Babel 2 - Dämonenfieber
auch entdeckt. Du musst nur jemanden vor Ort haben, der seine Augen und Ohren offen hält.« »Und das hast du?«
»Paris ist nicht so weit weg, es ist ein Nachbarland, weißt du.«
»Und seit wann genau hast du ein Auge auf die Ombres?«
Das Grinsen wurde breiter. »Seit du mir das erste Mal von ihnen erzählt hast. Damals, als diese eine Frau wissen wollte, ob wir ihren Golden Retriever wieder zum Leben erwecken könnten. Erinnerst du dich?«
»Hab ich die nicht aus dem Büro geschmissen?« Er nickte bedächtig. »Ja, und dabei geschrien, sie soll sich gefälligst einen neuen Hund kaufen, wie jeder andere normale Mensch, der das Bedürfnis verspürt, jemanden herumzukommandieren.«
»Ja, ich erinnere mich.« Jetzt grinste auch Babel über den Rand ihrer Kaffeetasse hinweg.
»Wie auch immer, jedenfalls würde ich sagen, dieser Auguste hat mal bis zum Hals in der Nekromantie gesteckt, aber jetzt lässt er es eher ruhig angehen.«
Nachdenklich drehte Babel ihre Tasse zwischen den Händen, während Karl das Fenster öffnete und sich einen Zigarillo anzündete. Eine Hand in der Hosentasche, stand er ans Fensterbrett gelehnt neben ihr und beobachtete das Geschehen auf der Straße. Viel konnte es nicht sein, denn nach wenigen Sekunden drehte er sich wieder um und hockte sich auf die Schreibtischecke.
»Wie geht es nun weiter?«, fragte er und klopfte den Zigarillo an seiner leeren Tasse ab.
Babel fasste ihm den Besuch im Venus Cage zusammen. Als sie Meier-Lenz erwähnte, runzelte er die Stirn. Sie einigten sich darauf, dass er auch über den Mitarbeiter der Gerichtsmedizin einen Backgroundcheck durchführen würde, denn auch ihm fiel es schwer, an einen Zufall zu glauben.
An dem Thema Sextränke zeigte er reges Interesse. Er teilte Sams Meinung, was das finanzielle Potenzial dahinter betraf, ebenso wie die Einschätzung von Babels Vorstellungskraft. Außerdem überlegte er laut, ob man nicht der Hutmacherin aus dem Erdgeschoss mit einem solchen Trank zu mehr Freude im Leben verhelfen könnte.
»Wo ist eigentlich Mo?«, fragte Babel irgendwann, als sie genug Spekulationen über Yolandas Sexleben gehört hatte.
»Zur Abwechslung mal in der Schule. Hat er zumindest behauptet. Drauf wetten würde ich aber nicht.«
»Ich verstehe sowieso nicht, warum du die kleine Mistkröte weiter bei dir wohnen lässt.«
Beinahe nachsichtig schaute Karl sie an, und sie wusste, er würde gleich etwas sagen, das sich auf den Altersunterschied zwischen ihnen bezog. Er faltete die Hände vor der Brust wie ein Priester, bevor er antwortete: »Weißt du, als ich in seinem Alter war …«
»O bitte nicht!«, stöhnte sie. »Verschon mich mit deinen Weisheiten.«
»Siehst du, das ist jugendliche Arroganz, dabei könntest du durchaus von mir lernen, denn das Alter ist nun mal weiser.«
»Es ist vor allem schwerhörig, wenn man nach der Lautstärke geht, mit der du regelmäßig die Nachbarn beschallst.« Sie schob die Tasse, in die er aschte, auf Armeslänge von sich fort. Am Boden verband sich der Kaffeerest mit der Asche zu einem widerlichen grau-schwarzen Satz, der jedem einen fürchterlichen Tod voraussagen würde, der versuchte, daraus etwas zu lesen.
»Was ich eigentlich sagen wollte«, fuhr Karl ungerührt fort, »ist, dass Mo wie die meisten Kinder einfach ein bisschen Verständnis braucht. Immerhin hat er nicht viele Leute, die sich um ihn kümmern.«
»Er hat eine ganze Wagenburg voller Plags, die sich um ihn kümmern.«
Karl winkte ab. »Das meine ich nicht. Sie sorgen für sein leibliches Wohl, und er ist Teil ihrer Gemeinschaft, aber er hat keine Eltern, das ist der springende Punkt. Du weißt doch, dass seine Eltern nicht zurückkommen werden, oder?«
»Sind sie nicht bei einer Zirkustruppe?«
»Ach komm schon, das ist doch alles nur Fassade. Die haben sich abgesetzt. Kindererziehung ist eben manchmal schwierig, und bei den Plags konnten sie ihn doch gut lassen, da kriegt er immer von irgendwem was zu essen und anzuziehen.«
»Wer hat dir das erzählt?«
»Tom.«
Überrascht blickte sie ihn an. »Wann hast du mit Tom geredet?«
»Er kommt manchmal vorbei, um nachzusehen, wie es Mo geht.«
Sie konnte erkennen, dass er ihr nicht alles erzählte, denn während er sprach, schaute er sie nicht an.
»Es ist okay, Karl, es macht mir nichts aus, wenn du mit ihm Kontakt hast.«
In sein Gesicht schlich sich ein skeptischer Ausdruck. Vielleicht hatte er wie ein Vater Bedenken, der sich an den Freund seiner Tochter
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