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Titel: B00BOAFYL0 EBOK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nassim Nicholas Taleb
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Dem Gesicht des Sprechers ist seine Aufregung abzulesen, aber da wir keinen Ton hören, wird exakt der gegenteilige Eindruck vermittelt. Das ist der gleiche Kontrast, den Philosoph Henri Bergson in seiner Abhandlung Das Lachen ansprach, als er die berühmte Beschreibung der Kluft zwischen der Ernsthaftigkeit eines Herren, der gleich auf einer Bananenschale ausrutschen wird, und der Komik dieser Situation vorstellte. Börsenmoderatoren im Fernsehen wirken nicht mehr einschüchternd, sondern lächerlich. Sie scheinen sich über etwas furchtbar Unwichtiges zu ereifern. Experten werden plötzlich zu Clowns, was einer der Gründe dafür war, dass sich der Schriftsteller Graham Greene strikt weigerte, im Fernsehen aufzutreten.
    Die Idee, Menschen ihrer Sprache zu berauben, kam mir auf einer Reise, als ich (mit einem grausamen Jetlag) eine Rede in Kantonesisch hörte (einer Sprache, die ich nicht verstehe), ohne die Dienste eines Dolmetschers in Anspruch nehmen zu können. Da ich nicht die geringste Ahnung hatte, worüber der lebhafte Referent sprach, ging für mich ein Großteil seiner Würde verloren. Dies brachte mich auf den Gedanken, dass ich vielleicht eine inhärente Wahrnehmungsverzerrung, in diesem Fall ein Vorurteil, nutzen könnte, um eine andere inhärente Voreingenommenheit auszugleichen, nämlich unsere Neigung, Informationen ernst zu nehmen. Es scheint zu funktionieren.
    In diesem letzten Teil meines Buches beschäftige ich mich mit dem menschlichen Aspekt des Umgangs mit der Ungewissheit. Mir persönlich ist es nicht gelungen, mich generell gegen den Zufall abzuschotten, aber ich beherrsche zumindest einige Tricks.

Kapitel 12
Spielerticks und Tauben im Kasten
    Über Spielerticks, die mein Leben füllen. Warum schlechtes Taxifahrerenglisch einem helfen kann, Geld zu verdienen. Wieso ich der König aller Narren bin, nur mit dem Unterschied, dass ich mir dessen bewusst bin. Der Umgang mit meinen genetischen Schwächen. Keine Pralinenschachtel unter meinem Trading Desk.

Taxifahrerenglisch und Ursache-Wirkung-Beziehungen
    Zum Auftakt erst einmal ein Blick zurück in meine Anfangszeit als Börsenhändler in New York. Damals arbeitete ich für die Credit Suisse First Boston (CSFB), deren Büro in der Mitte des Blocks zwischen der 52. und 53. Straße und zwischen Madison Avenue und Park Avenue lag. Trotz ihres Standorts in »Midtown« wurde CSFB den Wall-Street-Firmen zugerechnet – ich pflegte von mir zu sagen, ich würde »an der Wall Street« arbeiten, obwohl ich das Glück hatte, nur zwei Mal tatsächlich einen Fuß in diese Straße zu setzen, die zu den abstoßendsten Gegenden gehört, die ich jemals östlich von Newark im US-Bundesstaat New Jersey zu Gesicht bekommen habe.
    Damals war ich ungefähr Mitte 20 und lebte in einer mit Büchern voll gestopften (aber ansonsten recht schlichten) Wohnung in der Upper East Side von Manhattan. Die Kargheit meiner Bleibe war nicht ideologisch begründet; es war mir einfach niemals gelungen, ein Möbelgeschäft zu betreten, da ich jedes Mal auf dem Weg dorthin in einem Buchladen Halt machte und stattdessen bergeweise Bücher nach Hause schleppte. Wie zu erwarten, gab es in meiner Küche weder Lebensmittel noch Küchengeräte, abgesehen von einer kaputten Espressomaschine, da ich erst vor kurzem kochen gelernt habe (selbst für die damaligen Verhältnisse ...).
    Ich fuhr jeden Morgen in einem gelben Taxi zur Arbeit, das mich an der Ecke Park Avenue/53. Straße absetzte. Taxifahrer in New York City sind dafür bekannt, dass sie relativ ungebärdig und im Allgemeinen schlecht mit der Geografie der Stadt vertraut sind, aber gelegentlich findet man einen Fahrer, der sich nicht nur schlecht auskennt, sondern auch an der Allgemeingültigkeit von Rechenregeln zweifelt. Eines Tages hatte ich das Pech (oder vielleicht das Glück, wie wir gleich sehen werden), an einen Fahrer zu geraten, der sich offenbar in keiner mir bekannten Sprache verständigen konnte (zu denen auch Taxifahrerenglisch gehört). Ich versuchte, ihn zwischen der 74. und der 53. Straße in südliche Richtung zu dirigieren, aber er fuhr stur einen Block weiter nach Süden und zwang mich auf diese Weise, den Eingang an der 52. Straße zu nehmen. An jenem Tag machte ich aufgrund von starken Währungsturbulenzen mit meinem Tradingportfolio einen beträchtlichen Gewinn; es war der bis dato beste Tag meiner jungen Karriere.
    Am nächsten Tag rief ich wie üblich ein Taxi an der Ecke 74. Straße und der Third Avenue.

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