Babel Gesamtausgabe - Band 1-3
gewartet, nachdem …« Er räusperte sich. »Dann weißt du also Bescheid?«
»Dass …«
»Ja. Dass.« Abwesend steckte er die Hände in die Hosentaschen und sah auf seine Schuhspitzen, und zum ersten Mal, seit sie ihn kannte, zeigte sein Gesichtsausdruck eine gewisse Verletzlichkeit.
In diesem Moment räusperte sich Karl.
Blinzelnd schaute sie ihn an, worauf er fragend die Augenbraue hob. Sie nickte in Richtung Küche. Ohne ein Wort erhob er sich, nahm seinen Kaffee und folgte Mo in den angrenzenden Raum. Die Pistole hatte er über den Schreibtisch in ihre Reichweite geschoben.
Als er an Xotl vorbeiging, krächzte der Papagei: »Pest … es stiiinkt … pfui-pfui … Hexenbruuut …«
Irritiert wandte Daniel den Kopf nach dem Vogel um. »Ist das …«
»Ja, aber das ist eine lange Geschichte. Reden wir nicht darüber«, erwiderte Babel hastig, als es zeitgleich aus der Küche schallte: »Du solltest ihre anderen Haustiere sehen!«
»Mein anderes Haustier bist du!«, brüllte sie zurück.
Als sich Daniel wieder zu ihr umdrehte, zuckte sie nur mit der Schulter. »Was willst du hier?«, fragte sie ohne Umschweife, denn keine Sekunde lang glaubte sie daran, dass er hier war, um sich nach ihrem Befinden zu erkundigen oder gar für sein Verhalten zu entschuldigen. Dafür war er nicht der Typ.
Es dauerte lange, bis er antwortete, und beinahe wäre sie vor Ungeduld aufgesprungen, aber als er endlich sprach, flackerte sein Blick unsicher.
»Du musst sie finden, Babel«, sagte er. »Die Vorstellung, dass sie da draußen irgendwo ist …« Er schüttelte den Kopf. »Das ist einfach nicht richtig. Du musst sie suchen.«
»Warum suchst du nicht selbst nach ihr?«
»Komm schon, Babel … Du weißt doch, worum ich hier bitte. Wenn sich die ganze Sache nur als großer Irrtum herausstellt, weil irgend so ein inkompetenter Typ seinen Job nicht richtig erledigt hat, dann wird sich alles in Wohlgefallen auflösen. Aber was, wenn nicht?«
Dann ist der einfachste Weg, den Leichnam zu finden, den Geist danach zu fragen, der einst darin gelebt hat.
Die Verbindung zwischen dem Körper und dem Toten würde noch so lange weiter bestehen, wie der Körper existierte. Auch das war ein Grund, warum es Hexen für gewöhnlich vorzogen, verbrannt zu werden, denn so gingen sie sicher, dass die Verbindung unterbrochen wurde.
Wer wollte schon bis in alle Ewigkeit an einen Haufen Knochen gebunden sein?
»Das ist nicht mein Spezialgebiet«, fügte Daniel widerwillig hinzu, und es war ihm anzusehen, wie unangenehm ihm der Gedanke an nekromantische Rituale war.
Das amüsierte Babel auf makabre Weise, denn er war weit davon entfernt, ein Chorknabe zu sein. Im Gegenteil – im Grunde kam er einem Ganoven sogar recht nah, denn sein Spezialgebiet, wie er es nannte, war Feuer, für das er eine ungesunde Begeisterung aufbrachte.
»Tja, mein Steckenpferd ist es aber auch nicht«, erwiderte sie kühl.
»Ich bezahle dich.«
»Daniel …«
Er machte einen Schritt auf sie zu und sah sie eindringlich an. »Nenn mir deinen Preis. Geld ist kein Problem.«
»Nein, wahrscheinlich nicht.«
Sein kleines Geschäft mit Schadensversicherungen in Brandfällen finanzierte ihm einen angenehmen Lebensstil, wie sie wusste. Aber der Gedanke, sich auf einen Deal mit einem anderen Hexer einzulassen, gefiel ihr nicht.
Hexen waren im Allgemeinen nicht gerade dafür bekannt, gute Teamplayer zu sein, denn sie verteidigten mit allen Mitteln ihr Revier um magische Energien, daher würde sie Daniel keine Sekunde lang vertrauen. Und im Hinblick darauf, dass sie in vielleicht gar nicht so langer Zeit eine heftige Auseinandersetzung mit Clarissa haben würde, war es nicht unbedingt das Klügste, auch noch einen weiteren magisch Aktiven im Blick behalten zu müssen.
Das Nein lag ihr schon auf der Zunge, doch irgendetwas hinderte sie daran, es auszusprechen.
Das Nichtstun der letzten Wochen hatte sie nervös gemacht und verstärkte das Gefühl, dass an dieser Geschichte mehr dran war, als es auf den ersten Blick den Anschein hatte. Ihr Bauchgefühl täuschte sie selten, und auch dieses Mal war da dieses schmerzhafte Pochen in ihrem Magen, das es so schwierig machte, die Geschehnisse zu vergessen. Vermutlich würde sie diesem Rätsel ohnehin über kurz oder lang nachgehen. Warum sollte sie sich also nicht von Daniel dafür bezahlen lassen? So hatte das Ganze wenigstens noch etwas Gutes.
Bevor sie es verhindern konnte, hörte sie sich auch schon sagen: »Na schön, ich
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