Babel Gesamtausgabe - Band 1-3
Judith und Maria hin und her flossen, und sah, wie alles in einem bunten, flackernden Farbnetz eingewoben war. Sie ahnte, dass bei einer Berührung ihrer Finger Funken fliegen würden. Das letzte Mal hatte sie eine solch enge magische Verbindung zu anderen Hexen vor über zwanzig Jahren gespürt, als ihre Mutter ihnen gezeigt hatte, was sie gemeinsam vollbringen konnten. Es war Ironie des Schicksals, dass Hexen zwar nicht gut miteinander leben, aber eben hervorragend zusammen Magie wirken konnten. Vielleicht zeigte sich darin auch ein Schutzmechanismus der Natur, damit Hexen nicht in Versuchung kamen, sich zu oft zusammenzuschließen.
Babel war beinahe ein bisschen trunken vor Magie. Ihre Hände zitterten, und am liebsten hätte sie Tom oder Sam geküsst, um ein bisschen Dampf abzulassen. Vielleicht sogar beide gleichzeitig.
Auch Judith war anzusehen, dass sie das Machtlevel spüren konnte. Ihre Augen glänzten, und sie fuhr sich mit den Fingerspitzen immer wieder über die Arme, die von ihrer langärmligen Bluse bedeckt waren. Babel wusste, dass auch Judith unter dem Stoff ihre ganz eigenen magischen Symbole trug, die ihre Magie verstärkten. Selbst ihre sonst so gelassene Mutter wirkte angespannt. Ihre magischen Accessoires glühten.
»Pass auf Urd auf«, sagte Tom zu Mo, bevor er nach dem ellenlangen Schraubenschlüssel griff, der auf der Treppe nach oben bereitlag und ihm schon so manches Mal gute Dienste erwiesen hatte. Babel hatte bereits einmal gesehen, welch tödliche Waffe das Werkzeug in seiner Hand werden konnte, und wenn er schnell genug war, standen seine Chancen im Kampf mit den Hexen gut. Seine hypnotischen Fähigkeiten mochten ihm einen weiteren Vorteil verschaffen. Dass er diesmal den Hund von Baskerville daheim lassen wollte, sprach allerdings dafür, dass er mit dem Schlimmsten rechnete.
Auch Tamy hatte sich vorbereitet, sie trug schwarze Lederhandschuhe mit Nieten und eine selbst für ihre Verhältnisse finstere Miene. Wohl fühlte sich Babel nicht, dass sie Tamy in den Kampf mit Hexen schickte, auch wenn Tamy als Türsteherin Auseinandersetzungen nicht fremd waren. Doch sie hatte das Gefühl, dass Judith und Tamy ein gutes Team bildeten. Sie würden sich gegenseitig den Rücken decken.
Alles in allem verfügten sie über eine beeindruckende Schlagkraft, jetzt mussten sie nur noch herausfinden, ob das ausreichte.
»Gehen wir«, murmelte Babel und öffnete die Tür.
Schon als sie die Türklinke berührte, färbte sich das Türblatt schwarz.
Als sie an dem Baum vorbeiliefen, auf dem Xotls Käfig steckte, krächzte der Papagei eine Reihe obszöner Flüche nach unten. Nur bei Sam machte er eine Ausnahme.
»Hackfleiiisch … Hackfleiiisch …«
Tamy schüttelte den Kopf. »Meint er, dass wir uns zu Hackfleisch verarbeiten lassen oder dass wir aus den anderen Hackfleisch machen sollen?«
»Vermutlich wäre ihm beides recht.«
»Lauuut … lauuuttt …«
»Was meint er damit?«
Nachdenklich schaute Babel nach oben, und der Vogel schaute zurück. Er sah ihr direkt in die Augen.
Überrascht lachte sie auf. »Ich glaube, er will uns sagen, dass wir laut sein sollen.«
»Laut?« Tom stellte sich neben sie und blickte ebenfalls skeptisch nach oben.
Sie nickte. »Ja. Clarissas Familie benutzt ebenfalls Symbole und Runen für ihre Magie. Das müssen sie auch im Kampf mit uns. Zu jeder Art Magie gehört Konzentration, vor allem zu dieser. Wenn etwas diese Konzentration stört, dann behindert das die Magie.«
»Und deswegen sollen wir laut sein?«
»Ich schätze, das ist seine Art, uns viel Glück zu wünschen.«
»Hexenbruuut …«
»Ja, du mich auch.« Sie warf einen letzten Blick zum Haus zurück, vor dem Mo stand, Urd am Halsband, und ihnen mit steinerner Miene hinterhersah.
Wir kommen wieder, versprochen.
Entschlossen drehte sie sich um und lief weiter. Sie würde mit dem Motorrad fahren, Maria und Judith bei Tamy im Auto und Sam und Tom in einem zweiten Wagen folgen. Wenn sie in zwei Stunden nicht wieder da waren, sollte Mo die Polizei unter einem Vorwand zu Clarissas Haus schicken. Ob dann jedoch noch etwas zu retten war, blieb fraglich. Was sie bis dahin nicht geschafft hatten, würde sie geschafft haben.
Kurz überlegte Babel, ob sie noch im Büro vorbeifahren sollte, aber das konnte warten. Sie ahnte, dass sie dort ohnehin nur Zerstörung vorfinden würde. Sie hoffte nur, dass nicht alle von Karls Platten kaputt waren. So seltsam der Gedanke auch war, aber sie würde Dollys
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