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den Mann trotz meiner Sehschwäche etwas näher zu betrachten. Er hatte schöne traurige Augen, die sich hinter einem knallroten Brillengestell versteckten und ihm somit die Ausstrahlung eines Versuchskaninchens verliehen. Seine hellblonden Haare sahen aus wie gerupft und standen im krassen Gegensatz zu seiner peniblen Kleidung. Er roch gut, und seine Augen schmeichelten mir auch noch, als ich das einhundertfünfzigste Brillengestell anprobierte.
Er war kein Mann der Worte, sondern ein Mann der Geduld. Das war für mich Grund genug, diesem Menschen halbblind in sein Büro zu folgen und mich von ihm verführen zu lassen und danach den selbstgebackenen Apfelstrudel seiner Frau zu essen. Nach zwei Wochen war Schluss. Da bekam ich mein neues Brillengestell und Franz bat mich feierlich, die Brille beim Sex aufzubehalten.
Selber schuld!
Da war ich mit Sigmund schon besser bedient. Den habe ich mit Brille kennengelernt. Und zwar, als ich ihn bei seiner Arbeit auf die Finger geschaut hatte. Sigmund war Handwerker und bekam den Auftrag, im Haus von Kunigunde den Pfusch seines Vorgängers auszubessern. Er war Anfang dreißig, groß und breitschultrig, und seine Hände sahen aus wie die Schaufeln eines Baggers. Aber sein Gesicht wirkte so fröhlich und unbeschwert wie das eines Kindes. Bei Sigmund gab es keine Probleme. Nur Mittel und Wege sie zu beseitigen. Seine Lebensfreude war ansteckend und ich fühlte mich in seiner Gegenwart sehr wohl und trug keinen BH mehr. Ich schaute ihm bei der Arbeit zu. War ihm sogar, soweit es in meiner Macht stand, dabei behilflich und freute mich wie ein kleiner Bub, wenn ich den richtigen Dübel für das Bohrloch erriet.
Sigmund entdeckte immer neue Schäden am Haus, die ausgebessert werden mussten. Das war vielleicht auch der Grund, dass ich es mit ihm am Längsten ausgehalten ha tte. Ganze zwölf Monate war ich mit ihm zusammen, in denen ich lernte, wie man Fließen verlegte, tapezierte, schraubte, klebte, hobelte und verputzte. Nur leider hatte Sigmund ein Handikap. Sein Kreuz. Während ich im Bett echte Seidendessous trug, war Sigmund stets in lange Unterhosen und Bandscheibenschoner aus Mohair gewandet. Dabei hatte er eine superaffengeile Figur. Nur, ich hatte eben nichts davon. Aber das war nicht so schlimm wie die Hexe, die immer bei unserem Liebesreigen anwesend war. Sie kam und kroch in sein Kreuz. Meistens dann, wenn der Höhepunkt bevor stand. Dann schrie er erbärmlich auf. Aber eben nicht aus Lust, sondern aus Schmerz. Mein Gott! Der Mann war erst Anfang dreißig!
In nomine Patris, et Filii, et Spiritus Sancti ...
Einfach nur bedauerlich!
Aufgrund dieser kümmerliche n Ausbeute, war ich dann wieder rückfällig geworden.
Es war der 6. Dezember, und ich war dem lieben Nikolaus begegnet. Ich habe mir erst gar nicht die Mühe gemacht nach seinen inneren Werten zu fahnden. Schließlich wusste ich, dass die Dinger innen hohl waren.
Ich war mit meiner Freundin Tamara im Freudenhaus verabredet. Gleich am Rande bemerkt, das war kein Puff, sondern ein Szenelokal, in dem sich die weiblichen Gäste zwar aufreizend kleideten, aber keineswegs dieser Zunft zuzuordnen waren. Selbstverständlich wollte ich nicht unangenehm auffallen und hatte mich dem dort vorherrschenden Bordsteinschwalbenstil angepasst. Ich hatte meine Beine in eine Netzstrumpfhose gefädelt und meine Überkniestiefel mit dem 15 Zentimeter Stopfnadelabsatz drübergestreift. Meine Schamgegend mit einem Hüftminirock aus Lackleder verdeckt, und diesen silbergewirkten Brustwärmer, der auch gut als Haargummi seinen Zweck erfüllt hätte, anprobiert. Mich aber, meiner Selbstachtung zu Liebe, dann doch für den ärmellosen Rollkragenpullover entschieden. Um wenigstens mit einem Hauch von Aufsässigkeit zu punkten. Schließlich war ich eine Elster und keine Schwalbe!
Leider hat te mich meine Freundin versetzt. Aber da war ich schon fertig angezogen, und deswegen beschloss ich, mich trotzdem auf dem Weg zu begeben. Von dem Gedanken beseelt, vielleicht von Amors Speer niedergestreckt zu werden.
Das Lokal war weihnachtlich geschmückt und es duftete nach frischer Tanne, Zimtstangen und Glühwein. Dann sah ich auch schon den lieben Nikolaus, der gutgelaunt hinter der Bar stand und Cocktails mischte. Mit großen Kinderaugen setze ich mich zu ihm an die Bar und beobachtete aufmerksam, wie er den Shaker geschickt durch die Luft wirbelte. Der Nikolaus trug schwarze Stiefel und einen Nikolausmantel unter dem eine knallenge rote
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