Azraels Auftrag (German Edition)
Anderseits schien es, als wäre dieses Wissen schon immer in ihm vorhanden gewesen.
Langsam stand er auf. Das Erste, was ihm an sich selber auffiel, war die seltsame Kleidung die er trug. Es handelte sich um eine Art Overall. Sehr weich und anschmiegsam legte sich das fremdartige Material um seine Muskeln. Carlos strich mit der Hand über seinen Arm.
Das Material fühlte sich irgendwie warm und lebendig an. Doch sobald Carlos versuchte seinen Unterarm fester zu umschließen, bemerkte er, wie das samtige Material sich veränderte. Je härter der Druck wurde, desto glatter und fester wurde das tiefblaue Material.
Nur die metallisch wirkenden Verstärkungen an den Gelenken und am Halsansatz wirkten zu jeder Zeit kühl und glatt.
Eine Brise wehte vom Meer herüber. Die Luft war sehr warm, es würde bald Sommer werden, ging Carlos durch den Kopf. Langsam wanderte sein Blick in die entgegengesetzte Richtung.
Im Licht der Monde war das Schellmaar-Massiv zu sehen. Langsam ging Carlos zur entgegengesetzten Seite der Hochnadel.
Eine dunkle Gestalt zeichnete sich gegen das Schellmaar-Massiv ab. Sie stand am Rand der Zatar-Büsche, die in wenigen Monaten herrlich fruchtige Beeren hervorbringen würden. Langsam ging Carlos auf sie zu.
Die Gestalt hatte ihm den Rücken zugewandt, ihr langer Umhang bewegte sich im Wind. Die Kapuze war über den Kopf gezogen. Die Gestalt verharrte regungslos und wartete..
Carlos hatte sich bis auf etwa sechs Meter genähert. Eine minimale Drehung ihres Kopfes ließ erkennen, dass die Gestalt etwas gehört zu haben schien. Carlos blieb stehen. Weitere Sekunden vergingen, während sich die Gestalt langsam umdrehte und ihn musterte.
Schließlich fragte Carlos: „Wer bist du?“
Sehr langsam begann die Gestalt, sich zu bewegen. Erst hoben sich die Arme, um mit einer geschmeidigen Bewegung die Kapuze nach hinten zu streifen.
Langes, weißes Haar trat hervor. Der Kopf der Figur drehte sich weiter zur Seite, so dass ein perfektes Profil im Gegenlicht des Schellmaar-Massivs zu erkennen war.
Carlos bemerkte, dass es das Profil einer jungen Frau war. Langsam drehte sich ihr Kopf. Eine sehr zarte und weiche Stimme erklang:
„Wheer iich bhiin?“
Carlos merkte, wie er sich zu verkrampfen begann. Die fremdartige Frau näherte sich. Der Wind spielte mit ihrem schlohweißen Haar.
Langsam bewegte sie sich auf Carlos zu. Wieder öffneten sich ihre Lippen, und sie sagte:
„... iich biin Eleeya!“
Dann blieb sie etwa zwei Meter vor ihm stehen.
Vor Carlos stand ein Mädchen, mochte sie vielleicht zwölf oder dreizehn Jahre alt sein. Trotz des Mondlichts erkannte Carlos sofort das markanteste Merkmal – ihre Augen!
Schon seit seiner Kindheit war er an Katzen gewöhnt. Daher erkannte er die Ähnlichkeit auf den ersten Blick. Große, längsgeschlitzte Pupillen blickten ihn an. Sie legte ihren Kopf schief und verzog den Mund zu einem zarten Lächeln.
Carlos wusste, dass irgendetwas Phantastisches geschehen war. Er befand sich in einer fremdartigen Welt, besaß Informationen, die er überhaupt nicht haben sollte und stand nun einem fremdartigen Mädchen gegenüber. Carlos wusste nicht mehr, an was er glauben sollte. Er merkte, dass sich seine Gefühle zu überschlagen begannen. Es war aber weniger der Umstand, dass er keine Ahnung hatte, wie er an diesen seltsamen Ort kam oder was ihn hier erwarten würde.
Carlos war gefangen von diesen Augen, die ihn aus unergründlichen Tiefen ansahen. Er merkte, wie sein Herz schneller zu schlagen begann.
Doch wer hier vor ihm stand, war ein Mädchen! Sie könnte seine Tochter sein! Was war los mit ihm? Und dann ging ihm durch den Sinn, dass es sich ja genau genommen noch nicht mal um ein Mädchen handelte.
Carlos stand einfach stumm da und sah Eleeya an. Eine stärkere Windböe wirbelte ihre schneeweißen Haare zur Seite. Was Carlos nun sah, ließ seinen Mund aufklappen. Er sah lange, spitze Ohren die in einem Haarbüschel endeten. Wie bei einem Luchs bildeten die weißen Härchen den Abschluss.
Genau so hatte er sich immer eine Fee oder Ähnliches vorgestellt. War dieser Ort vielleicht der Himmel? Er konnte sich schlechteres vorstellen!
Eleeya war amüsiert als sie bemerkte, wie ihr Gegenüber ihre Ohren musterte. Er selbst hatte nur sehr kleine, runde Ohren, doch das war nicht weiter schlimm. Eleeya drehte die Ohren leicht nach außen und bewegte sie dann auf und ab, als würde sie damit winken.
Carlos bemerkte, dass er sie anstarrte. Schnell schloss er
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