B155 - Die Mafia schickte ihre Henker
schade, daß Sie keine Beweise haben, Cotton. Ihre Aussage steht gegen meine.«
Es war jetzt nicht die Zeit, um Wetten abzuschließen, wem man glauben würde, ihm oder mir. Ich durchsuchte Rynerson nach Waffen. Er war unbewaffnet. Auch seine Handschellen fehlten. Das war sein Pech. Da ich ihn nicht fesseln konnte, mußte er eben mit erhobenen Händen vor meiner Waffe stehenbleiben, bis die Mordkommission kam. Der Mann war jeder Gemeinheit fähig, ich wollte mit ihm kein Risiko eingehen.
Die Mordkommission kam nach wenigen Minuten. Ihr Leiter war Lieutenant Jameson von der Mordabteilung Manhattan West. Seine Leute gingen sofort daran, einige Scheinwerfer aufzustellen, um für ihre Arbeiten das nötige Licht zu haben.
Ein kleiner älterer Mann mit unendlich traurigem Gesicht kam auf mich zu.
»Wo sind die Toten?« fragte er. Sein Gesicht war so traurig, als spreche er von seinen eigenen Angehörigen.
»Einer liegt hier«, sagte ich und deutete auf Bauer. »Er ist Polizist und wurde von seinem lieben Freund und Kollegen hier erschlagen. Zwei Tote liegen in dem Kofferraum des Cadillac, und der vierte liegt dort drüben in dem Haus. Gleich hinter der Tür.«
Der Doc bückte sich zu Bauer nieder und untersuchte ihn kurz.
»Der Mann lebt noch«, sagte er.
»Was?« fragten Rynerson und ich gleichzeitig.
»Ich sagte: Der Mann lebt noch«, wiederholte der Doc. »Ich lasse ihn sofort ins Krankenhaus bringen.«
»Wird er es überstehen?« fragte Rynerson. Sein Interesse an der Sache war verständlich. Wenn Bauer am Leben blieb und gegen ihn aussagte, war er verloren.
»Die Stichwunde sieht übel aus«, sagte der Arzt. »Noch mehr Sorgen macht mir allerdings die Kopfwunde. Aber vielleicht schafft er’s.«
Während er sich um den Abtransport des Verwundeten kümmerte, erzählte ich Lieutenant Jameson, was vorgefallen war. Seine Männer hatten inzwischen schon mit der Untersuchung des Tatorts begonnen. Meine Anwesenheit hier war nun nicht mehr erforderlich. Ich fuhr zurück ins District Office.
***
Der Gangster, der sich Rynerson genannt hatte, in Wirklichkeit aber Hackett hieß, zerrte de Sica mit sich. Der Mafia-Boß war von dem brutalen Schlag gegen seine Stirn immer noch so benommen, daß er keine Gegenwehr leistete. Die Straße war leer und verlassen, niemand stellte sich ihnen in den Weg. Die wenigen Menschen, die sich auf der Straße befunden hatten, waren bei den ersten Schüssen in Deckung gegangen.
Hackett erreichte ungehindert den Wagen, den er einige Häuser weiter geparkt hatte. Er riß die rechte Vordertür auf und schob den immer noch halb bewußtlosen de Sica hinein.
»Setz dich hinter das Lenkrad!« befahl er.
De Sica starrte auf den Revolver in Hacketts Hand. Der Anblick der drohenden Waffe schien ihn wieder in die Wirklichkeit zurückzurufen. Er erkannte, daß diese Wirklichkeit alles andere als angenehm war.
De Sica setzte sich hinter das Lenkrad. Hackett sah sich noch einmal hastig nach allen Seiten um, dann setzte er sich neben de Sica. Er sperrte de Sicas Handschellen auf mit- dem Schlüssel, den er mir abgenommen hatte.
»Fahr los!« sagte er.
De Sica spürte die Mündung des Revolvers in seiner rechten Hüfte, und er gehorchte. Sekunden später war der Wagen um die Straßenecke verschwunden und fuhr die Bowery hinauf.
»Ziemlich schiefgegangen, die Sache, was?« fragte de Sica. »Dein Boß wird es nicht gern hören, daß dein Kumpel ins Gras beißen mußte.«
»Hauptsache, ich bringe dich mit«, sagte Hackett. »Das wird ihn trösten.«
»Du arbeitest für Fabini, nicht wahr?«
»Du bist ja ein ganz Kluger! Rechts ’rein, und die nächste Straße links.«
»Wie viel zahlt der alte Schwachkopf dir, wenn du mich bringst?«
»Genug, um ein Jahr lang davon leben zu können.«
De Sica schöpfte neue Hoffnung. Der Killer neben ihm war ein Mann, der für Geld alles machte. Und Geld hatte de Sica mehr als genug.
»Hör mal, Hackett, ich mache dir einen Vorschlag: Laß mich laufen, und ich zahle dir eine Million Dollar.«
»Hör auf mit dem kindischen Geschwätz, de Sica! Du langweilst mich.«
»Wirklich? Ich kenne Männer, die sich mit einer hübschen Million in der Tasche durchaus nicht langweilen. Eine Million! Kannst du dir überhaupt vorstellen, wie viel das ist?«
»Ich kann mir vorstellen, daß du in ein paar Tagen nicht mehr lebst, de Sica. Wenn man es genau nimmt, bist du eigentlich jetzt schon ein toter Mann.«
»Und du bist ein Idiot, Hackett! Vielleicht wird Fabini mich
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