Azurblaue Gewalt (Carla, John und Franklyn)
Anzeichen einer Schwäche zeigte. Sie wollte versteckte Schäden direkt im Keim ersticken und Fehler, die sie selbst gar nicht entdecken konnte, korrigieren lassen. Also hatte sie am Abend des Vortags das Fahrzeug zu einer Werkstatt ihres Vertrauens gebracht. Franklyn hatte sie mit seinem Auto begleitet, um sie anschließend wieder nach Hause zu fahren.
Bahn fahren war nicht gerade ihre große Leidenschaft, denn an der Bahnhaltestelle tummelten sich oft seltsame Gestalten. So auch jetzt: Ein Halbstarker, er mochte vie lleicht siebzehn Jahre alt sein, der aber über einen ziemlich trainierten Körper verfügte, begann, eine alte Dame zu belästigen. Aus sicherer Entfernung – Sally schätzte, dass es fünfzig Yards waren – beobachtete sie die beiden. Er sagte etwas für sie Unverständliches und fuchtelte an ihrer Handtasche herum, die sie sich fest unter den Arm geklammert hatte. Sally konnte erkennen, dass er es auf die Tasche und vermutlich ihr Geld abgesehen hatte. Was konnte sie nun tun, um der alten Dame zu helfen? Wie konnte sie eingreifen, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen? Vermutlich hatte der Täter eine Waffe dabei. Eigentlich hatten in Amerika die Täter immer eine Waffe dabei. Gar nicht auszudenken, was mit Sally passieren würde, wenn sie sich einmischte. Also musste sie sich etwas Anderes ausdenken.
Plötzlich kam ihr d ie rettende Idee: Sie klinkte sich ganz einfach in das Gehirn des Täters ein. Sally hatte mittlerweile gelernt, wie man die Gedanken einer anderen Person manipulieren konnte, ohne dass die Zielperson etwas davon spürte. Sie war mittlerweile sogar in der Lage, Sinneseindrücke vorzutäuschen. Von dieser Fähigkeit wollte sie jetzt Gebrauch machen. Also täuschte sie ihm vor, dass sich ihm von hinten jemand näherte und ihm heftig auf die Schulter schlug.
Erschreckt durch den vorgetäuschten Schlag drehte sich der Jugendliche um und ging direkt in Angriffsstellung, entdeckte aber niemanden, den er angreifen konnte.
„Shit, was soll das?“, fluchte er und hielt seine Hand auf die vermeintlich getroffene Stelle seiner Schulter. „Du blöde Kuh“, brüllte er die alte Dame an. „Du hast mich mit deinem Stock geschlagen. Ich schlage dir die Zähne aus!“ Anschließend deutete er an, dass er die Dame angreifen wollte. Seine Körperhaltung ließ keinen Zweifel darüber aufkommen. Die Dame wich vorsichtshalber ein paar Schritte zurück, um die Distanz zwischen ihm und ihr zu vergrößern.
Doch es kam gar nicht erst dazu, dass er zuschlagen und die Frau verletzen konnte. Erneut verpasste Sally ihm einen Schlag, und wieder schoss ein heftiger Schmerz durch seine Schulter. Diesmal hatte sie sich die andere Seite ausgesucht.
Völlig verwirrt drehte sich der Halbstarke um und schlug ziellos in die Luft. „So ein Mist . Verdammt, wer ist das? Zeig dich!“ Da er seinen Gegner nicht sehen konnte, machte sich Panik in ihm breit. Seine Stimme klang plötzlich gar nicht mehr so sicher, ganz im Gegenteil, sie klang eher flatternd und unsicher. Angst schwang in ihr mit, die er nicht unterdrücken konnte. Die Dame, die eigentlich das Opfer darstellte, musste nun lächeln. Doch wagte sie es nicht, laut zu lachen, was sie sicher am liebsten getan hätte. Wer weiß, was der Täter anschließend mit ihr angestellt hätte.
Sally amüsierte sich über ihre eigenen Fähigkeiten und verpasste i hm einen weiteren Stromimpuls in sein Gehirn. Dem Angreifer hingegen erschien es, als hätte ihm jemand heftig in die Kniekehlen getreten. Im selben Moment knickte er ein und fiel wie ein Stein zu Boden. Wenn man einen Gegner sieht, kann man sich halbwegs darauf vorbereiten, was mit dem eigenen Körper passiert, sobald man geschlagen oder getreten wird. Sieht man aber den Angreifer nicht, hat man keine Chance, Gegenmaßnahmen zu treffen oder sich vorzubereiten.
Schmerzverzerrt lag der junge Mann am Fußboden und rieb sich die Beine. Er brüllte und war extrem wütend, zugleich quälte ihn eine Panik, die er zuvor noch nie verspürt hatte. Er hielt Dämonen für die Ursache seiner plötzlichen Pein. Als er versuchte zu flüchten, musste er feststellen, dass sich seine Beine wie gelähmt anfühlten. Er konnte nicht aufstehen. Die Kontrolle über seine Beine hatte er gänzlich verloren.
Die Dame nutzte die se Gelegenheit, um sich von dem Mann zu entfernen. Sie ging exakt in Sallys Richtung, da sie vermutete, bei ihr Schutz finden zu können.
Sally hatte sich mitten auf dem Bahn steig breitbeinig postiert
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