Babel Gesamtausgabe - Band 1-3
Montagstreffen nicht eher für diesen Kerl brauchst.«
»Ja, wahrscheinlich.«
Tamy legte ihr die Hand auf den Arm. »Versprich mir was, Babel. Erzähl Tom, dass du hier warst. Wenn dir etwas an ihm liegt, dann veranstalte nicht solche Nummern hinter seinem Rücken. Ich kenne ihn ja nicht so gut, aber er scheint mir der Typ zu sein, der dir einen Fehler verzeiht. Eher als eine Lüge.«
»Ich weiß.« Entschlossen griff Babel nach dem Türgriff. Sie musste sich dieser Sehnsucht nach Sam stellen, vorher würde sie einfach keine Ruhe finden – und sich auch nicht voll und ganz auf Tom einlassen können.
An der Eingangstür hing ein regenverschmutzter Aushängekasten, in dem ein vergilbtes Blatt die Öffnungszeiten verkündete. Alles sehr spartanisch. Die blaue Feuerschutztür ließ sich kaum bewegen, und im Halbdunkel der Halle musste Babel blinzeln. Es roch nach Parkett, Schweiß und Gummi. Trotzdem machte alles einen sehr sauberen Eindruck. Weiter hinten befand sich der Ring, in dem gerade zwei Männer mit einem Trainer standen. Auf der linken Seite hingen Sandsäcke und eine große Tafel, auf die Trainingszeiten und Hinweise gekritzelt waren. Babel erkannte Sams schwungvolle Handschrift. Das hatte sie immer amüsiert, denn für einen Mann seines Kalibers besaß er eine beinahe feminin anmutende Signatur.
Die Wände waren ebenfalls mit Sichtbeton verputzt, sodass die ganze Halle auf den Zweck hindeutete. Hier gab es keine Ablenkungen, man war da, um zu trainieren – oder eben falsch.
Viel war um diese Uhrzeit noch nicht los, aber das war auch nicht verwunderlich. Babel musste zugeben, dass Sam anscheinend wirklich etwas auf die Beine gestellt hatte. Inzwischen betrieb er mehrere dieser Clubs, und die Geschäfte schienen gut zu laufen.
Noch bevor sie ihn sah, spürte sie schon seine Anwesenheit. Eine plötzliche Entladung von Endorphinen rauschte durch ihr Blut, als er durch eine Tür am anderen Ende der Halle trat. Die magische Verbindung, die sie vor Jahren eingegangen waren, bestand immer noch und versetzte ihr Herz in Schwingungen.
Er trug eine dunkle Trainingshose und ein ebensolches Muskelshirt, das seine Oberarme betonte. Die Energie, die von ihm ausging, war deutlich zu spüren, und auch die lauernde Aggression unter der Oberfläche. Ein einziger Blick von ihm machte klar, dass seine Kraft nicht nur Fassade war. Er war der Typ Mann, bei dem sich auch schwere Jungs zweimal überlegten, ob sie sich mit ihm anlegten, denn etwas an der Art, wie er einen Gegner ansah, vermittelte auf seltsame Weise, dass er keine Angst hatte. Es gab viele Männer, die furchtlos waren, aber wenn jemand tatsächlich nie Angst verspürte, dann grenzte das an Verrücktheit – und das ließ sich in einem Kampf schwer einschätzen. Erfahrene Schläger wussten das.
Sein Gesicht bildete einen merkwürdigen Kontrast dazu, und jedes Mal, wenn Babel ihn eine Weile nicht gesehen hatte, fiel er ihr besonders auf.
Er war der schönste Mann, den sie je gesehen hatte. Blondes Haar, sinnliche Lippen, das ganze Paket. Wenn man an Engel glauben wollte, konnte man annehmen, dass sie aussahen wie er – das Problem war nur, dass er das genaue Gegenteil davon war. Das Erbe seines dämonischen Vaters zeigte sich wie bei allen Dämonenkindern in der schwer zu kontrollierenden Wut, die ihn manchmal überfiel, ohne dass er ihrer Herr wurde.
Und in dem Zerstörungsdrang.
Über die Jahre war es ihm gelungen, dieses Fieber so weit zu unterdrücken, dass er damit leben konnte, aber gefährlich war er trotzdem. Er brachte mit, was Romanhelden versprachen: Aussehen, Leidenschaft und Schutz – aber so außergewöhnlich diese Seite der Medaille war, so dunkel war auch ihre Kehrseite.
Sam wusste, dass er während eines Rituals gezeugt worden war. Der Hexer hatte die Kontrolle über den Dämon verloren, der sich daraufhin des Körpers bemächtigte und mit Sams Mutter ein Kind zeugte, das weder ganz menschlich noch ganz dämonisch war. Mit dreizehn war Sam von zu Hause abgehauen und nie zurückgekehrt. Für ihn war Babel die einzige Familie, die er je gekannt hatte, und auch das war ein Grund, warum es ihr so schwerfiel, sich von ihm zu lösen.
Nur zögerlich ging sie ihm entgegen, während sich auf seinem Gesicht ein schiefes Grinsen breitmachte. Eine Armlänge vor ihm blieb sie stehen. Er nickte Tamy kurz zu, die den Gruß erwiderte, auch wenn ihr Gesicht nicht gerade freundlich ausschaute.
»Wie gefällt dir meine Halle?«, waren die ersten Worte,
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