Babel Gesamtausgabe - Band 1-3
völlig die Kontrolle verloren hatte. Die frische Totenenergie, die an seinen Händen klebte, musste ihm wie eine Droge durchs Blut rauschen. Für ihn spielten Freund und Feind keine Rolle mehr. Das Verlangen nach der Totenebene und der Macht, die sie ihm geben konnte, hatte vollständig von ihm Besitz ergriffen.
So sehe ich aus, wenn ich auf der Dämonenebene bin , stellte sie entsetzt fest, und panische Angst um Judith erfasste sie.
Wo war ihre Schwester? Hatte er ihr etwas angetan, um sie auszuschalten? Wenn es stimmte, was der Nekromant gesagt hatte, dann musste Auguste einfach die Gelegenheit ergriffen haben. Er hatte gehört, wohin sie fahren würden, und gewusst, dass Babel den anderen Nekromanten ausschalten würde. Und in diesem Moment hatte er der Versuchung nicht widerstehen können.
Gegen ihn anzukämpfen war ein bisschen so wie der Kampf gegen ihre eigenen Versuchungen. Sie konzentrierte sich auf die Magie.
Lass sie zu, sie ist nicht dein Feind.
Mit einem Mal nahm sie die Energien des Schmucks und des magischen Netzes der Stadt auf, sog sie ein wie Luft und führte sie gegen die Fessel, die sie hielt. Die Macht ließ ihre Hände zittern, und sie verlor fast das Bewusstsein. Babel biss sich auf die Zunge, und der Schmerz brachte sie vom Rand der Ohnmacht zurück.
Er kann dich nicht halten, wenn du es nicht zulässt.
Ihre Magie sprang auf sein Netz über, überschwemmte seine Energielinien, und sie sah ihn zusammenzucken. Er hob den Kopf, schaute sie an, als wüsste er nicht, was das Ganze zu bedeuten hatte. Die Fessel löste sich von Babel, und langsam rappelte sie sich auf. Auf allen vieren kroch sie auf Auguste zu. Tauchte ein in den Wirbelsturm, der er war, obwohl er sich nicht bewegte.
Das Ritual hatte bereits begonnen, die Magie wirkte schon. Babel konnte die Wellen wahrnehmen, die von dem blutigen Symbol ausgingen und auf den Zombie zuflogen. Augustes Blick war fiebrig, die Lippen rissig. Das Ritual kostete ihn Kraft. Babel konnte nicht erkennen, ob er noch immer die Kontrolle über die Magie hatte oder ob die Energien schon ohne Führung flossen. Doch es war kein gutes Zeichen, dass er nicht auf sie reagierte. Vielleicht kämpfte er noch mit der Magie.
Mit aller Macht stemmte sich Babel in die Höhe. Dabei zitterten ihr die Knie, denn ihre eigene Magie bildete einen Kokon um sie, der sie vor der erstarrenden Kälte der Totenenergie schützte, die von Auguste ausging.
Als Babel stand, ballte sie die rechte Faust und schlug Auguste ins Gesicht. Es reichte nicht, um ihn bewusstlos zu schlagen, aber durch den Schock kam er zu sich. Er blinzelte.
»Babel …«
»Brich das Ritual ab! Du musst die Magie zurücknehmen.«
Einen Moment lang sahen sie sich stumm an, dann schüttelte er den Kopf.
Dieses Mal sandte Babel keine Warnung aus, ohne zu zögern richtete sie ihre Magie gegen ihn. Vor Schmerz brüllte er auf. Er wollte nach ihr greifen, aber sie sprang aus seiner Reichweite. Was ihrer Faust nicht gelungen war, schaffte die Macht der Magie. Mit einem Schlag warf sie ihn zu Boden, wo er betäubt liegen blieb.
Schwer atmend wandte sie die Magie gegen das Symbol auf dem Boden. Mit der Fußspitze verwischte sie die Zeichnung. Das Ritual wurde unterbrochen, aber dadurch entlud sich die Magie in den Raum, erfasste Babel und schleuderte sie mehrere Schritte nach hinten. Schmerzhaft landete sie auf dem Rücken.
Stöhnend drehte sie sich um. Ihr Blick fiel auf Sam, dem es endlich gelungen war, den Zombie unter sich auf dem Boden festzuhalten. Er blutete aus mehreren Kopf- und Bisswunden. Ein paar Atemzüge lang musste Babel in dieser Position bleiben, weil ihr die Kraft fehlte, sich aufzurichten. Nur langsam gelang es ihr, sich auf die Knie zu ziehen.
Als sie sich umdrehte, war Auguste verschwunden. Das tote Kaninchen lag noch auf dem Fußboden.
Du musst ihm hinterher!
Ich kann nicht. Selbst meine Lungen brennen.
Weit würde er nicht kommen, sie kannte seine Signatur.
Mit zitternden Händen zog sie das Handy aus der Jackentasche und wählte Judiths Nummer. Nach mehrfachem Klingeln sprang die Mailbox an. Die Angst um sie machte sie fast wahnsinnig. Fiebrig tippte sie Tamys Nummer ein. Es dauerte nervenzerfetzende Sekunden, bis die Türsteherin abnahm.
»Kannst du nicht mal einen Tag ohne Notfall auskommen?«, brummte sie in den Hörer. Sie musste Babels Nummer erkannt haben.
»Tamy, du musst sofort ins Fürstenhof gehen und nach meiner Schwester sehen!«
»Was ist denn schon wieder
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