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Babel Gesamtausgabe - Band 1-3

Babel Gesamtausgabe - Band 1-3

Titel: Babel Gesamtausgabe - Band 1-3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Winter
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los?«
    »Ihr Freund hat die Kontrolle über sich verloren, ich erklär’s dir später. Judith ist in Gefahr, und ich kann jetzt noch nicht weg.«
    »Okay.«
    »Danke.«
    Babel legte ohne weitere Höflichkeiten auf, sie wusste, dass Tamy ohne zu zögern losgehen würde. Sie war im Moment der beste Schutz, den Babel Judith bieten konnte. Ihre Gedanken wirbelten durcheinander.
    »Wir müssen uns beeilen«, rief sie Sam zu und stolperte zu ihm.
    Er hielt den Zombie an den Schultern auf den Boden gedrückt, und die Tote wand sich unter dem Griff, als habe sie Schmerzen. Ohne die Führung des Nekromanten musste sich die Seele wie lebendig begraben vorkommen.
    Mit roher Gewalt zwang Babel den Kiefer auseinander und schüttete das mitgebrachte Salz hinein. Sie hielt die Hand über Mund und Nase, bis der Zombie das Salz geschluckt hatte. Für einen kurzen Augenblick sah es aus, als wäre wieder Bewusstsein in den Augen.
    Babels Blick kreuzte den der wandelnden Toten, und endlich erkannte sie Sonja in diesem Blick – und auch Schmerz, Ekel und Dankbarkeit.
    Noch einmal nahm sie ihre Kraft zusammen – das, was davon noch übrig war – und konzentrierte sich auf die gefangene Tote in diesem blutig geschlagenen Stück faulen Fleischs vor ihr. Sie spürte, wie sich das Energienetz veränderte, die Kälte zurückwich und Sonja die Ebenen wechselte.
    Neben dem Leichnam flackerte die Luft, und ein kühler Hauch streifte Babel. Erleichtert sackte sie zusammen.
    »Sie ist fort«, sagte sie.
    Langsam ließ Sam den Körper los, der nun nichts als eine leere Hülle war. Mit einem Mal wohnte ihm nichts Bedrohliches mehr inne, es war nur die sterbliche Form, die am Ende alle Bedeutung verliert.
    Babel griff nach Sams Hand und leitete das letzte bisschen Magie, das noch in ihrer Rüstung steckte, in ihn.
    »Nicht«, sagte er. »Du siehst aus, als würdest du gleich umfallen.«
    »Du siehst auch nicht gerade frisch aus.« Sie hatte nicht mehr die Kraft, ihn vollständig zu heilen. Es musste reichen, wenn sie ihm so viel Energie gab, dass er aufstehen und gehen konnte.
    Ein paar Minuten saßen sie schnaufend nebeneinander und versuchten, wieder zu Atem zu kommen. Nur mühsam erhoben sie sich auf die Beine und gingen die ersten Schritte. Babels Blick fiel auf den Nekromanten, der noch immer bewusstlos ein paar Meter von ihnen entfernt lag.
    »Was machen wir mit ihm?«, fragte Sam, aber bevor sie antworten konnte, klingelte ihr Telefon. Es war Tamy.
    »Sag mir, dass du sie gefunden hast«, sprach Babel in den Hörer, während ihr Herz rasend klopfte.
    »Das habe ich. Sie ist im Hotel. Auf ihrem Zimmer.« Tamy machte eine kleine Pause, in der es Babel die Kehle zuschnürte. »Sie ist nicht bei Bewusstsein.«
    »Was meinst du damit? Braucht sie einen Arzt?«
    Babel hörte Stoffrascheln durch das Telefon.
    »Ich glaube nicht. Ihr Puls geht regelmäßig, sie sieht aus, als würde sie schlafen. Aber ich kann sie nicht wecken.«
    Erleichtert atmete Babel auf. »Er hat sie betäubt.«
    »Was soll ich machen?«
    »Er wollte sie nicht umbringen. Es ist ein künstlicher Schlaf, der irgendwann von allein enden wird. Kannst du sie mit zu dir nehmen? Möglichst unauffällig?«
    Tamy schnaufte. »Ich weiß zwar noch nicht, wie ich sie möglichst unauffällig über die Schultern nehmen und raustragen soll, aber ich versuch’s.« Mit diesen Worten legte sie auf, und Babel wandte sich wieder Sam zu.
    Er hockte neben Sonjas Leichnam und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Die Geste war merkwürdig zärtlich. Das Bedauern stand ihm so deutlich ins Gesicht geschrieben, dass Babel es fast körperlich fühlen konnte. Sie konnte nur ahnen, welche Erinnerung ihn gerade verfolgte. Welche Geste in diesem grausigen Schauspiel eine Wiederholung fand.
    »Wir müssen sie zurückbringen«, sagte sie leise. Sie konnte sich dem Körper nicht nähern. Er jagte ihr eine Heidenangst ein.
    Nicht weil es eine Leiche war, sondern weil sie noch immer die Magie spüren konnte, die dem Körper anhaftete.
    »Ich kümmere mich darum«, sagte Sam. »Geh nach Judith sehen. Ich werde das ganze Ding hier abfackeln, damit nichts gefunden wird, und dann der Polizei einen anonymen Tipp geben, wo sie die Leiche finden können.« Nachdenklich sah er auf den Körper herab. »Sie muss einmal sehr schön gewesen sein.«
    »Das war sie.«
    Was gab es auch anderes zu sagen? Die vollständige Wahrheit über Sonja hatte hier keinen Platz mehr. Was spielte es für eine Rolle, dass sie

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