Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Babel Gesamtausgabe - Band 1-3

Babel Gesamtausgabe - Band 1-3

Titel: Babel Gesamtausgabe - Band 1-3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Winter
Vom Netzwerk:
Vendome aus Versehen gelandet war?
    Wahrscheinlich wäre es für ihre geistige Gesundheit besser, wenn sie nicht überall Gefahr witterte. Nicht hinter jedem Ereignis steckte eine Verschwörung der magisch Aktiven.
    Nein, aber es schadet nicht, auf der Hut zu sein. Wer über große Macht verfügt, wird immer irgendwann von Gier erfasst, da kannst du jeden Politiker oder auch Konzernchef fragen. Die Gier äußert sich nur unterschiedlich.
    Aber was geht mich das an? Ich bin nicht für alles verantwortlich.
    Natürlich. Du kannst dich zurücklehnen und entspannen. Warum sollte dich der Gedanke an eine verschwundene Leiche und das, was man möglicherweise damit anstellen könnte, auch beunruhigen? Die Bilder daran werden dich schon nicht um den Schlaf bringen …
    Verdammt!
    Misstrauisch schaute sie in den Himmel, als würde dort eine Antwort auf die Frage stehen, ob sie dieser Sache nachgehen sollte. Aber das Blau leuchtete noch genauso unschuldig wie zuvor.
    Nein, der Himmel interessierte sich wirklich nicht für die Toten.
    Tief beunruhigt ließ Babel den Friedhof hinter sich.

2
    Während der Fahrt in das kleine Büro, das sich Babel mit ihrem Geschäftspartner Karl teilte, kreisten ihr die Bilder von Toten im Kopf, die zurück ins Fleisch gezwungen worden waren. Das unangenehme Gefühl in ihrem Magen verband sich mit der ohnehin dünner werdenden Geduld zu einer angriffslustigen Grundstimmung.
    So war es kein Wunder, dass sie keineswegs freundlich auf den Polizisten reagierte, der sie zur Seite winkte, als sie mit ihrer alten MZ 250 in die Straße einbog, in der das Büro lag.
    »Wissen wir denn, was wir falsch gemacht haben?«, fragte der Beamte selbstgefällig und brachte damit Babels Fass zum Überlaufen.
    Genervt schob sie ihr Visier hoch und erwiderte barsch: »Ich weiß ja nicht, was Sie heute schon falsch gemacht haben, aber ich bin falsch in eine Einbahnstraße gebogen.«
    »Wenn Sie es wissen, warum tun Sie es dann, junge Frau?«
    »Weil hier Gott verdammich noch mal kein Aas langfährt!« Sie deutete auf die wie tot daliegende Straße. Sein Blick folgte ihrem Fingerzeig, wobei er die Stirn runzelte, als wäre ihm gerade erst bewusst geworden, wo er sich eigentlich befand.
    Unsanierte Häuser hielten sich gerade so aufrecht, und mit Plakaten überklebte Schaufenster vermittelten den Eindruck von Barrikaden. Es schien, als hätte die Stadtverwaltung die Straße vergessen. Wenn sich doch einmal ein Auto hineinverirrte, fuhr es so langsam, dass bei einem Unfall höchstens Blechschaden entstand, weil sich der Autofahrer die ganze Zeit fragte, wieso er überhaupt hier eingebogen war. Warum die Stadt ausgerechnet an dieser Stelle eine Verkehrsstreife einsetzte, war Babel ein völliges Rätsel.
    Der Ausdruck in ihrem Gesicht brachte den Polizisten allerdings dazu, die Hände in die Seiten zu stützen und sie tadelnd anzusehen. Damit erinnerte er sie an ihre Hortnerin, die mit einem roten Stift die Hausaufgaben der Kinder korrigiert hatte. Babel war eines der wenigen Kinder gewesen, das nie einen Bienchenstempel ins Muttiheftchen bekommen hatte.
    Du warst schon in der Grundschule ein Problemfall.
    Genau wie Frau Rund schaute der Polizist mahnend auf Babel herab. »Ich muss Sie aufschreiben, tut mir leid …«
    »Ehrlich?«
    »Was?«
    »Das Leidtun?«
    »Hören Sie mal …«
    Ungeduldig winkte sie ab. Während er ihre Daten notierte, stellte sie sich vor, wie es aussähe, wenn sein Kopf explodieren würde. Seine Überreste würden sich unordentlich und ganz unvorschriftsmäßig über das Pflaster verteilen.
    Am besten in einem Bienchenmuster.
    Als unter ihren Füßen jedoch das Pflaster zu beben anfing, atmete sie tief durch und versuchte, an ihre Einkaufsliste zu denken – schließlich wollte sie nicht, dass ihre intuitive Magie wahr machte, wovon sie tagträumte. Auf diese Weise hatte sie mal stundenlang gelbe Schuhe zu einem fliederfarbenen Kleid getragen, weil sie der Anblick eines Sonnenblumenfelds erfreut und sich ihre Magie unbemerkt eingeschaltet hatte.
    Nachdem der Mann den Zettel ausgefüllt und ihr noch einen schönen Tag gewünscht hatte, schloss sie wütend das Motorrad an und stapfte fluchend auf die Haustür zu, deren rostiges Schloss sich erst nach dem dritten Versuch öffnete. Babel war sich immer noch nicht sicher, ob diese Gegend ihr Geschäft belebte oder eher hinderlich war.
    Schon im Erdgeschoss konnte sie hören, wie sich Dolly Parton durch I will always love you quälte. Das war schon immer

Weitere Kostenlose Bücher