Azurblaue Gewalt (Carla, John und Franklyn)
Blick ging mitten durch mich hindurch. Und als ich sie mit ins Haus nehmen wollte, lief sie einfach weiter. Ich konnte sie noch nicht einmal aufhalten.“
„Was heißt, du konntest sie nicht aufhalten?“
„Ich habe versucht, sie festzuhalten oder sie hochzunehmen. Es funktionierte nicht, sie fühlte sich an, wie ein rollender Panzer. Ich konnte sie mit der Hand nicht bremsen. Erst, als sie aus dieser seltsamen Starre erwachte, konnte ich wieder Einfluss auf sie nehmen.“
Anschließend wandte er sich an Franklyn und Carla. „Erinnert Ihr Euch an unsere seltsame Situation, als wir gegrillt hatten?“
„Was meinst du damit? An was sollen wir uns erinnern?“, fragte Franklyn.
„Sally kniete während des Grillens auf allen Vieren vor einem Maulwurfshügel. Als wir sie hochnehmen wollten, war sie so schwer, wie ein Elefant.“
„Danke, John“, antwortete Sally. „Ich habe gerade drei Kilo abgenommen. Mich mit einem Elefanten zu vergleichen ist nicht das, was ich als nett bezeichne.“
„ Es war sicher nicht böse gemeint. Ja, natürlich erinnern wir uns daran“, antwortete Carla. „Vielleicht liegt das Phänomen in der Familie.“ Sie wandte sich an Sally. „Liegt das Schlafwandeln vielleicht in den Genen deiner Familie?“
„Nicht, dass ich wüsste. So etwas ist bei uns noch nie vorgekommen.“ Sally grübelte ein wenig. „Nein, wirklich nicht. So etwas gibt es genetisch betrachtet nicht bei uns.“
„Kann es vielleicht eine Krankheit sein?“, fragte Franklyn, doch er beantwortete sich seine Frage direkt selbst. „Nein, das ist Unsinn. Wenn es eine Krankheit wäre, könnte ich mir nicht erklären, warum Ihr schlagartig so schwer wie Elefanten werdet oder zumindest so schwer zu bewegen ward, während Ihr Euch in dieser Starre befandet.“
„Freunde, lasst uns wieder in unser e Betten gehen. Wir können das genauso gut morgen Früh ausdiskutieren. Ich bin müde, außerdem habe ich jetzt keine Lust mehr, mir den Kopf mit diesem Unsinn zu zermartern“, warf Sally gähnend ein. Sie erhob sich und steuerte bereits ihr Bett an.
„Gute Idee, ich denke, du hast Recht. Die Nacht ist viel zu wertvoll, als dass wir sie zum Diskutieren über so einen Unsinn nutzen sollten“, antwortete Franklyn. Auch er erhob sich gähnend und ging in Richtung Flur. „Gute Nacht. Bis morgen früh.“
John und Carla sahen sich kurz an, erhoben sich und gingen ebenfalls zurück in ihr Bett.
Der Rest der Nacht bescherte ihnen allen abgesehen von Sarah eine Fülle fürchterlicher Albträume. Mord und Todschlag, Unfälle und Trauer. Alles, was einen Horrorfilm spannend machen würde, geisterte ihnen durch den Kopf. Ein verrückter Traum jagte den nächsten. Doch wurden sie während dieser unangenehmen Phase nicht annähernd wach. Die Albtraumphase hielt sie fest in ihrem Bann. Sarah hingegen blieb von Albträumen verschont. Womöglich schlief sie zu tief, um zu träumen. Vielleicht lagen aber auch andere Gründe vor, weshalb ausgerechnet sie nicht von Albträumen heimgesucht wurde.
Diesmal war es Sally, die während der Nacht unverhofft erwachte. Ihr Puls raste, denn auch sie glaubte, ein Geräusch gehört zu haben. Es dauerte eine Weile, bis sie ihre Augen endlich öffnen und etwas erkennen konnte. Ihre Lider waren durch den Schlaf ziemlich verklebt. Als sie es endlich schaffte, mit klarem Blick geradeaus zu blicken, durchfuhr schlagartig große Panik ihren Körper. Zwei blau leuchtende Augen befanden sich im Abstand von circa vier Zoll vor ihrem Gesicht und leuchteten ihr direkt in die Pupillen. Sally schrie, so laut sie konnte, war körperlich aber nahezu gelähmt. Der Schock steckte dermaßen heftig in ihren Adern, als dass sie auch nur zu einem Hauch von Bewegung fähig gewesen wäre. Nach den ersten Schrecksekunden versuchte sie, mit Händen und Füßen gegen das anzukommen, was auf ihr saß. Es war aber schlichtweg unmöglich, dieses Etwas von ihr herunterzuwerfen. Es war viel zu schwer. Es bewegte sich nicht im Geringsten, doch es griff sie nicht an, es beobachtete sie lediglich. Allein das blaue Leuchten verursachte eine Urangst in ihr, dass sie außer um sich zu schlagen und zu schreien zu nichts Anderem in der Lage war. Rationale Gedanken waren ihr völlig verwehrt. Ihre Handlungen wurden ausschließlich von blanker Panik gesteuert. Fast wäre ihr vor lauter Angst das Herz stehen geblieben.
Franklyn war vor lauter Schreck über Sallys Schreie aus dem Bett gefallen und hatte sich heftig den Kopf an
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