Babel 2 - Dämonenfieber
ließ er es geschehen, ohne ein Wort zu sagen.
14
Am nächsten Morgen stand Tom zeitig auf und verließ das Haus, noch bevor er die erste Tasse Kaffee getrunken hatte. Babel nahm es ihm nicht übel.
Mit dem Motorrad fuhr sie ins Büro, wo Karl ihr genervt mitteilte, dass Daniel bereits dreimal angerufen hatte, um zu fragen, ob sie schon etwas herausgefunden hätten. Die Polizei kam in ihren Ermittlungen auch nicht weiter, der ganze Fall war den Verantwortlichen äußerst peinlich, und inzwischen hatte die Nachricht von der verschwundenen Leiche auch die Boulevardmedien erreicht.
»Der reinste Zirkus«, kommentierte Karl das Geschehen, und Xotl krächzte: »Haaackfleiiisch … krik …« Dann würgte der Papagei so lange, bis er einen ekligen Batzen Irgendwas ausspuckte, der möglicherweise ein Rest Salamipizza war. Der Blick seiner kleinen gelben Augen wanderte zwischen Babel und dem Batzen hin und her, womit er ihr wohl zu verstehen geben wollte, was er von ihr hielt.
Sie warf ein zerknülltes Blatt Papier auf den Käfig, worauf der Papagei wild mit den Flügeln schlug.
»Hexenschaaande! Stinkt, stinkt, stiiinkt … krik …«
»Wir könnten ihn doch für Demonstrationen trainieren«, stellte Babel fest. »Oder politische Reden. Stell dir vor, wenn sie das nächste Mal öffentlich über die Kürzungen im Sozialbereich diskutieren, lassen wir ihn im Rathaus los.« Auffordernd sah sie Xotl an. »Was hältst du eigentlich von unserem Bürgermeister?«
»Stiiinker …«
Zufrieden verschränkte Babel die Arme und sah über die Schulter zu Karl. »Na bitte, geht doch.«
Nachdem sie sich aus der Küche Kaffee geholt hatte, setzte sie sich an den Schreibtisch und hörte sich an, was Karl über Auguste zu sagen hatte. Viel war es nicht.
»Das Übliche. Aufgewachsen in einem Pariser Vorort, ein paarmal mit der Polizei aneinandergeraten. Nichts Schwerwiegendes. Viermal umgezogen, nie aus der Peripherie herausgekommen. Hat angeblich eine Ausbildung zum Landschaftsgärtner gemacht, aber wohl nie in dem Beruf gearbeitet.« Er schob ihr das Blatt über den Tisch und verschränkte die Arme. »Interessant wird s erst, wenn du zwischen den Zeilen liest. Seine letzte Adresse liegt in einem Viertel, das er sich eigentlich nicht leisten konnte. In der Nähe eines Friedhofs.« Er verzog das Gesicht. »Fünf Jahre hat er dort gelebt, und der Verdacht, dass er mit seinen nekromantischen Geschäften ganz gut verdient hat, liegt nahe. Es gibt Hinweise darauf, dass die Ombres in den letzten Jahren verstärkt an Einfluss gewonnen haben. Vor allem in Saint-Denis. Der Freund deiner Schwester scheint dort eine wichtige Rolle gespielt zu haben. Aber dann ist er irgendwann nach Deutschland gekommen, vor ein paar Jahren. Keiner weiß, warum. Seitdem hört man nicht so viel von ihm. Die Ombres sind bei uns nicht so aktiv.«
Sprachlos starrte Babel ihn an. »Sag mal, woher weißt du das alles?« Sie wedelte mit dem Blatt Papier. »Ich meine, die oberflächlichen Daten kriegt jeder Detektiv raus, aber das Wissen um die Nekromanten findest du nicht gerade bei Wikipedia. Nicht mal ich«, sie legte die Hand aufs Herz, »weiß, was die da drüben treiben, und ich bin eine Hexe.«
Grinsend zuckte Karl mit der Schulter. »Ich sage nur: Seemannsclub.«
»Dir ist schon klar, dass ich nicht ein einziges Wort verstehe?«
Zufrieden nickte er. Als Babel ihn damals von einem Fluch befreit und er ihr daraufhin vorgeschlagen hatte, sich zusammenzutun, konnte keiner ahnen, wie gut sie sich einmal ergänzen würden. Babel war die Erste, die zugab, dass sie in dieser geschäftlichen Verbindung nicht das Gehirn war. Eher die Faust. Ohne Karls Kontakte war ihr Geschäft nicht möglich, und mittlerweile hatte sie sich beinahe daran gewöhnt, dass er an Daten kam, über die nicht einmal das Einwohnermeldeamt verfügte.
Jedoch hatte sie auch nie daran gezweifelt, dass sie die Expertin für alles Magische war, immerhin kam sie aus einer Hexenfamilie und besaß drei Jahrzehnte Erfahrung mit Magie. Dass Karl jetzt mehr über die Hexenszene in Paris wusste, irritierte sie.
»Zerbrich dir nicht den Kopf darüber, Mädel«, erwiderte er gönnerhaft und strich sich über den blonden Schnauzer. »Im Grunde ist es sehr einfach. Wo Leute Geld verdienen wollen, müssen sie auch auf sich und das, was sie verkaufen, aufmerksam machen. Das ist bei Nekromanten nicht anders als beim Gemüsehändler an der Ecke. Und wer auf sich aufmerksam macht, wird früher oder später
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