Babel Gesamtausgabe - Band 1-3
eine Rebellion des guten Jungen gegen seine Hirten.«
»Diese Rebellion kann ihn teuer zu stehen kommen, wenn sie ihn nicht wieder aufnehmen.«
Ungehalten ließ Sam die Arme sinken. »Mach aus ihm keinen Heiligen, Babel. Er hat ein Recht auf seine eigenen Entscheidungen. Wenn er kein Vorzeigeplag sein will, der brav alles für seine Leute tut, selbst sein Liebesleben beschneidet, dann ist das seine Entscheidung.«
»Spinn ich, oder bist du gerade dabei, einen Plag zu verteidigen?«
Er zuckte mit der Schulter. »Er ist kein schlechter Kerl.«
Fassungslos starrte sie ihn an.
»Was? Nur weil es mir nicht passt, dass er seine Hände auf deinen Hintern legen darf, während du mich auf den Dachboden verbannst, heißt das nicht, dass ich nicht verstehe, warum du dich von ihm angezogen fühlst. Er ist einer von den Guten, schon klar.«
Sie war über seine Worte dermaßen verblüfft, dass ihr nichts anderes einfiel als: »Es ist die Wohnzimmercouch …«
»Was?«
»Mutter schläft ab jetzt auf dem Dachboden.«
Jetzt verschränkte er die Arme und zog die Augenbraue hoch. »Soll das heißen, ich teile das Haus mit deinem Liebhaber und deiner Mutter?«
»Niemand zwingt dich dazu.«
Plötzlich wurde sein Gesicht ernst. »Ich weiß, du wirst mir wieder sagen, dass du eine Entscheidung triffst, wenn die Auseinandersetzung mit Clarissa vorbei ist, aber wir wissen beide, dass das Bullshit ist. Du kannst dich einfach nicht entscheiden, und wenn du ehrlich wärst, würdest du zugeben, dass dir dieses kleine Arrangement eigentlich ganz gut gefällt. Nur vielleicht mit mehr Sex auf unserer Seite.«
»Sam …«
Er hob die Hand. »Schon okay, du musst es nicht sofort zugeben, erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Wie gehen wir also den Kampf mit Clarissa an?«
Für ein paar Herzschläge lang war sie völlig überrumpelt durch seine Art, und zum ersten Mal fragte sie sich, ob er tatsächlich damit leben könnte, ihre Liebe mit einem anderen Mann zu teilen. Aber dieser Gedanke musste wirklich warten.
Sie atmete tief durch. »Das Ziel ist, ihre Magie zu zerstören.«
»Dann wird sie sich rächen wollen.«
Babel schüttelte den Kopf. »Nicht, nachdem ich mit ihr fertig bin. Da wird nichts übrig bleiben, glaub mir. Du hättest Karl sehen sollen …«
Nun riss er sie doch an sich und nahm sie in die Arme. Sie atmete seinen Geruch tief ein, und für einen kurzen Moment fiel alle Anspannung von ihr ab.
»Wir kriegen das hin, Babel.«
Sie nickte und rieb die Nase an seinem Shirt. »Du wirst eine der Hexen ausschalten müssen, es sind zwei neue in der Stadt, die sich Clarissa erkauft hat. Mutter und Judith können jeweils eine schaffen, aber durch die Zwillinge sind wir in der Unterzahl«, sagte sie leise.
»Kein Problem.«
Sie hob den Kopf. »Nimm das nicht zu leicht.«
»Ich habe schon Hexen besiegt, Babel.«
»Mag sein.«
Sein Blick bohrte sich in ihren, und noch bevor er etwas sagte, ahnte sie, dass es etwas Unangenehmes sein würde.
»Du weißt, wie du deine Chancen erhöhen könntest, Babel. Oder vielmehr meine im Kampf gegen eine Hexe.«
Sofort löste sie sich von ihm. »Hör auf, Sam …«
»Komm schon, du weißt, dass du es tun musst. Wir brauchen die zusätzliche Kraft.«
Sie schüttelte den Kopf. »Du willst, dass ich einen Hurrikan entfessle.«
»Den du kontrollieren kannst!«
»Man kann Hurrikane nicht kontrollieren. Genauso wenig wie dich.«
»Ich bin kein Dämon, du sollst nur die dämonische Seite in mir verstärken.«
»Nein.«
»Du wirst die Kontrolle nicht verlieren, ich weiß es.«
»Ich kann das nicht, Sam. Dräng mich nicht dazu.« Ohne ein weiteres Wort flüchtete sie ins Haus, während ihr das Herz bis zum Hals schlug.
6
Während Babel den goldenen Schmuck anlegte, den sie ihre Rüstung nannte, zitterten ihr die Hände. Nicht nur, weil das Gold mit ihrer Energie aufgeladen war, sondern auch wegen des Gefühlstumults in ihrem Inneren. Nach dem Gespräch mit Sam hatte sie sich in ihr Magiezimmer geflüchtet, und für eine Weile wünschte sie sich, dass sie einfach dort unten bleiben konnte, bis sich oben der Sturm gelegt hatte. Aber das war nicht möglich, dieses Problem ließ sich nicht einfach aussitzen.
Sie atmete tief durch und setzte sich in der Mitte des Zimmers auf den Fußboden, wo bereits ein Stück Kreide lag. Nachdenklich drehte sie die Kreide zwischen den Fingern. So ein kleines Stück gepresster Rohstoff besaß diese unglaubliche Wirkung in den Händen einer Hexe. Ein
Weitere Kostenlose Bücher