Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Azulamar: Der Erbe von Atlantis (German Edition)

Azulamar: Der Erbe von Atlantis (German Edition)

Titel: Azulamar: Der Erbe von Atlantis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah-Janina Hannemann
Vom Netzwerk:
immer war, wenn Eric zu sprechen begann: Die Situation lockerte sich sofort auf. Seine Stimme hatte einen weichen Klang – was vielleicht an den illegalen Substanzen lag, die er regelmäßig konsumierte – und er klang entspannt und gelassen. Seine morgendliche Müdigkeit war um diese Uhrzeit schon verflogen, und ein eher seltener Tatendrang stellte sich bei ihm ein. Wer den bekifften Eric kannte, der eigentlich nur dalag und die Wolken beobachtete, konnte sich kaum vorstellen, dass er es so sehr liebte, Sport zu treiben, zu surfen und zu feiern.
    Scott und Barney gingen sofort mit einem zustimmenden Lachen darauf ein, aber Tyler sah noch ein wenig skeptisch aus.
    »Natürlich steht der Trip noch«, begann er zögerlich, »aber ich verspreche euch, dass ich Sullivan nicht so davonkommen lasse.«
    Er verzog seinen Mund zu einer Grimasse und senkte den Kopf herab. Wir starrten ihn alle an, und als er wieder aufsah, starrte er nicht zurück. Sein Blick ging ins Leere, und ich verstand, dass sich vor seinen Augen gerade eine Szene abspielte, in der er sich an River rächte. Ich war nicht in der Lage, Angst um River zu haben – ich hatte sowieso gesehen, dass er sehr gut auf sich selbst aufpassen konnte –, aber doch kroch das klamme Gefühl von Sorge meine Glieder herauf. Tylers gekränkter Stolz war Grund genug, um besorgt zu sein.
    »Ich muss nach Hause«, schloss ich das Gespräch ab. »Aber ich komme um sechzehn Uhr runter zum Strand.«
    »Hast du die Wegbeschreibung noch?«, fragte Eric mich. »Wie ich sagte, ich komme nicht sofort mit. Ich hab noch zu viel zu tun.«
    »Klar. Kein Problem.« Ich knuffte Eric in die Seite und wandte mich meinen neuen Freunden zu: »Gute Besserung, Tyler. Wir sehen uns später.«
    Mit diesen Worten wandte ich mich um und verließ fluchtartig den Raum.
    Wenige Zeit später saß ich schon in meinem Auto und war auf dem Weg zum Strand.
    Mit meinen Gedanken hing ich immer noch an dem Moment fest, in dem sich Rivers und mein Blick getroffen hatten.
    Verwundbarkeit und Unnahbarkeit zugleich. Was war River nur für ein ungewöhnlicher Mensch!
    Doch jetzt konnte und wollte ich nicht länger über ihn nachgrübeln. Wenn sich meine Vermutungen bestätigten, würde er sich in den nächsten Tagen noch kühler verhalten als sowieso schon, und das war vielleicht das Beste. Denn wenn er nun eine ähnlich provozierende Haltung an den Tag legen würde, die Tyler selbst gezeigt und ihn in diese Lage gebracht hatte, dann würde sich Tyler vielleicht wirklich nicht davon abhalten lassen, irgendeine Art von Rache auszuüben. Und das bereitete mir ein ungutes Gefühl.
    Ich bog ab, wählte den direkten, schnellen Weg zur Küste, und da mir plötzlich einfiel, dass ich ja noch ein paar Snacks für meine Freunde hatte kaufen wollen, nahm ich gleich wieder die nächste Abzweigung, die mich zu einer Tankstelle mit einem kleinen Supermarkt führte.
    Der Tag war noch viel schöner geworden, als die Sonne am Morgen vermuten ließ: Nur zwei oder drei kleine weiße Wolken zeigten sich als lichterfüllte Sprenkel auf dem ansonsten makellosen, beinahe fliederfarbenen Himmel.
    Ich parkte mein Auto, schloss es nicht ab. Das hatte ich wohl von meinem Dad Tom, der bei solchen Sachen auch eher schluderig war. Warum auch nicht? Melbour gehörte zu den zehn Städten, die die niedrigste Kriminalitätsrate hatten. Bis auf die jugendlichen Auseinandersetzungen gab es hier im Prinzip keine Gewalt und keine Verbrechen – da war ich von Santa Monica, oder eher von der Downtown Santa Monicas, ganz anderes gewöhnt. Isabel und Tom hatten immer aufgepasst, dass ich mich von solchen Gegenden fernhielt, aber es war wohl nur normal, dass ich durch die Schule einiges mitbekam, was da abging. Zwar waren selbst die schlimmsten Viertel nicht mit den Elendsgossen aus New York vergleichbar, aber doch gefährlich genug, um sich als Mädchen zu keiner Tageszeit dort blicken zu lassen. Schließlich betrat ich den kleinen Shop und sah mich einer Frau von etwa fünfundfünfzig Jahren gegenüber, deren Gesicht ungewöhnlich aufgedunsen wirkte. Ich verkniff es mir, eine Augenbraue hochzuziehen – denn ich war mir sicher, dass mein Vater mir jetzt mit gedämpfter Stimme erklären würde, dass diese Frau ihre voluminöse Figur zu viel Alkohol und einer zersoffenen Leber verdankte.
    Kaugummi kauend blickte sie mich recht ausdruckslos an. Sie gehörte auf jeden Fall schon zu der ärmeren Bevölkerungsschicht, die eher aus Santa Monica hier

Weitere Kostenlose Bücher