Azurblaue Gewalt (Carla, John und Franklyn)
absolutes Rätsel. An seiner Stelle hätte ich versucht, durch den Querverkehr zu schießen und uns abzuhängen oder zumindest rechts abzubiegen. Er hätte jemanden rammen können, ja, das hätte passieren können, aber dass er uns hilft, hätte ich nicht von ihm erwartet. In gewisser Weise war das sehr nett von ihm“, spottete der Vorgesetzte.
„Unsere Kollegen hätten ihn nicht verprügeln sollen. Schließlich hat er uns geholfen.“
„Ich würde dem Idioten am liebsten in den Hintern treten. Wegen ihm konnte ich das Footballspiel nicht zu Ende sehen. Und mein Kaffee, der im Büro auf mich wartet, ist jetzt bestimmt auch kalt. Dieser Idiot, ich hasse ihn dafür! Und mal ganz davon abgesehen hat er Drogen durch die Gegend kutschiert. Allein dafür sollte man ihn windelweich prügeln.“
Die drei Polizisten mussten über ihre eigenen Witze lachen. Sie beschlagnahmten die Drogen und packten sie in eines ihrer Einsatzfahrzeuge.
„…dass uns bloß keiner der Passanten auf die Idee kommt, davon zu naschen“, sagte der Vorgesetzte und grinste. Einen derartigen Erfolg in der Drogenfahndung stand nicht gerade auf seiner Tagesordnung. Sein Erfolgserlebnis war wirklich enorm groß. Stolz trug er die schweren Kartons zu seinem Kofferraum. Sie mussten mehrere Male laufen, so viele Kartons hatte der Kurier in seinem Fahrzeug geladen.
John war sehr neugierig und wandte sich an einen P olizisten. „Ich finde es hervorragend, wie Sie ihn gefangen haben. So etwas habe ich live noch nie miterlebt. Man sieht es immer im Fernsehen, aber dass ich persönlich bei einer Verfolgung zusehen durfte, hatte ich mir bisher nie erträumt.“
„Ja, das war wirklich eine gute Leistung unserer Mä nner. Dieser Idiot hatte bereits eine Sperre durchbrochen, wahrscheinlich ist er deshalb gefahren, wie ein Irrer. Er wusste, was ihm blüht, wenn er gefangen wird. Allerdings muss ich sagen, dass sein Verhalten äußerst seltsam war. Kein anderer Kurier hätte sich freiwillig durch eine Vollbremsung selbst in Gefahr gebracht. Dass er dabei niemanden verletzt hatte, grenzt an ein Wunder. Und seine Landung auf den Reifen war ebenfalls sensationell. Es machte auf mich fast den Eindruck, als hätte man ihn ferngesteuert. Wie auf Knopfdruck entschied er sich dazu, seine Flucht abzubrechen und sich uns zu stellen. Na gut, ich muss sagen, ganz freiwillig hat er sich nicht in Ketten legen lassen, aber das waren Kleinigkeiten. Wir haben ihn lebendig gefasst, das ist das Wichtigste.“
W elches Erlebnis führte zu einem derartig massiven Wandel seiner Handlungen? Warum gab der Flüchtige plötzlich so schnell auf? Niemand konnte sich dieses Verhalten erklären. Es gab noch nicht einmal ansatzweise Theorien.
Als die Polizisten den Gefangenen nach getaner Arbeit abführten und in einen Streifenwagen steckten, jubelte die Menge , die die Aktion beobachtete. Komplimente, Jubelrufe und Applaus erschallten von überall her. Mittlerweile hatten sich sogar Fenster in den umliegenden Häusern geöffnet, und auch von dort wedelten Arme, die die Freude der Menschen zum Ausdruck brachten. Ein derart positives Verhalten hatten die Polizisten in ihrer gesamten Laufbahn noch nicht erlebt. Dass sie so gelobt und geachtet wurden, tat ihnen sehr gut und stärkte ihr Selbstbewusstsein. Es war ein wunderschöner Abend. Die Sonne ließ ihre letzten rot-orangenen Strahlen über den Horizont gleiten und zauberte ein romantisches Feuer. Man konnte bereits die ersten Sterne funkeln sehen. Ein Flugzeug zog eine weiß leuchtende Linie über den Himmel. Das Glitzern und Blinken der Beleuchtung auf den Dächern der Einsatzfahrzeuge wurde langsam weniger. Auch die Sirenen verstummten. Es trat wieder Ruhe ein, und die Menschen setzten ihre Einkäufe fort. Reinigungspersonal war damit beschäftigt, die Trümmer des Unfallfahrzeugs zusammenzukehren und die Straße wieder in ein befahrbares Areal zu verwandeln.
Feuer
Nachdem sich die Gemüter beruhigt hatten, setzten sich die fünf und auch der Hund wieder ins Taxi. Der Fahrer war bereits wieder eingestiegen, denn jede Minute, die er nicht fuhr, brachte ihm eine finanzielle Einbuße. Die Sicherheitsgurte klickten reihum, und als der Fahrer feststellte, dass alle Fahrgäste auf den besetzten Plätzen ihre Gurte korrekt angelegt hatten, fuhr er los. Bis zum Abflug waren es noch zwei Stunden. Sie hatten also in zeitlicher Hinsicht noch ein gutes Polster, obwohl der Zwischenfall, den sie soeben beobachtet hatten, einiges an Zeit
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