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Titel: B00G7SVP3K EBOK Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Dietze
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zu bedeuten, habt ihr was mit einander?“
    Ich schüttelte resigniert den Kopf und ließ sie einfach stehen. Ich folgte ihren Vorschlag und stürmte in die Praxis. Dort riss ich alle verfügbaren Türen auf und hielt mir die erschreckten Arzthelferinnen vom Leib, die mich daran hintern wollten. Dann fand ich Raffael. Er führte gerade eine Ultraschalluntersuchung bei einer Hochschwangeren durch.
    „ Du bist ein elender Feigling!“, keifte ich ihn an.
    Raffael reagierte medizinisch korrekt. Er redete erst einmal beruhigend auf seine Patientin ein. Die Frau sah aus wie eine genmanipulierte Pampelmuse und hechelte mit hochrotem Kopf nach Luft. Wahrscheinlich hatte ich bei ihr die Wehen ausgelöst. Wogegen Raffael sich aufführte, als wäre er mein Bewährungshelfer. Er entschuldigte sich bei der Frau für mich, bevor er mich unangemessen grob in ein Nebenzimmer zerrte.
    „Hör zu! Vielleicht bin ich ein Feigling, aber dann doch bitte ein verantwortungsbewusster!“, schimpfte er, ohne dabei darauf zu achten, dass man ihn hören könnte.
    „ Ich kann deine Schwester nicht einfach austauschen wie eine Zündkerze. Sie hat sich all die Jahre aufgeopfert! Ich frage mich, ob du dazu bereit gewesen wärst ... MADAM!“
    „ Ach, welch Edelmut! Aber deine Zündkerze in mich hineinzudrehen, schien dir wohl moralisch vertretbar … Herr HOCHWOHLGEBOREN!“
    „ Ich habe eine Entscheidung getroffen, die ich für die beste halte“, entgegnete er geschwächt und wandte sich von mir ab.
    Er öffnete das Fenster und zündete sich eine Zigarette an.
    Ich sah ihm zu, wie er nervös rauchte und die Asche zum Fenster hinaus schnippte.
    „ Oh Raffael, wenn du wüsstest, wie austauschbar du bist“, gebärdete ich mich hellseherisch.
    „ Wie meinst du das?“, fragte er verdutzt und drehte sich wieder zu mir um.
    Ich gab ihm keine Antwort, sondern kniff meine Augen beschwörend zusammen, als hätte ich einen bösen Fluch ausgesprochen.
    „Ich liebe dich, Raffael“, sagte ich bedrückt.
    Und in diesem Moment, fiel mir auf, dass ich das noch nie zu einem Mann gesagt ha tte. Vielleicht in einem Anfall sexueller Erregung, aber mit Sicherheit nicht im nüchternen Zustand.
    Ich kann ohne dich nicht leben! lag mir noch auf der Zunge, aber ich sprach es nicht aus. Dabei lächelte ich wehleidig, weil mir klar wurde, wie ernst es um mich stand und ich endlich wusste, wie es war, wenn man wirklich liebte.
    Danach fuhr ich zu meiner Schwester zurück und lud meine Koffer ins Auto. Sie stand an der Tür und verfolgte distanziert, wie ich mich zum Aufbruch rüstete . Sie stellte aber keine Fragen. Ganz so, als wolle sie die Antwort gar nicht wissen.
    Obwohl das Wetter einen ebenso unfreundlichen Eindruck machte wie ich, raste ich los . Ohne das Verdeck zu schließen. Meiner diffusen Gemütslage angepasst, preschte ich über die Straße, als wäre ich auf der Flucht. Ich drehte die Stereoanlage auf volle Lautstärke und hörte die Musik, die mir meine Stimmungslage abverlangte.
    APOKALYPTICA. Wie herrlich! Gebannt lauschte ich den Cellisten, die so virtuos ihre Instrumente zum Weinen bringen konnten . So grandios zur Schwermütigkeit herausforderten, dass ich nach vier Stunden die Musik als letzte Ölung begriff und hochkonzentriert nach der Ausfahrt ins Paradies suchte.
    Ja, ich fühlte mich schlecht. Des Lebens müde, verschmäht, meiner Gefühle missbraucht und meines Ehrgefühls beraubt. Außerdem hat es geregnet, wenn ich das nochmals zu meiner Entlastung erwähnen darf. Und wenn nicht dieser blöde Trecker aus dem Waldweg getuckert gekommen wäre , und mich nicht dieser dämliche Baum am Ausweichen gehindert hätte, dann hätte ich sie vielleicht gefunden, die Ausfahrt ...
    Stattdessen bin ich auf einen Schrottplatz gelandet.
    Ja, so war das. Und nun liege ich hier im Krankenhaus und keiner kümmert sich um mich.
     
    „Frau Elster, sie haben Besuch!“, flötet die Stationsschwester, die lediglich ihren Kopf durch den Türspalt geschoben hat, als stünde ich unter Quarantäne.
    „ Darf ich die Herren eintreten lassen?“, vergewissert sie sich in einem Tonfall, der einen Papsbesuch vermuten lässt.
    Ohne meine Absegnung abzuwarten, betritt mein hochherrschaftlicher Besuch mein karges Krankenzimmer. Der eine Herr , sieht aus wie Väterchen Frost. Sein weißer Rauschebart wirkt verfilzt. Sein bodenlanger Mantel ist geflickt. An seiner roten Saufnase hängt dünnflüssiger Rotz, und seine Zähne hat er wahrscheinlich in seiner

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