Azurblaue Gewalt (Carla, John und Franklyn)
Anschließend konnte sie sich genau wie John an nichts erinnern. Und jetzt trug sie eine Erinnerungslücke mit sich herum.
„ Wir sind doch in der Lage, die Gedanken der Menschen zu beeinflussen. Ich hätte Kontakt zu dem Piloten aufnehmen können. Vielleicht hätte ich ihm helfen können. Ich kann doch nicht einfach tatenlos hinnehmen, dass etwas Böses passiert.“
„Woher willst du im Vorhinein wissen, dass etwas Böses passiert?“, fragte Franklyn. „Du kannst das Böse nicht vorhersagen.“
„Das ist wohl richtig. Sicherlich ist dir aber mittlerweile wohl auch aufgefallen, dass immer dann etwas Böses passiert, wenn einer von uns in diese seltsame Starre fällt. Wenn wir in Zukunft merken, dass jemand von uns nicht reagiert, obwohl er nicht schläft, muss er oder sie sofort geweckt werden. Notfalls müssen wir Gewalt anwenden. Wir müssen unbedingt verhindern, dass diese Erinnerungslücken auftreten.“
„Am Wochenende sehe ich das als realistisch an, doch was willst du in der Woche tun, in der wir uns nicht sehen, weil wir arbeiten müssen?“, fragte John. „Du kannst nicht die ganze Welt vor Unglücken bewahren. Das ist nicht möglich. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass jedes Mal ein Unglück passiert, wenn sich unser Gehirn für ein paar Minuten verabschiedet. Das Eine hat mit dem Anderen ganz sicher nichts zu tun. Niemals.“
„Ja, du hast Recht. Darüber hatte ich noch gar nicht nachgedacht. Aber wir könnten wenigstens versuchen zu verhindern, dass am Wochenende derartige Unfälle passieren.“
„Ja, sicher, das können wir versuchen. Theoretisch können wir das.“
Bissiger Hund
In der Ferne gackerten ein paar Wildgänse, die Bienen und Hummeln summten in den Blüten, Schmetterlinge flatterten durch den Garten und schillerten in den schönsten Farben. Die Freunde hatten sich in die Sonne gelegt und genossen den warmen Abend. Sarah ging ihrer Lieblingsbeschäftigung nach: Sie spielte im Garten. Der Reihe nach ließ sie ihre Puppen sprechen und erfand währenddessen eine Geschichte. Don Camillo hingegen stand der Sinn nach Streit. Er stand bellend und Zähne fletschend am Gartenzaun und stritt sich mit dem Nachbarhund. Wäre der Zaun nicht gewesen, hätte er sicher den Kürzeren gezogen, denn der Hund der Nachbarn war wesentlich größer. Doch der relativ hohe Maschendrahtzaun verlieh ihm ungeahnte Kräfte. Es handelte sich allerdings ausschließlich um Kräfte, die lediglich in seinem Kopf existierten.
Er bellte, was die Lunge und seine Stimmbänder hergaben. Anfangs interessierte sich John nicht für das Imponiergehabe seines Hundes , doch nach einer Weile ging es allen ziemlich auf die Nerven, deshalb rief John ihn zur Ruhe. Dass sein Hund auf ihn hörte, wunderte ihn mächtig, denn er war es gewohnt, dass es Don Camillo nicht wirklich interessierte. Der Hund hörte auf zu bellen und stand plötzlich reglos am Zaun. Er beobachtete mit einem messerscharfen Blick den anderen Hund, der mit seinem Herrchen bloß ein paar Meter am Grundstück der Freunde vorbei lief. Plötzlich und völlig unverhofft biss der Nachbarhund seinem Herrchen mit aller Kraft ins Bein. Er hatte die Wade erwischt und schlug seine spitzen Eckzähne gnadenlos ins Fleisch. Der Nachbar trug eine kurze Hose, somit war es ein Leichtes, die Zähne durch die Haut zu bohren. Um seine vermeintliche Beute tot zu schütteln riss der Hund an ihm herum. Immer tiefer bohrten sich die langen, weißen Zähne durch die Haut seines Opfers.
Geistesgegenwärtig trat das Frauchen des Hundes auf ihn ein, doch der massive Körper leistete einfach zu viel Widerstand. Der Besitzer hatte vermutlich einen Adrenalinstoß bekommen, andernfalls hätte er sicher die extremen Schmerzen gar nicht aushalten können.
Mittlerweile lief sehr viel Blut über die gesamte Wade. Das Blut schien den Hund nur noch weiter anzuheizen. Immer wieder biss er nach und riss weitere, große Löcher in die Haut. Währenddessen gab er furchteinflößende, jaulende und knurrende Laute in allen möglichen Tonlagen von sich.
Der Besitzer war mittlerweile dermaßen stark verletzt, dass er wie ein gefällter Baum umfiel und auf de m Boden aufschlug. Gegen den durchgedrehten Hund hatte er keine Chance. Seine Frau hingegen setzte zum finalen Tritt an. Sie trat dem Hund genau zwischen die Beine – dorthin, wo es ihm am meisten schmerzen musste. Dieser Tritt hatte gesessen. Mit ihren spitzen Schuhen hatte sie dem Hund so extreme Schmerzen zugefügt, dass
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