B155 - Die Mafia schickte ihre Henker
zu sein.
De Sica kam überraschend schnell wieder zu sich. Als er wieder so weit klar war, daß er begriff, was geschehen war, überfiel er mich mit einem Schwall gotteslästerlicher italienischer Flüche.
Ich wartete geduldig, bis er seinem Mörderherzen Luft gemacht hatte. Aber als er mir plötzlich ins Gesicht spuckte, schlug ich zu. Schlagartig begriff de Sica, welches Benehmen ich von ihm erwartete. Er schwor noch einmal, daß er mich früher oder später persönlich umbringen werde, dann wurde er ruhig und ergab sich in sein Schicksal.
Ich legte ihm Handschellen an. Er wehrte sich nicht. Dann nahm ich ihm die Wagenschlüssel ab, packte ihn am Kragen und zog ihn nach hinten zum Kofferraum. Es war mir zu riskant, ihn hinter dem Lenkrad sitzen zu lassen, während ich den Kofferraum öffnete. Weiß der Teufel, wie viele Schießeisen de Sica in dem Wagen versteckt hatte, und mit denen wollte ich ihn nicht allein lassen.
De Sica sah apathisch zu, wie ich den Kofferraum öffnete. Er hatte sich offenbar mit seinem Schicksal abgefunden. Im Kofferraum fand ich genau das, was ich erwartet hatte: zwei Tote. Der eine war Hoagy, den anderen kannte ich nicht. Aber ich war sicher, daß es der Mann war, dessen Leiche ich in dem Office gesehen hatte, wenige Sekunden bevor man mich niederschlug.
Ich schloß den Kofferraum wieder und schob die Schlüssel ein. Dann brachte ich de Sica zurück in das Office des längst verblichenen ›Shanghai‹ Garwood.
Ich fand das Telefon, von dem aus Hoagy mich angerufen hatte, und benachrichtigte das District Office. Mein Chef, Mr. High, war trotz der späten Stunde noch in seinem Büro. Normalerweise arbeitet auch er nicht so lange, aber wenn es in New York einen Krieg zwischen den einzelnen Bossen der Unterwelt und ihren Banden gibt, dann bedeutet das für uns immer Alarmstufe eins, viele Überstunden und eine Menge schlafloser Nächte.
Ich berichtete Mr. High kurz, was geschehen war. Er versprach, die Mordkommission zu schicken, die die Arbeit am Tatort übernehmen sollte.
»Bleiben Sie dort, Jerry, und passen Sie auf de Sica auf. Ich lasse Ihnen zwei Leute vom nächsten Revier schicken. De Sica ist für uns so wertvoll, daß ich ihn nicht nur von einem einzigen Mann bewachen lassen will.«
De Sica setzte sich wieder auf seinen Stuhl und starrte gedankenversunken vor sich hin. Seine Zukunft sah nicht rosig aus. Auf ihn wartete ein Prozeß, in dem es der Anklage leichtfallen würde, ihm zwei Morde nachzuweisen. Außerdem befand sich seine Tochter in den Händen seiner Todfeinde.
Ich wollte die Zeit, bis de Sica abgeholt wurde und die Mordkommission kam, nutzen, um de Sica zu verhören. Es dauerte eine Weile, bis de Sica aus seiner Apathie erwachte. Aber auch dann blieb er einsilbig. Ich mußte eine Menge Fragen stellen, bis ich wußte, was ich bisher nur vermutet hatte.
De Sica hatte mich durch Hoagy hierherbestellt. Da er aber keinen Zeugen seines Gesprächs mit einem FBI-Agenten haben wollte, ermordete er Hoagy. Er wußte, daß ein Mann unterwegs war, um ihn im Auftrag seiner Feinde zu ermorden. Dieser Mann war George Barrett, ein Mann, der früher für de Sica gearbeitet hatte. Wofür de Sica ihn bezahlt hatte, darüber schwieg sich der Gangsterboß aus. Aber es war nicht schwer zu erraten, daß Barrett auch für ihn als Killer tätig gewesen war.
Draußen im Hof hörte ich Schritte. Es waren zwei Männer. Sie blieben vor der Tür stehen.
»Ich denke, hier ist es«, sagte eine Männerstimme. »Dort drüben brennt Licht. Das muß Cotton sein.«
Ich hörte, wie die Männer über den Lichtschalter im Gang fluchten, der ums Verrecken nicht funktionieren wollte. Dann stand ich auf, um den beiden Polizeibeamten die Tür zu öffnen.
In dem dunklen Gang vor mir standen zwei mittelgroße, kräftige Männer.
»Guten Abend«, grüßte der eine. »Ich bin Detective Sergeant Rynerson. Das ist mein Kollege Charley Bauer. Sie sind Cotton, nicht wahr? Wir sollen Ihnen helfen, de Sica ins District Office zu bringen,«
Rynerson hielt mir einen Ausweis unter die Nase. Trotz der Dunkelheit im Gang kam mir irgend etwas an dem Ausweis seltsam vor. Das Gesicht des Mannes auf dem Foto im Dienstausweis paßte nicht ganz zu dem Gesicht des Mannes vor mir. Ich trat einen halben Schritt zur Seite, um im Lichtschein des Raumes hinter mir Gesicht und Foto miteinander zu vergleichen.
Als ich aufsah, sah ich genau in die Revolvermündung des zweiten Mannes, der angeblich Bauer hieß. Bauer grinste und
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