Azraels Auftrag (German Edition)
dieser fremden Landschaft, welche durch die aufgehenden Sonnen in ein rosafarbenes Licht getaucht war.
Das fremde Meer mit den kleinen Inselgruppen, das Schellmaar-Massiv, das Tjadoor-Tal...
... und schließlich der schwerelos hängende Typhoon, oder was immer diese Ding auch sein mochte.
„Na, dann erzähl’ mal. Ich bin ganz Ohr !“
Eleeya blickte zu Carlos rüber. Der winkte kurz mit seiner rechten Hand und meinte: „... er macht gerade einen Scherz, er meint es nicht so!“
Eleeya stand auf. Noch immer trug sie ihr langes Cape, und es war bereits sehr warm. Ihren Blick auf Carlos gerichtet öffnete sie das Verschlussband am Hals.
Dann streifte sie das Cape ab und faltete es zusammen. Unter dem Cape trug sie immer noch ihre Zeremonientracht aus weißem Leder, wie es ihr Azrael beschrieben hatte. Weiße Arm- und Beinschienen vervollständigten die Tracht. Ihre hauchzarten, libellenartigen Flügel entfalteten sich und schimmerten in allen Regenbogenfarben.
Carlos erhob sich ebenfalls. Er bemerkte, dass sein Mund zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit offen stand. Sein Blick ging zu Mika, der seine rechte Augenbraue hochzog.
„Mist“, dachte Carlos, „jetzt zieht er mich gleich wieder auf.“
Schnell lenkte er ab, indem er zu Mika sagte: „He, Amigo, ich weiß nicht, wie es dir geht, doch mir knurrt der Magen.“
Mika überlegte kurz.
„Ja, stimmt. Ein kleiner Snack wäre nicht schlecht.“ Im selben Moment erkannte er in seinen neuen Erinnerungen, dass sich in seinem Anzug ebenfalls entsprechende Notverpflegungen befinden sollten.
Voller Vorfreude auf einen knackigen Schokoriegel griff er zur rechten Beintasche, doch dann bemerkte er, dass sich keine Öffnung im Material befand. Aber ganz deutlich spürte er, dass dort etwas war.
Mika griff mit der Hand an die Stelle, wo sich normalerweise eine Tasche befinden sollte. Im selben Moment ging eine Veränderung mit dem Anzug vor sich. Auf der glatten Oberfläche entstand erst ein kleiner Spalt, der sich sofort vergrößerte.
„Oha...“ entfuhr es Mika. Er griff in die Beintasche. Doch anstelle eines Schokoriegels hielt er etwas anders in der Hand.
Ungläubig hielt er den Gegenstand hoch und drehte ihn vor seinem Gesicht.
Der Gegenstand war etwa 10 cm lang und verjüngte sich von einem Ende zum anderen. Es handelte sich eindeutig um einen Gegenstand pflanzlichen Ursprungs.
Noch immer hielt er die orangene Rübe hoch, musterte das Grünzeug, das aus dem dicken Ende herausragte und sagte: „Ich glaube, das Ganze wird noch sehr interessant werden.“
KAPITEL ZWEI
Vidi
Zwischenwelt, ein Tag später
Die Gruppe hatte sich auf dem dreißig Meter durchmessenden Ausläufer der Nadel versammelt. Ein drei Meter breiter Steg, in etwa vierzig Meter lang, verband das Plateau mit der Nadel. Der Steg bestand aus massivem Fels. Fast vierhundert Meter fiel er senkrecht nach unten ab.
„Ich kann mir nicht helfen“, sagte Mika nach einiger Zeit. „Es scheint so, als ob wir uns im Moment mit der Situation abfinden müssen. Obwohl das Ganze wie ein schlechter Traum wirkt, klingen deine Erklärungen glaubwürdig.“
Mika schüttelte den Kopf und legte eine Pause ein.
„Die Geschichte mit den Wächtern und dem ominösen Auftrag hört sich an wie das Drehbuch zu einem neuen Roland Emmerich Film.“
Er stieß mit seiner Stiefelspitze einen kleinen Stein zur Seite.
„Na gut, Eselsohr, wir machen mit“, ergänzte er und blickte zu Eleeya herüber. Für einen Augenblick ging ein Funkeln durch ihre Augen und die Lippen formten ein Lächeln.
„Aber ich will dir eins sagen – irgendetwas in mir schreit förmlich, das hier etwas nicht in Ordnung ist. Ich kann es nicht näher beschreiben, es ist nur ein Gefühl. Sollte ich irgendetwas Konkretes bemerken, das mein Gefühl bestätigt, kannst du das Ding alleine durchziehen. Ist das klar?“
Eleeya sah Mika an. Ihr Mund öffnete sich, als wollte sie etwas sagen. Doch dann hob sie ruckartig ihr Kinn, um anschließend den Kopf wieder zu senken. Ihr Blick heftete sich auf Mikas Füße.
„OK“, fuhr Mika fort. „Na gut. Und wenn ich dich richtig verstanden habe, sollen wir jetzt anfangen, mit dem Ding da hinten zu üben.“ Dabei nickte er mit seinem Kopf in Richtung der glänzenden Maschine, die nun in einem Meter Höhe reglos über dem Boden schwebte.
„Mhhhm!“
„Das können wir uns schenken. Du hast gesagt, dass an dieser Mühle bis auf ein paar winzige
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