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Azrael

Azrael

Titel: Azrael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Killough-Walden
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den Hof, wo sich die Insassen früher bei jedem Wetter die Zeit mit Ballspielen vertrieben hatten, um der kalten Einsamkeit ihrer Zellen zu entfliehen.
    Zornig nahm Kevin wieder seine normale Gestalt an. In wütendem Schweigen stand er auf der Plattform oberhalb des Hofs und sah sich um. Ganz tief sog er die Nachtluft in seine Lungen und biss die Zähne so fest zusammen, dass er fürchtete, sie würden brechen.
    Aber dann unterbrach er seine stumme Tirade. Dort unten, wo eigentlich Gras den Beton des längst verlassenen Hofs überwucherte, wuchsen jetzt viele Tausend schwarze Löwenzahnblüten.
     
    Azrael beobachtete, wie Sophie ihre Hand hob, das goldene Armband zwischen Daumen und Zeigefinger.
    »Was ist los, Az? Hast du das nicht erwartet?«
    Die Herausforderung in ihren Augen jagte sein Blut schneller durch die Adern. So schön war Sophies inneres Feuer, endlich befreit. Was in ihr steckte, hatte er von Anfang an gewusst. Im Lauf ihres leidvollen Lebens waren die Flammen schwelender Asche gewichen, aber es war nie vollends erloschen, sondern hatte im Dunkel ihrer Seele geglüht.
    Jetzt loderten die Flammen hell empor. Es war nicht nur ihr Werk. Das wusste er, denn er spürte einen fremden Einfluss, der sie umgab, das Feuer schürte, mit Sauerstoff zu einem Inferno anfachte. Aber einzig und allein Sophie hielt Azraels Blick stand und behauptete sich gegen ihn.
    Lächelnd erwachte der Vampir in seinem Innern. Er betrachtete ihre Hand, die das Armband festhielt, das schwarze Tattoo, das Mal des Mannes in Weiß, das Juliette erwähnt hatte. »Also gut.« Die Lider halb gesenkt, attackierte er Sophie mit der ganzen Wucht seiner Macht. »Erledigen wir’s auf meine Art.« Als er seine Zähne wachsen ließ, blinzelte sie unsicher.
    Nun hätte sie klein beigeben müssen. Wäre sie sterblich gewesen, wäre sie hilflos in seinen Bann geraten. Aber dank ihrer neuen Kräfte, von Gregori unterstützt, wehrte sie sich. Immerhin entglitt das Armband ihren tauben Fingern. Dann ballte sie die andere Hand, entspannte sie wieder und befeuchtete ihre Lippen.
    Az roch ihr Adrenalin. Das Cortisol. Sie erschrak. Doch da war noch ein anderer Duft, schwach und süß und kostbar. Die kleine Sophie Bryce, voller Feuer und Sonnenschein und Trotz, fürchtete und begehrte ihn.
    Wie Sirenengesang erhitzte diese Mischung sein Blut. So verführerisch …
    Kein Geschöpf auf Erden hatte seiner Macht jemals widerstanden. Dass sein Sternenengel das vermochte, war ein Fluch und ein Segen. Er wollte seiner Seelengefährtin nicht wehtun. Aber sie ließ ihm keine Wahl, und das genoss er.
    Sein Lächeln wurde breiter und entblößte seine Vampirzähne. Mit gekrümmtem Finger lockte er Sophie zu sich. »Mach es dir leichter, Sonnenschein«, sagte er mit seiner schönen Stimme. »Komm zu mir, und ich beiße dich nur einmal.«
    Kaum merklich weiteten sich ihre Augen. Er sah sie zaudern. Zweifellos erwog sie eine Flucht. Aber ihr Herz pochte zu schnell, das Blut raste durch ihre Adern, das innere Feuer brannte immer noch. Neuer Donner erschütterte das Gebäude und bezeugte den Sturm, der in ihr tobte.
    »Ich fürchte dich nicht«, log sie. Um es zu beweisen, schaute sie nach rechts. Mittels Telekinese hob sie einen Stein aus dem Bücherregal an der Wand. Unglaublich schnell flog der schwere Brocken auf Azraels Kopf zu.
    Als Az die Hand hob, änderte das Geschoss die Richtung, sauste durch das Zimmer und schlug gegen eine Wand. In einem Regen aus Mörtel- und Holzsplittern fiel es zu Boden und zertrümmerte ein paar Bodendielen.
    Keineswegs bezwungen, wandte Sophie sich zum Fenster. In ihren Augen funkelte helle Magie. Az verwandelte seinen Körper in einen Nebelschleier, noch bevor ein Blitz durch das Glas hereinraste, das Zimmer in grelles Weiß tauchte und alle Geräusche verschluckte. In allen Fasern seines Seins spürte Azrael surrende Elektrizität, die ihn mit der Hitze von tausend Sonnen bedrohte. Aber er zerlegte sie in hundert verschiedene statische Punkte, und sie erstarb.
    Nur für einen Sekundenbruchteil hatte der Blitz existiert, war aber aus Vampirsicht im Zeitlupentempo erloschen. Wieder in seiner normalen Gestalt, unbeschadet von dem Angriff, stürzte Azrael sich auf Sophie. Einen fliegenden Stein akzeptierte er, Stromstöße nicht.
    Mochte Sophie auch das Wetter beeinflussen können und imposante telekinetische Kräfte besitzen – größtenteils war sie immer noch menschlich und einem Erzengel nicht ebenbürtig, geschweige denn einem

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