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B00DJ0I366 EBOK

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Titel: B00DJ0I366 EBOK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friederike Schmöe
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Coburg. Mindestens bis Montag.«
    »Ja, mache ich.« Körber begleitet Carsten zu seinem Wagen. »Ach, übrigens, ich bin nach dem Unfall über den Acker gegangen. Zuerst musste das Autowrack weggeschafft werden, es war alles nass und aufgeweicht und schwierig. Jedenfalls …« Er hustet ausgiebig. Carsten öffnet die Autotüren mit einem Klick. Der Hund bellt sich heiser. »Da habe ich einen Umschlag mit Fotos gefunden.«
    »Fotos?«
    »Ja. Komisches Zeug. Wollen Sie die mitnehmen? Sie gehören streng genommen Ihnen. Weil sie auf Ihrem Land lagen.«
    »Fotos?«, wiederholt Carsten. »Sonst nichts?«
    »Nein. Sonst nichts.« Körber geht ins Haus, und Carsten steht allein in der Nacht, während der Hund kläfft wie ein Besessener. Endlich kommt Körber zurück und drückt Carsten einen Umschlag in die Hand. »Altmodisch, was? Wo man doch heutzutage alles per Computer verschickt.« Er zuckt die Achseln.
    Carsten nickt, steckt den Umschlag in sein Sakko und fährt davon. Mit jedem Kilometer, den er sich von Körbers Hof entfernt, fühlt er sich freier. Er passiert seinen Acker, wo sich der Unfall ereignet hat, aber er verschwendet keinen Gedanken daran. Bald ist er das alles los.

62
    Eleni wird klar, dass sie in der Falle sitzt. Sie hockt am Ende der Welt in einem Hotel mitten im Wald, und im selben Hotel hat ein Journalist von ›Artes‹ sein Lager aufgeschlagen. Bis sie der Rezeptionistin verklickert hat, dass sie für niemanden zu sprechen ist, hat dieser Trottel von Rosen unter allen möglichen Vorwänden versucht, sie in ihrem Zimmer zu erreichen.
    Sie knipst das Licht aus. Humpelt ans Fenster und starrt in die dunkle Juninacht hinaus, in der irgendein magischer Lichtstreif geblieben ist und die schwarze Landschaft zum Glimmen bringt. Wie sie sich nach Venedig sehnt, sogar ihre Wohnung in London scheint ihr plötzlich wie das Paradies! Was für eine Schnapsidee, hierher zu kommen. Warum hat sie zugelassen, dass die Vergangenheit sich wieder an sie heranschlich?
    Elenis Identität ist wasserdicht. Nichtsdestotrotz kann die Presse eine Menge Schaden anrichten. Ihre Familie wird zusammenklappen, wenn alles herauskommt. Also, ihre frühere Familie, von der sie sich so weit entfernt hat, dass ihr, Eleni, keine Gefühle geblieben sind, nur kalte Gleichgültigkeit. Aber hier, in einer Umgebung, an die sie sich von Minute zu Minute besser erinnert, in der Bruchstücke der Vergangenheit auftauchen, verändern sich auch ihre Empfindungen. Einst war sie ein Teil dieser Landschaft. Sie hat all diese Wälder durchstreift, um zu malen. Sie hat ihre Staffelei von Dorf zu Dorf geschleppt. Mit den Leuten geplaudert, die ihr über die Schultern schauten.
    »Ich muss hier weg«, sagt sie laut zu sich selbst. Noch hat sie nichts ausgepackt. Sie braucht ein anderes Hotel in einer anderen Stadt. Während sie ihren Laptop aufklappt und sich ins Netz einloggt, um sich nach einer Alternative umzusehen, wird ihr klar, dass sie das heute Nacht nicht mehr schafft. Sie ist erschöpft von der Reise. Sie hat Schmerzen. Am besten, sie nimmt eine Schlaftablette, ruht sich aus, ruft morgen ein Taxi, das sie von hier wegbringt. Doch mitten am Tag, da wird es auffallen. Jetzt, in der Nacht, hätte sie immerhin die Chance, dass dieser Rosen irgendwann schlappmacht und einpennt.
    Oder sie muss den Mann irgendwie anders loswerden. Während sie eine Tablette aus dem Blister drückt, klingt ihr die Stimme ihres Londoner Arztes im Ohr.
    »Das ist ein Teufelszeug, Mrs. Tsiadis. Nur im Notfall. Und nie im Zusammenwirken mit Alkohol!«
    Grüblerisch betrachtet Eleni die kleine, grüne Pille. Sie ist wirklich sparsam mit dem Präparat umgegangen. Noch 17 Tabletten sind in der Schachtel. Plötzlich voller Anspannung studiert sie den Beipackzettel.
    Sie drückt den Blister leer und schiebt die Pillen in ihre Blazertasche. Sie wählt die Nummer der Rezeption, lässt sich mit Rosens Zimmer verbinden.
    »Lust auf einen Drink?«, fragt sie.
    »Sicher.« Er klingt wie ein verschlafener Pennäler, der sich alle Mühe gibt, munter zu wirken. »Bis gleich.«
    Der Barmann wirkt angefressen, als er zwei neue Gäste erblickt. Dennoch stellt er eine Schale mit Oliven und Chips auf den kleinen Tisch.
    »Schön, dass Sie Zeit haben«, versucht sich Rosen in Konversation.
    »Ich habe eine Weile geschlafen und fühle mich jetzt richtig ausgeruht. Was nehmen wir? Sie sehen mir aus, als bräuchten Sie etwas Starkes.«
    Er lächelt verlegen.
    Eleni ordert zwei doppelte Scotch.

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