Azulamar: Der Erbe von Atlantis (German Edition)
nein, ihre Haut war cremig-hell wie Honig, und die Kiemen, die sich in ihr Gesicht zogen, fielen praktisch überhaupt nicht auf. In dem Kleid, das sie trug – es bestand nur aus einer einzigen Stoffbahn von blasspurpurfarbener Seide, die man spielerisch-leicht um Paradise’ Körper geschlungen hatte – sah sie einfach nur aus wie ein göttliches Geschöpf.
Neben ihr spürte ich regelrecht, wie ich verblasste.
Mein dunkles Haar war im Wasser mit Sicherheit zerzaust und unordentlich. Ich war nicht so groß wie sie, obwohl ich in meiner Schulklassezu den Größten zählte. Und ich hatte nichts von dieser übernatürlichen Ausstrahlung.
Ich schluckte erneut, als River ihr behutsam eine entwischte goldene Strähne zurück hinters Ohr schob und so aussah, als ob es ihm sehr schwerfallen würde, seinen Blick von Paradise zu lösen.
Scheinbar widerwillig drehte er sich zu mir herum. »Ashlyn, darf ich dir meine zauberhafte Cousine Paradise vorstellen? Paradise, das ist Ashlyn! «
Paradise schenkte mir ein strahlendes Lächeln. »Hallo, Ashlyn«, sagte sie herzlich. »Du bist also das Mädchen, das River so den Kopf verdreht hat. Ich dachte zwar eigentlich, dass er nur genervt ist und dich nicht leiden kann, aber anscheinend sind da doch ganz andere Gefühle …« River hatte sich anscheinend sogar bei seinen Verwandten beschwert, dass es dieses unglaublich hartnäckige Mädchen gab, das einfach nicht lockerlassen wollte … Hatte er sich wirklich so schlecht über mich geäußert?
Nachdenklich kaute ich auf meiner Unterlippe herum. Ich spürte, wie in mir Neid keimte. Paradise war so schön. Und River ging mit ihr so – intim um. Wie er sie ansah, wie sein Arm auf ihrer Hüfte ruhte …
»Wir waren anfangs wohl beide nicht sehr voneinander begeistert«, erwiderte ich vage und neutral, weil ich Paradise nicht einschätzen konnte. »Aber ja, dein Cousin und ich sind – ein Paar.« Ich
musste
das einfach nochmals betonen.
»Klar«, antwortete Paradise lächelnd, »andernfalls hätte er dir Viorev auch nicht gegeben, und du wärest schon längst ertrunken.«
Ich wollte zu einer empörten Antwort ansetzen, doch dazu kam es nicht.
Paradise hatte sich nämlich schon wieder River zugewandt. »River, Großmutter lässt dir sagen, dass sie dich sofort sprechen will, wenn du das nächste Mal auftauchst. Also praktisch – jetzt.«
»Dann werde ich mich mal lieber auf den Weg zu ihr machen«, stimmte River zu, und Paradise und er machten sich auf den Weg in den Palast, ohne sich noch einmal nach mir umzudrehen.
Perplex sah ich ihnen hinterher. Erwartete River, dass ich ihm folgte? Oder sollte ich auf ihn warten? Ich konnte doch nicht einfach in den Palast des Königsgeschlechtes von Azulamar hineinmarschieren, als ob ich dort zu Hause wäre!
»Der Prinz ist ein wenig kompliziert, aber macht Euch keine Sorgen. So ist er immer«, vernahm ich eine sanfte Stimme neben mir.
»Ihr seid Dracion, nicht wahr? Der General der Leibwache der Königin«, fragte ich ihn.
»Das ist richtig.« Er verneigte sich leicht. »Verzeiht, Euren Namen kenne ich noch nicht.«
»Ich heiße Ashlyn«, stellte ich mich vor, »und ich bin die Freundin von River …«
»Das war nicht zu übersehen. Wie gesagt, der Prinz hängt sehr an seiner Familie, besonders auch an seiner Cousine, Prinzessin Paradise. Aber das ist kein Grund zur Sorge, wirklich nicht«, erwiderte Dracion. »Lasst uns hineingehen. Ich bin mir sicher, dass Königin Hippolyta auch Euch gerne kennenlernen würde.«
Er geleitete mich hinein und ließ mir genug Zeit, die strahlenden, hellen Gänge genau zu betrachten, während er mich in den Thronsaal brachte.
»Hier wären wir …«, sagte er und wollte die Flügeltore öffnen lassen.
»Moment noch!«, rief ich. »Wie muss ich mich der Königin gegenüber verhalten? Ich kenne dieses ganze Hofzeremoniell doch gar nicht …«
»Gebt Euch höflich, aber nicht unterwürfig, antwortet ihr ehrlich, aber nicht ruppig. Seht ihr immer in die Augen, aber starrt sie nicht an«, fasste Dracion die anscheinend drei wichtigsten Regeln zusammen, dann öffnete er die Türen und schob mich einfach hinein.
Ich stolperte vorwärts – obwohl ich schwamm – und sog scharf die Luft im Wasser ein. Der Thronsaal, der anscheinend den Mittelpunkt des Palastes darstellte, war zwar an sich absolut leer, aber was ich sah, reichte vollkommen, um mich zu verzaubern.
Die Wände waren aus glitzerndem, eisblauem Gestein gefertigt, und eine Treppe führte zu
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