Azulamar: Der Erbe von Atlantis (German Edition)
gab ich ihnen nach. Sie hinterließen heiße Spuren auf meinen Wangen, doch niemand hörte mich – ich war allein. Und ebenso allein würde ich River retten.
Koste es, was es wolle.
10. Kapitel
D IE P ROPHEZEIUNG
W enig später war ich zu dem Haus meines Vaters zurückgewankt. Die Tür war nur angelehnt, und ich sah, dass er immer noch auf dem Boden lag.
»Dad!« Schockiert stürzte ich zu ihm – erst dann erkannte ich, dass auch er einen Betäubungspfeil von Skelter abbekommen hatte.
Wahrscheinlich hatte Skelter ihn angeschossen, bevor er mit River verschwunden war. Nervös fuhr ich mir mit der Zunge über die Lippen. Ich konnte ihn doch nicht einfach liegen lassen …! Aber mitnehmen konnte ich ihn auch nicht … Schließlich entschied ich mich dafür, meinen Dad auf ein Sofa zu hieven und mir den Betäubungspfeil näher an zu sehen.
Als ich ihn berührte, spürte ich, dass man ihn erstaunlich leicht aus dem Oberarm meines Vaters ziehen konnte – und dass er beinahe biegsam war.
Ich hatte mich geirrt: Es war kein massiver Metallbolzen, sondern nur ein flexibler Pfeil, mit einem Serum gefüllt, und von einer glitzernden, silbernen Schicht überzogen. Dadurch ließ sich auch erklären, dass mein Vater bis auf eine kleine Wunde und eine Beule an seinem Kopf keine schlimmeren Verletzungen hatte.
»Es tut mir so leid, Papa«, flüsterte ich.
Hätte ich River nicht zu ihm gebracht, wäre ihm nichts geschehen. Erst dann erinnerte ich mich an das Papier, das mir mein Vater gegeben hatte – und das nun ziemlich durchweicht war.
Vielleicht hätte ich damit nicht schwimmen gehen sollen …
Ich zog es behutsam aus der Hemdtasche, entfaltete es und runzelte sogleich die Stirn. Das Wasser hatte Gott sei Dank wenig Schaden angerichtet, denn es handelte sich weder um handgeschriebene Zeilen noch um ein richtiges Bild. Nein, es war ein Gebäudeplan, der wohl am Computer ausgedruckt und dementsprechend gut zu erkennen war.
Wozu hatte mein Vater ihn mir mitgeben wollen? Was sollte das sein? Verwirrt drehte ich es herum, doch noch immer ergab es keinen rechten Sinn.
Welches Gebäude sollte es darstellen? Und warum besaß mein Vater diese Zeichnung, warum hatte er sie mir gegeben?
Die Erkenntnis traf mich wie ein Blitz.
Es war das Labor, in dem mein Vater früher gearbeitet hatte und das jetzt Gregory gehörte. Das Labor, in das Skelter River zweifelsohne bringen würde. Und mit diesem Lageplan hatte ich zumindest eine geringe Chance, irgendeinen Weg hinein zu finden, um River zu befreien. »Danke, Papa«, murmelte ich leise. »Ich weiß, dass du uns helfen willst. Und glaub mir, ich werde alles tun, um River zu retten …« Ich küsste meinen Vater auf die Stirn. Auch wenn er mich momentan nicht hören konnte, diese Worte auszusprechen, gab mir selbst Mut.
Meine Kleidung war mittlerweile wieder trocken.
Endlich kam Bewegung in meine zuvor schwachen Glieder. Es wartete so viel auf mich, was getan werden musste … Ich warf meinem Vater einen letzten Blick zu, dann verließ ich das Haus, um im Auto nachzusehen, ob River noch irgendetwas dabei gehabt hatte. Ich entdeckte seinen Rucksack mit etwas Geld darin, eine Landkarte und auch sein Handy. Außerdem befand sich noch ein weiteres Hemd von River in der Tasche, das, das er wahrscheinlich angehabt hatte, bevor wir zusammen schwimmen gegangen waren.
Ich zog mich im Auto um – denn dieses Hemd roch noch genau nach River, während es sich glatt und kühl an meine Haut schmiegte.
Die nächsten Stunden zu beschreiben, ist beinahe sinnlos, denn alles, was ich tat, war nur darauf beschränkt, irgendwie nach Hause zu kommen, beziehungsweise in die Nähe von Melbour, um mich genau zu erkundigen, wo das Labor sich befand. Ich wusste nur, dass es nicht exakt in Melbour lag, sondern etwas außerhalb.
Doch wieder zurückzukommen stellte sich als äußerst schwer heraus. Ich konnte das Auto nicht nehmen, denn die Reifen waren unbrauchbar geworden. Und der Wagen meines Vaters war gerade in der Reparatur, also fiel auch diese Möglichkeit weg. Ich besaß nicht mehr genügend Geld, um mir ein Taxi zu nehmen, außerdem befürchtete ich, dass Gregory und Isabel bereits übers Radio eine Suche rausgegeben hatten, die genau auf mich zutreffen würde.
Deswegen tat ich etwas, was ich noch nie getan hatte und mir eigentlich auch vorgenommen hatte, es nie zu tun: Ich fuhr per Anhalter.
Ich hatte Glück, und es hielten meistens ältere Damen an, die zwar langsame Autos besaßen, aber
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