allem Möglichen fähig. Auch Vierte. Daran sollten Sie immer denken.«
     
    Die Gruppe kam mit Proviant, Mineralwasser, Ersatzteilen und – wundersamerweise – einem zweiten Wagen zurück, einem weiteren großrädrigen Jeep, den sie zu einem »wahnwitzigen Preis«, so Turk, erstanden hatten. Die Vierten hätten mehr Geld als Verstand, sagte er.
    Lise half ihm, die Vorräte in die Autos zu laden. Es bereitete ihr ein gewisses Vergnügen, das zu tun, dabei nicht an Anna Rebka, Isaac oder Dvali zu denken. Oder daran, was sie in der Rub al-Khali erwartete.
    »Und, fährst du mit uns?«, fragte er sie schließlich. »Oder wartest du auf den Bus nach Port Magellan?«
    Sie gab ihm keine Antwort. Er hatte keine verdient.
    Denn natürlich würde sie mit ihnen fahren. In das große Unbekannte.

 
     
     
VIERTER TEIL
     
     
RUB AL-KHALI

 
23
     
     
    Brian Gately war wohlbehalten wieder in Port Magellan angekommen, als der zweite Ascheregen einsetzte.
    Auf dem Flug über den Bodhi-Pass hinab in die Küstenebene hatten Sigmund und Weil etwas Bemerkenswertes getan: Sie hatten ihre Niederlage eingestanden. Die Vierten waren in alle Winde zerstreut; der abgebrannte Gebäudekomplex hatte über die verkohlten Überreste eines im Keller versteckten Bioreaktors hinaus keine Hinweise geliefert; auch in Turk Findleys Maschine war nichts Belastendes gefunden worden; und die Gefangenen waren bloße Lockvögel, noch dazu ziemlich alt, selbst nach Maßstäben der Vierten.
    »Und was nun?«, fragte Brian, während sich weit unter ihnen ein einsamer Öllaster über die Serpentinenstraße quälte. »Fahren Sie wieder nach Hause?«
    »Wir tun«, sagte Weil, »was wir schon immer getan haben: Kommunikationswege beobachten, Überwachungssoftware an strategischen Punkten laufen lassen. Früher oder später stoßen wir auf etwas. Und unterdessen gibt es einen Bioreaktor weniger, um den man sich Gedanken machen muss. Wenn schon sonst nichts, dann

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