Babel Gesamtausgabe - Band 1-3
»Ja, das wäre wohl der denkbar schlechteste Zeitpunkt, um ungewollt auf die Dämonenebene zu wechseln, was?«
»Du wirst das schaffen«, mischte sich Tamy ein, ohne ihre Schritte zu verlangsamen.
Es war nur ein Satz, aber ihr Blick sagte Babel, dass sie daran glaubte, dass Babel es schaffen konnte. Seltsamerweise war es genau das, was sie jetzt brauchte. Tamy wusste, wovon sie sprach, sie kannte die Versuchung, und wenn sie daran glaubte, dass Babel ihre Sucht im Griff hatte, dann war da vielleicht sogar etwas dran.
Egal, was kommt, du musst die Kontrolle behalten. Pass auf mich auf, Hilmar, so, wie du es früher auch getan hast. Ein letztes Mal.
Babel verband ihr Energienetz mit dem ihrer Mutter und ihrer Schwester. Gemeinsam standen sie vor dem großen Haus, und ihr magisches Netz breitete sich aus. Glitt auf das Grundstück und prallte auf die magischen Schutzbarrieren, die verhindern sollten, dass Hexen, die nicht zur Familie gehörten, allzu leicht Magie wirken konnten. Diese würden sie als Erstes ausschalten müssen. Babel gab sich keiner Illusion hin, dass Clarissa nicht merkte, wer da gerade vor ihrem Haus stand. Je schneller sie hineinkamen, desto besser, dann war wenigstens das Überraschungsmoment auf ihrer Seite. Clarissa hatte sicher nicht damit gerechnet, dass sie das Haus so schnell angreifen würden. Sie durften ihr nur wenig Zeit zur Vorbereitung auf den Kampf lassen, dann hatten sie eine Chance.
»Sie sind alle da, ich kann es spüren«, sagte Babel. »Die schwächeren Quellen im Erdgeschoss, aber auch einer der Zwillinge.«
»Deine Magie ist in den letzten Jahren noch stärker geworden«, stellte ihre Mutter fest.
»Was soll ich sagen. Der Job ist ein gutes Training.«
»Dann wird das eine Prüfung für uns beide und das, was wir in den letzten Jahren gelernt haben«, erwiderte Judith lächelnd, aber es war ein grimmiges Lächeln.
Dann taten sie den ersten Schritt nach vorn.
8
Die magischen Schutzschilde um das Haus widerstanden lange genug, um auch den letzten Bewohner darauf aufmerksam zu machen, dass jemand versuchte, sich Zutritt zum Haus zu verschaffen. Es kostete Judith, Maria und Babel einen Teil ihrer Kraft, aber ohne das Einreißen dieser Energiemauern wäre ein Kampf von Anfang an aussichtslos gewesen, denn sie hätten ihre eigene Magie bei jedem Zauber behindert.
Als sie die Barrieren endlich so weit eingerissen hatten, dass sie das Haus betreten konnten, lief ihnen der Schweiß bereits aus allen Poren, und Judiths Vögel flatterten unruhig mit den Flügeln. Ohne ein weiteres Wort trat Babel gegen die Haustür, deren Schloss unter der Kraft des mit Magie verstärkten Tritts aus dem Holz sprang. Das Türblatt krachte gegen die Wand und gab den Blick auf die pompöse Eingangshalle frei.
Die Taktik, ein Haus zu stürmen, dessen Bewohner wussten, dass man angriff, war vielleicht nicht die raffinierteste Strategie, in ihrem Fall jedoch die schnellste. Die Zeit für Raffinesse war vorbei, und Clarissa wusste, dass Pistolenkugeln gegen die Hexen aufgrund ihrer Schutzwalle schlecht einzusetzen waren, sie würde sich hüten, auf sie zu schießen.
Babel spürte die Magie, die dem Haus seit Jahrhunderten innewohnte, auf der Haut. Es war beinahe so, als könnte das Haus sie als Eindringling erkennen. Auch Judith und Maria nahmen die fremden Energien wahr und verzogen das Gesicht. Aber Babel spürte ebenso ihre eigene Magie in jeder Zelle pochen.
In der Halle standen ihnen Nikolai und die Zwillinge gegenüber. Das war nicht anders zu erwarten gewesen. Sie waren das Kanonenfutter, die Taktik eines Feiglings. Clarissa würde sich in ihr Magiezimmer zurückziehen und ihre stärksten Kinder zum Schutz um sich sammeln. Ihr Enkel, der nach seiner Begegnung mit Babel kaum noch Magie besaß, und die beiden angeheuerten Hexen waren Clarissa im Grunde egal.
Nikolai steckte die Furcht vor Babel noch immer sichtlich in den Knochen. Er wirkte wie ein Tier in der Falle, und sein Blick huschte nervös zwischen ihnen hin und her. Beinahe verspürte sie Mitleid mit ihm, aber das konnte sie sich nicht leisten. Das geringste Zögern konnte die Entscheidung über Sieg und Niederlage bringen. Außerdem hatte er seine Entscheidung getroffen, als er bei seiner Großmutter geblieben war, obwohl er wusste, was sie tat.
Mit den Zwillingen lag die Sache anders.
Sie brannten auf ihre Revanche. Wenn es ihnen gelingen würde, die Oberhand im Kampf zu erhalten, würden sie mit Babel und Judith kurzen Prozess
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