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Axis

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Titel: Axis Kostenlos Bücher Online Lesen
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gespannte Zuhörer. Oft erklärte sie ihm, was sie an dem betreffenden Tag gelernt hatte.
    Es hatten nicht immer Menschen auf dem Mars gelebt, erzählte sie ihm einmal, während sie zwischen den staubigen, sonnenbeschienenen Felsen umherwanderten. Vor Jahrhunderten waren ihre Vorfahren von der Erde gekommen, einem Planeten, der näher an der Sonne lag. Man konnte die Erde nicht direkt sehen, weil die Hypothetischen sie in eine Hülle gesteckt hatten – aber man wusste, dass sie da war, weil sie einen Mond hatte, der sie umkreiste.
    Sie erwähnte die Hypothetischen – von den Marsianern Ab-ashken genannt, ein Begriff, der sich aus den Wortstämmen für »mächtig« und »fern« zusammensetzte – zunächst nur vorsichtig, gespannt, wie Esh darauf reagieren würde. Sie wusste, dass er zum Teil selbst ein Hypothetischer war, und wollte ihn nicht kränken. Doch der Name rief keine besondere Reaktion hervor, nur die übliche Ausdruckslosigkeit. Und so nahm Sulean sich die Freiheit, Vorträge zu halten, zu träumen, die Phantasie spielen zu lassen. Schon damals hatten die Hypothetischen sie fasziniert.
    Sie leben zwischen den Sternen, soweit wir wissen, sagte sie dem Jungen.
    Esh erwiderte darauf nichts.
    Sie sind keine richtigen Lebewesen, eher Maschinen, aber sie wachsen und vermehren sich.
    Sie tun Dinge ohne ersichtlichen Grund. Vor Millionen von Jahren haben sie die Erde in eine Blase gesteckt, in der die Zeit ganz langsam verging. Niemand weiß, warum.
    Niemand hat je mit ihnen gesprochen, außer dir vielleicht, und niemand hat sie je gesehen. Aber von Zeit zu Zeit fallen Stücke von ihnen vom Himmel und seltsame Dinge geschehen…
     
    Stücke von ihnen fallen vom Himmel… Diese Bemerkung sorgte für beträchtliche Bestürzung unter den Versammelten.
    Dr. Dvali räusperte sich und sagte: »In den Marsianischen Archiven steht nichts von einem derartigen Ereignis.«
    »Nein«, erwiderte Sulean. »Und wir haben es auch in der direkten Kommunikation mit der Erde nie erwähnt. Auch auf dem Mars ist es ein seltenes Phänomen – es geschieht vielleicht alle zwei- oder dreihundert Jahre einmal.«
    »Entschuldigen Sie«, meldete sich Mrs. Rebka, »aber was geschieht da?«
    »Die Hypothetischen existieren in einer Art Ökologie, Mrs. Rebka. Sie entstehen, gedeihen und sterben – um dann den Zyklus von neuem zu beginnen, immer wieder.«
    »Mit den Hypothetischen«, sagte Dvali, »meinen Sie ihre Maschinen.«
    »Das ist womöglich keine sinnvolle Unterscheidung. Es spricht nichts für die Annahme, dass die selbstreproduzierenden Maschinen von einer anderen Instanz kontrolliert werden als ihrer eigenen vernetzten Intelligenz und ihrer eigenen, nicht berechenbaren Evolution. Ihre Abfälle zirkulieren durch das Sonnensystem und werden von Zeit zu Zeit vom Schwerefeld eines der inneren Planeten eingefangen.«
    »Und warum sind solche Dinge nie auf die Erde gefallen?«
    »Vor dem Spin existierte die Erde in einem sehr viel jüngeren Sonnensystem. Vor fünf Milliarden Jahren hatten sich die Hypothetischen gerade mal erst im Kuipergürtel etabliert. Falls ihre Abfälle überhaupt je in die Erdatmosphäre eintraten, dann war das ein äußerst seltenes Ereignis. Es gibt genügend Berichte über schwebende Lichter und seltsame Objekte in der Luft, die darauf hinweisen, dass es vielleicht tatsächlich hin und wieder geschehen ist, auch wenn es natürlich niemand als ein solches Ereignis erkannt hat. Als die Spinbarriere installiert war, hat sie jedes Eindringen verhindert, und auch jetzt ist die Erde noch durch eine Membran vor der exzessiven Sonnenstrahlung geschützt. Der Mars ist exponierter. Wir Marsianer sind nicht als Fremde in der neuen Zeit angekommen, Dr. Dvali. Wir wissen seit Jahrtausenden, dass die Hypothetischen existieren – und dass das Sonnensystem letztlich ihnen gehört.«
    »Und die Asche, die auf uns gefallen ist« – Mrs. Rebkas Stimme vibrierte vor Feindseligkeit –, »war das das gleiche Phänomen?«
    »Vermutlich. Und auch das, was in der Wüste gewachsen ist. Die Annahme liegt nahe, dass auch dieses Sonnensystem Hypothetische beherbergt. Der alljährliche Meteorschauer, das sind wohl eher ihre Abfälle als die Überreste alten Gesteins. Der Ascheregen war nur eine besonders intensive Variante, vielleicht verursacht durch irgendwelche Härtungsvorgänge kurz zuvor. Als fliege der Planet durch eine Wolke aus…«
    »Aus abgestoßenen Zellen«, ergänzte Dvali.
    »Ja, in gewissem Sinne. Abgestoßen, aber

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