Azurblaue Gewalt (Carla, John und Franklyn)
hätten ihnen gar nichts erzählt. Wir werden schon allein herausfinden, was oder wer dieses Chaos veranstaltet hat“, sagte Franklyn getrübt. „Diese Idioten, ich hätte wirklich mehr von ihnen erwartet.“
„Ich finde es unverschämt, uns einen Vollrausch zu unterstellen“, beschwerte sich John. „An so etwas könnt Ihr erkennen, wer die wahren Freunde sind.“
Die Nachbarn waren somit als Hilfe auszuschließen. Sie hatten kein Verständnis für die Probleme der Freunde. John und Franklyn hätten ihnen zum Dank am liebsten in ihren Allerwertesten getreten, hielten sich vor den Frauen aber mit bösen Äußerungen zurück.
„ Kommt her, wir halten eine Krisensitzung ab. Kommt an den Tisch, wir beraten, was als nächstes zu tun ist“, forderte John alle Anwesenden auf. Sarah fühlte sich nicht angesprochen, schließlich war sie noch ein Kind. Sie musste jetzt mit Don Camillo spielen. Ihr war dies viel wichtiger, als sich mit Erwachsenen an einen Tisch zu setzen und zu reden. Reden ist uncool, dachte sie.
„Sollen wir die Polizei um Hilfe bitten?“, fragte Carla in die Runde.
„Was sollten wir denen erzählen? Wir haben eine tote Maus mit Genickbruch im Garten, helfen Sie uns . Oder sollen wir sagen: Wir haben ein Nagetier im Garten liegen, dem man die Beine abgerissen hat. Das arme Tier ist völlig blutverschmiert ?“ Sally war gegen den Einsatz der Polizei, wusste aber keine bessere Lösung, die sie hätte vorbringen können.
„Ich bin dafür, dass wir die Entwicklung der Dinge abwarten. Wenn es eine einmalige Angelegenheit war, sollten wir sie tunlichst vergessen. Vielleicht hat uns wirklich nur jemand einen Streich gespielt, um uns einz uschüchtern. Vielleicht will uns tatsächlich nur eine Gruppe Jugendlicher einen Streich spielen“, sagte Franklyn in beruhigender Absicht.
„Wenn es sich aber wiederholt, rufe ich sofort die P olizei“, antwortete Carla. „Wenn es auch nur Nagetiere sind, die so fürchterlich verunstaltet wurden… sie haben genau wie wir eine Daseinsberechtigung. Man darf ihnen nicht einfach die Beine ausreißen und ihnen das Genick brechen. Das ist ekelhaft und pervers!“
„Ja, Carla, aber du kannst wegen einer toten Maus nicht die Polizei rufen. Die sperren uns ein“, befürchtete John. „Vermutlich sind wir völlig panisch, und das ist genau das, was Derjenige erreichen will, der uns das a ngetan hat. Oder Diejenige.“
„Du meinst, verschobene Felsen sind kein Grund, die Polizei zu rufen?“
„Nein, genau das meine ich. Beruhige dich. Wir schieben die Steine zurück, oder säen neuen Rasen auf den Stellen, wo sie zuvor standen. Der Rest wird sich klären. Ich habe keine Lust auf Nachbarn, die sich an unserem Gartenzaun die Nase platt stehen. Anschließend kannst du dich hier nicht mehr hinwagen, ohne ausgelacht zu werden.“
„Ich hoffe, du hast Recht , und dass sich unsere Ängste in Luft auflösen“, sagte Carla angsterfüllt.
In der folgenden Nacht erwachte John schweißgebadet. Ein Gefühl von Panik durchschoss seinen Körper. Eine kräftige Portion Adrenalin ließ sein Herz heftig schlagen. Hatte er schlecht geträumt? Nein, daran konnte er sich nicht erinnern. Der Hormonstoß musste folglich einen anderen Grund haben. Da war es wieder. Ein unerklärliches Geräusch, das wie Schritte klang. Diese Schritte kamen nicht aus dem Haus. Sie schienen von draußen in sein Schlafzimmer einzudringen.
Nachdem er seine Gedanken sortiert hatte und aufg ewacht war, erhob er sich aus dem Bett. Seine Absicht war jetzt, dem Geräusch auf den Grund zu gehen. Auf dem Weg zum Wohnzimmer, den er in fast völliger Dunkelheit hinter sich legen wollte, stolperte er über einen achtlos in den Flur gestellten Hausschuh. Er trat so ungünstig auf die Kante des Schuhs, dass dieser ihm den kleinen Zeh umknickte. Heftige Schmerzen ließen ihn fluchen. Aus Reflex zog er sein Bein beiseite, welches zur Folge hatte, dass er das Gleichgewicht verlor und mit dem Kopf gegen die halb offene Tür stieß. Erneut musste er fluchen. Warum hatte er nicht einfach das Licht eingeschaltet? Im Nachhinein ärgerte er sich über sich selbst. Aus lauter Rücksicht auf seine Mitbewohner hatte er den Lichtschalter nicht betätigt, denn er wollte niemanden aufwecken. Als er es schließlich schaffte ins Wohnzimmer zu gelangen, entdeckte er durch die großen Scheiben der Terrassentür die kleine Sarah, die durch den Garten zu irren schien. Völlig ziellos und sehr langsam schlenderte sie
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