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Azurblaue Gewalt (Carla, John und Franklyn)

Azurblaue Gewalt (Carla, John und Franklyn)

Titel: Azurblaue Gewalt (Carla, John und Franklyn) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Schaberick
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Krone auf. Beschämt drehte sich der Halbstarke auf den Bauch und hielt sich den Kopf fest.
    „Dies wird ihm eine Lehre sein“, sagte Sally und nahm die Frau beiseite. „Lassen Sie uns gehen. Wo ein böser Mensch ist, gibt es ganz sicher noch weitere. Bevor die kommen, sollten wir hier verschwunden sein. Ich weiß nicht, ob Sie es auch mit einer ganzen Horde Halbstarker aufnehmen können.“
    Mit erhobenem Haupt stolzierend verließ die Dame den Tatort und stieg in ihre Bahn. Sie hatte es sich anders überlegt und wollte nun doch keinen Alkohol mehr tri nken. Sicher war dies auch besser so.
     
    Auf der Arbeit angekommen erzählte Sally die Geschichte – natürlich in einer Version, dass niemand erahnen konnte, in wie fern Sally ihre Finger im Spiel hatte. Sie berichtete vom Mut der alten Frau und wie sie mit ihrer Handtasche den Täter zur Strecke gebracht hatte. Ihre Kollegen staunten und lachten. Sie mutmaßten, dass die alte Frau sicher Steine in ihrer Handtasche hatte, andernfalls hätte sie niemals einen Jugendlichen dermaßen außer Gefecht setzen können.
    Sie waren der Meinung, dass Sally auf jeden Fall zur Polizei gehen sollte, damit sie dort Meldung über den Vorfall machen könnte. Aber Sally entgegnete, dass de rartige Vorfälle viel zu oft passierten, als dass die Polizei sich tatsächlich dafür interessieren würde. Sie würden es aufnehmen und anschließend in die Schublade stecken. Es würde niemals in der Zeitung oder in den Nachrichten erscheinen. Doch plötzlich ging Sally eine Idee durch den Kopf.
    „Könnten Sie bitte diesen Vorfall im Fernsehen übe rtragen lassen?“, bat sie den Polizisten, der die Anzeige auf der Wache aufgenommen hatte. Dass er nicht davon angetan war, kann man sich sicherlich vorstellen. Er lehnte natürlich ab.
    „Haben Sie bitte Verständnis dafür, dass wir nicht j eden kleinen Vorfall ins Fernsehen bringen können. Dafür passiert in Amerika einfach zu viel. Wenn die alte Dame sich selbst verteidigt hat, finde ich das hervorragend. Wenn sie dem Rowdy die Handtasche über den Kopf gezogen hat, hat er es wohl verdient.“
    Doch damit wollte sich Sally nicht abspeisen lassen. Er musste es einfach tun. Er musste den Fernsehsendern mitteilen, dass sie es auf jeden Fall senden müssen. Schon wieder musste Sally ihre Geheimwaffe einsetzen, obwohl sie es eigentlich gar nicht wollte. Vorsichtig loggte sie sich bei ihm ein, ohne dass er es merkte. Es waren nur ein paar Kleinigkeiten in seinem Gehirn zu regeln. Dafür benötigte Sally bloß ein paar Sekunden. Gleich würde er sicher anders reagieren.
    „Na gut, wenn Sie mich so nett bitten, werde ich ein Auge zudrücken. Ich werde morgen bei den Fernsehsendern anrufen und Ihre Story melden. Ich denke, dass ich es hinbekommen kann, die Redaktion von der Wichtigkeit Ihrer Geschichte zu überzeugen.“
    „Sehen Sie, das klingt doch schon viel besser“, an twortete Sally und musste ein wenig grinsen. „Ich danke Ihnen ganz herzlich. Auf Sie ist Verlass. Die Dame wird sich sicher freuen, wenn sie ihre Geschichte im Fernsehen sieht. Sie wird als gutes Beispiel für andere Frauen vorangehen und diese ermutigen, auch einmal zuzuschlagen, wenn es denn sein muss. Auf Wiedersehen.“
    „Auf Wiedersehen“, verabschiedete sich der Polizist und wunderte sich über seinen plötzlichen Sinneswandel.
     
    Am Folgetag wurde tatsächlich in den Nachrichten der Bericht über die alte Dame auf dem Bahnsteig gebracht, die mithilfe ihres Mutes und ihrer Handtasche einem a ggressiven Jugendlichen, der sie berauben wollte, beigebracht hatte, was Manieren sind. Er soll sie angegriffen haben, worauf sie trotz ihres Alters und ihrer Gebrechen ihre Handtasche nahm und diese dem Angreifer auf die Nase geschlagen haben soll. Blutig habe der Rowdy auf der Straße gelegen, als man ihn fand. Er hätte nicht die geringste Chance gegen die Frau gehabt. Passanten konnten bezeugen, dass nicht sie angegriffen hatte, sondern der Jugendliche. Es handelte sich somit um Notwehr. Der Fernsehsender hatte sich sogar die Mühe gemacht, die Situation mit Laiendarstellern nachzustellen. Anhand eines Kurzfilms zeigten sie eine alte Frau mit Handtasche, die ziemlich brutal einen Jugendlichen außer Gefecht setzte. Sie hatten die Szene natürlich übertrieben dargestellt, um andere Menschen zu ermutigen, in derartigen Situationen entsprechend zu reagieren. Es wurde zudem darüber berichtet, dass der Mensch in der Regel dazu neigt, nicht zu helfen und die Flucht zu

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