Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Babel 17

Babel 17

Titel: Babel 17 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R. Delany
Vom Netzwerk:
Cathy. Bloß …«
    Rydras Hand stoppte die über die Mattscheibe wandernden Namen.
    »Bloß«, sagte Calli, »sollte sie eine eigene, eine neue Person sein, nicht jemand, der halb das ist, was wir von einer anderen in Erinnerung haben.«
    »Ja«, sagte Ron kleinlaut. »Ich meine, wenn sie ein guter Navigator ist und uns liebt …«
    »Und uns lieben kann«, sagte Calli.
    »Hier, sehen Sie selbst«, sagte Rydra. Ihr Finger ging zwischen zwei Namen hin und her. »Da sind die Daten. Ich glaube, diese zwei kommen am ehesten in Frage.«
    Die beiden beugten sich über das Schriftfeld und studierten die Angaben. Nach einer Weile zeigten sie zögernd auf den unteren der beiden Namen: Mollya Twa. Rydra wählte die zugehörige Nummer, und über einer Tür nahe am Ende des Korridors ging ein Blinklicht an.
    Sie gingen hin und entriegelten die Tür. Kälte ließ ihren Atem dampfen, als sie die Kammer betraten. Die reif bedeckten Stirnseiten von etwa dreißig Glassärgen in numerierten Einzelfächern nahmen drei der vier Wände ein. In der Mitte stand ein verstellbarer Wagen. Die Nummer über Mollya Twas Sarg leuchtete.
    »Laden Sie den Sarg auf den Wagen«, sagte Rydra. »Und beeilen Sie sich. Mir ist kalt. Der Sarg muß in den Wärmeraum und angeschlossen werden, glaube ich. Wissen Sie, wie es gemacht wird?«
    »Nicht genau, aber sie werden eine Anleitung haben«, sagte Calli. Er und Ron zogen den Sarg auf den Wagen und rollten ihn hinaus in den Korridor und weiter in den Wärmeraum am anderen Ende. Calli hatte recht vermutet: an der Wand war eine große Tafel mit genauen Anleitungen zur Wiederbelebung. Sie schlossen das Heizkabel und die Sauerstoffleitung an und schalteten den Induktionsstrom für das veränderliche elektronische Feld ein, das die Funktion eines Herzschrittmachers hatte. Dann warteten sie ab.
    Der dicke Reifüberzug schmolz rasch, und das Glas beschlug von innen. Kondenswasser sammelte sich und rann in dicken Tropfen abwärts, dunkle Streifen zurücklassend. Rydra glaubte, eine Bewegung auszumachen, aber es dauerte weitere zehn Minuten, bevor das grüne Kontrollicht aufleuchtete. Calli und Ron lösten die Verriegelung und hoben den Glasdeckel ab, beugten sich über den Sarg.
    Dunkle, warme Haut und zwinkernde, erschrockene Augen. Calli lächelte und berührte vorsichtig ihre Schulter. »Es ist schon gut«, murmelte er beschwichtigend. »Alles in Ordnung.«
    »Hallo – Miß Twa«, sagte Ron. »Sie sind jetzt lebendig. Werden Sie uns mögen?«
    Verwirrung malte sich in ihren Zügen. »Ninyi ni nani? Niko wapi hapa?«
    Ron blickte verdutzt auf. »Ich glaube, sie spricht nicht Englisch.«
    »Ja, ich weiß«, sagte Rydra lächelnd. »Aber abgesehen davon ist sie vollkommen. So werden Sie Zeit haben, einander kennenzulernen, ehe Sie irgend etwas Dummes sagen können. Sie ist sehr sportlich, Ron.«
    Ron blickte auf die junge Frau, die ihren Kopf noch nicht vom Kissen gehoben hatte. Ihr schwarzes Haar war kurzgeschnitten, ihre vollen Lippen, zuerst noch bläulich, begannen sich rosig zu färben. »Ringen Sie?« fragte er.
    »Ninyi ni nani?« wiederholte sie.
    Calli nahm seine Hand von ihrer Schulter und trat zurück. Ron kratzte seinen Kopf und runzelte die Brauen.
    »Was ist?« fragte Rydra.
    Calli zuckte die Achseln. »Nun, wir wissen nicht.«
    »Navigationsinstrumente sind standardisiert. Da wird es kaum Kommunikationsschwierigkeiten geben.«
    »Hübsch ist sie«, sagte Ron. »Sie sind hübsch. Haben Sie keine Angst. Sie sind jetzt lebendig.«
    »Silewi lugha yenu.« Sie schüttelte verwirrt den Kopf. Ihre Augen waren groß. »Sikujuweni ninyi nani. Ninaogapa.«
    Rydra trat zwischen sie und sprach. Nach einer langen Stille nickte die Frau langsam.
    »Sie wird mit Ihnen gehen. Sie verlor ihre zwei Partner vor sieben Jahren. Darum kam sie hierher und tötete sich.«
    »Wenn sie mit uns kommen will«, sagte Calli, »werden wir sie nehmen.«
    Der Zollinspektor hüstelte. »Wo kriege ich ihren Psychoindex?«
    »Im Archiv. Wählen Sie ihre Nummer am Lesepult und drücken Sie den Anforderungsknopf.«
    »Gut.« Er zog sein Buch und wandte sich zum Gehen. »Es hat eine Weile gedauert, aber nun haben Sie alle beisammen, Kapitän Wong.«

 
5.
     
    Lieber Mocky,
    wenn Du diese Zeilen liest, werde ich seit zwei Stunden unterwegs sein. Es ist eine halbe Stunde vor Sonnenaufgang, und ich habe meine Besatzung endlich beisammen. Das Schiff ist die »Rimbaud«, der alte Transporter meines guten Lehrmeisters, Kapitän Fobo.

Weitere Kostenlose Bücher